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„Abneigung gegen Teile der Regierung“

Islamistische Postings von Polizeischülern könnten nicht überprüft werden, behauptet die Berliner Polizei: keine rechtliche Handhabe. Publico liegen allerdings Dokumente vor, die zeigen: wenn es politisch passt, forschen interne Ermittler sehr wohl in sozialen Netzwerken nach

“Schwule, Transen, und Lesbische Muslime? Burka und Niqab Verbot? Sollen doch lieber ne neue Religion aufmachen so wie Scientology, aber unsere Religion nicht in den Dreck ziehen.” Israel ist ein „Terrorregime“, die Hamas dagegen, deren Ziel erklärtermaßen darin besteht, den Judenstaat auszulöschen, eine unterstützungswürdige Organisation. Wer postet so etwas auf Facebook? Einer der Salafisten, die sich in der Berliner Al-Nur-Moschee und anderswo sammeln? Über den Hintergrund des Schreibers ist bisher wenig bekannt. Die Führung der Berliner Polizeibehörde weiß nur: Er ist einer von ihnen.

Ein namentlich bekannter muslimischer Schüler der Berliner Polizeiakademie. Die Hinweise auf sein Facebook-Profil stammten nicht aus offiziellen Disziplinarermittlungen, sondern aus Tipps von Kollegen, die an die Presse gelangten. Und erst von dort aus an die Polizeiführung. Vize-Polizeipräsidentin Magarete Koppers, – zu ihrem Verantwortungsbereich gehört auch die Polizeiakademie – erklärte auf Nachfrage, sie könne zur weiteren Aufklärung nichts tun: „Wir können und dürfen nur bedingt kontrollieren, welche politischen Meinungen Auszubildende privat äußern, wenn sie nicht als Polizist auftreten. Für Recherchen auf Facebook fehlt uns außerdem die Rechtsgrundlage, das machen wir bisher nicht.“

Stimmt das? Publico liegen Unterlagen eines Disziplinarverfahrens gegen einen Berliner Polizeikommissar vor. Die Vorwürfe gegen ihn stützen sich hauptsächlich auf dessen Facebook-Veröffentlichungen. Um es gleich vorwegzunehmen: bei ihm geht es nicht um islamistische Agitation, sondern etwas anderes: „Ihre Facebookseite beinhaltet eine Vielzahl von islamfeindlichen und ‚Merkel- sowie Regierungs-kritischen Einträgen.“ (Originalschreibweise) So steht es in der „Bekanntgabe des Ermittlungsergebnisses“, das dem Polizeikommissar Markus Kuhn* im März 2017 übermittelt wurde. Kuhn, ein erfahrener Fahnder mit einer 25jährigen makellosen Dienstkarriere, geriet in das Blickfeld seiner eigenen Behörde, als er am 5. November 2016 in seiner Freizeit an einer Demonstration unter dem Motto „Merkel muss weg“ in Berlin teilnahm. Organisator war die Gruppierung „Wir für Deutschland“. Ein LKA-Beamter hatte Kuhn dort entdeckt. Danach schauten sich die Beamten den Facebook-Account des Kommissars an, sie taten also das, was laut Vize-Polizeipräsidentin Koppers nicht praktiziert wird, weil es keine rechtlichen Möglichkeiten dafür gebe. Sein Facebook-Profil betrieb und betreibt der Polizist nicht unter seinem echten Namen. Dass er bei der Polizei arbeitet, deutet er nur an. Aus seinen politischen Ansichten macht er keinen Hehl. Nur: es handelt sich eben nicht um das Lob einer Terrororganisation wie der Hamas, sondern, siehe oben, um Kritik am Islam, der bedingungslosen Grenzöffnung im Herbst 2015, und an der Bundesregierung – und zwar durchweg in einem legalen Rahmen.

Beispielsweise heißt es in der Disziplinarermittlungsakte:

„Auf Ihrer Facebook-Seite befand sich unter Ihren Bildern beispielsweise eine Karikatur, die Europa als Person darstellt, wie sie mit der Gießkanne einen kleinen Baum wässert. Der Baum trägt die Überschrift ‚Islam’. Zwischen Person und dem Baum befindet sich ein Seil, welches bewirkt, dass mit zunehmender Größe des Baumes (dem Islam), die Person (Europa) sich selbst erhängt (Beiakte Bl. 15 und 20).“

Und weiter:

„Neben den fremdenfeindlichen Einträgen bringen Sie zugleich Ihre Abneigung gegen Teile der Regierung zum Ausdruck. Auf einem Ihrer Bilder wird beispielsweise ein Ertrinkender dargestellt, von dem nur noch die Hände aus dem Wasser/Sumpf reichen. Mit der Überschrift ‚Wir schaffen das’ wird ein Bezug zur Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel hergestellt, die diesen Satz im Zusammenhang mit dem Anstieg der Flüchtlingszahlen verwendet hatte. (Beiakte Bl. 50).“

Ernsthaft? Eine Karikatur, die den Islam als Bedrohung für Europa sieht, gepostet auf einem privaten Profil, soll einen Vorwurf gegen einen Beamten begründen? „Abneigung gegen Teile der Regierung“ – die ist neuerdings sanktionswürdig? Jedenfalls, wenn sie von einem Berliner Beamten geäußert wird, der als Rechter auffällt. Der Polizeischüler mit Hamas-Sympathie hat ja keine Kritik an Frau Dr. Merkel vorgetragen.

Es kommt sogar noch bizarrer. Kuhn postete wie Hunderttausende andere Facebook-Nutzer auch Pressemeldungen über straffällige Migranten.

In seiner Disziplinarakte heißt es:

„Auf Ihrer Facebook-Seite sammelten Sie Zeitungsartikel/Beiträge über straffällig gewordene Personen mit Migrationshintergrund, zum Beispiel:“ – es folgen mehrere Pressemeldungen über Sexualdelikte, Körperverletzungen, die Kölner Silvesternacht. Danach heißt es:

„Dieses Aufzeigen ist geeignet, Ängste gegen Fremde hervorzurufen und somit eine Fremdenfeindlichkeit zu steigern.“

Es folgen in der Akte noch etliche ähnliche Vorwürfe, zum Schluss heißt es: „Es bleibt festzustellen, dass Sie ein Dienstvergehen im Sinne des § 47 BeamtStG begangen haben.“

Als Kuhn die Aussage seiner Vorgesetzten Koppers las, die Polizei könnte und dürfte gar nicht auf Facebook nachschauen, was Polizeiangehörige denken, fragt er sich erst Recht: „Was ist hier los?“ Sollte es einen formellen Unterschied zwischen Polizeischülern und Polizisten geben? Der wäre schwer zu begründen: ein Anwärter müsste nach entsprechenden Hinweisen ja eher sorgfältiger geprüft werden als ein bewährter Beamter. Die Disziplinarvorwürfe hält Kuhn für unberechtigt: „Ich habe nichts verbreitet oder geschrieben, was auch nur im Mindesten strafbar wäre. Das bewegt sich alles im Rahmen ganz normaler Kritik, die ein Bürger auch als Beamter äußern kann.“

Auf seine Disziplinarstrafe wartet er noch.

Publico fragte bei der Pressestelle der Berliner Polizei an, welche Grundlagen für interne Disziplinarermittlungen auf Facebook nun gelten. Eine Antwort kam bisher nicht.

*Name geändert

 

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Samuel Horn: Horn lebt als Rechercheur in Berlin.

Kommentare anzeigen (12)

  • Alles Anzeichen einer Gesinnungsdiktatur. Es wird seid geraumer Zeit mit zweierlei Maß gemessen. Ich könnte als Ostwestfale und als Vater dreier unmündiger Kinder dutzende Beispiele aus persönlichem Umfeld und eigenem Erleben berichtet, wo die Gesinnungspolizei (denunzierende Mitbürger )auf "wertkonservative" Bürger wie uns Druck ausübt.
    Inzwischen überlegt man bei fast jeder politischen Äußerung ob diese einem Schaden könnte. Der Verlust der sozialen Kontakte wäre zu verschmerzen. Aber die Nichtverlängerung des Arbeitsvertrages und die Stigmatisierung der Kinder in der Schule sind harte Konsequenzen.
    Daraus resultiert eine ungeheuerliche Wut, die nur noch mühsam unterdrückt wird.

    • Wie sagte Klonovsky gerade: Der permanente Auswurf des Vorwurfes 'Raasist' sei das 'Bäuerchen' des Linken und man müsse diesem eigentlich mit einem 'Prosit! Geht es Ihnen jetzt besser?' begegnen.

      Ich frage mich oft, wie all diese neuen 'Faschisten' (sie sind es ja faktisch, auch wenn sie vorgeben der Antifaschsimus zu sein) all diese Widersprüche zu einem für sie stimmigen Großen und Ganzen zusammenzulöten.

      Es muß etwas mit einer ungebrochenen Fähigkeit hin zum Optimismus zu tun haben.

      Mir persönlich ist eine 20-jährige Freundschaft zu einem väterlichen Freund darüber zerbrochen, der auf seine nunmehr älteren Tage seine Gutmenschlichkeit entdeckte: 'Du wirst mich dafür verurteilen, aber ich war heute in einem Flüchtlingsheim. - Alles schwer traumatisierte Menschen...'

      Nein, ich tat ihn nicht verurteilen, war allerdings als Bedenkenträger nicht euphorisch genug, hätte im Angesicht des humanitären Imperativs auch keine Kosten-Nutzen-Rechnung von 30 Mrd. Euro pro Jahr in D für 1 Millionen Hilfesuchende und 30 Mrd. Euro pro Jahr für Hilfesuchende in Heimatnähe machen oder die Frage aufwerfen dürfen, wieso ein mit Leib und Leben der Hölle Entkommender sich in Ismir bemüßigt fühlt, in ein Schlauchboot mit oder gar ohne Schwimmweste zu steigen...

      Beruflich telefoniere ich viel mit Leuten, mittlerweile mache ich mir oftmals einen Spaß daraus, in die politischen Befindlichkeiten meiner Gesprächspartner hineinzufühlen, es ist erschreckend: Neben den 'Meinungsführern' gibt es die 'Blökenden Schafe' und jene, die sich erst einmal vorsichtig die Hand vor den Mund halten und erst nach gewissen Versicherungen diese herunternehmen.

      Auch immer öfter vernimmt man die Wendung, daß man etwas ja laut nicht sagen könne, man ja kein 'Nazi/Rassit' sei, aber...

      Ähnlich muß es in der DDR gewesen sein, vor deren Wiederholung wir offensichtlich viel weniger Angst haben als -ich traue mich gar nicht, es auszusprechen...

  • Ein unglaublicher Vorgang...

    An diesem Beispiel wird einem bewusst, wohin wir gekommen sind.

    Und dass eine (als Person mehr als fragwürdige) Frau Koppers immer noch im Amt ist, bildet das Sahnehäubchen in dieser Geschichte.

    Bitte bleibt am Ball und danke für die Informationen!

  • dieses Land geht stetig seinem Untergang entgegen. es gibt in der großen Masse keine Moral mehr.Das Volk ist zufrieden, es geht ihm gut und für Fun ist auch gesorgt. Nachdenken über Entwicklungen, Fehlanzeige.

  • Wenn bei uns im Jahre 2017 etwas äußert, das den Prinzipien der Meinungsinhaber entgegenläuft, dann muss er mit erheblichen Konsequenzen rechnen, aber nur dann. Sollte umgekehrt jemand sich gegen Recht und Gesetz vergehen, dabei aber die linksgrüne Gesinnung erkennen lassen oder aber auch noch nicht solange hier leben - dann kann man doch nichts machen, dann gelten plötzlich andere Maßstäbe.
    Verweis > acta diurna M.Klonovsky zum Fall des Leipziger Jura-Professors Rauscher.

  • (...)Wofür sind die Menschen 1989 in Leipzig und später in der ganzen DDR auf die Straße gegangen? Um jetzt Stasi 2.0 zu erleben? Wenn Frau Merkel dann Deutschland vollkommen (...)den besserverdienenden, mit unserem Steuergeld gepamperten 68er-Nachkommen und angeblichen "linken Antifaschisten" überlassen hat, wird es zu spät sein. Dann wird ihr auch die mögliche Rückbesinnung auf ein Lied ihrer FDJ- Karriere (Bau auf, bau auf, Freie Deutsche Jugend bau auf...für eine bessere Zukunft...) nichts mehr nützen. Dann wird die Jugend weder deutsch noch frei, Demokratie und Rechtsstaat im besten Falle Vision einer ungewissen Zukunft sein. Sicherlich hat sie dann "ihr Land" gefunden.
    (Beitrag gekürzt, Anm. d. Red.)

  • Ein Déjà-vu für 'gelernte DDR-Bürger' - Strafgesetzbuch der 'DDR' § 99 I: "Wer der Geheimhaltung nicht unterliegende Nachrichten zum Nachteil der Interessen der Deutschen Demokratischen Republik [...] sammelt oder [...] zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu zwölf Jahren bestraft." Von Hilde Benjamin und Erich Mielke bis zum zum rotrotgrünen Senat von Berlin unter Beteiligung der (wenn auch mehrfach umbenannten) SED ist es kürzer, als man denkt ...

  • Seit zig Monaten lese ich Beiträge in verschiedenen Blogs. Daneben Artikel in schweizerischen und österreichischen Online-Zeitungsausgaben, hiesige MSM meide ich konsequent. Aus all diesen Informationen schält sich für mich heraus, daß sich die politische und gesellschaftliche Situation in der EU, namentlich in Deutschland für deren Bürger katastrophal entwickelt. So daß - wenn diese in dieser Form weitergeht - zumindest Deutschland als eigenständiges Staatsgebilde in spätestens 10 Jahren aufhört zu bestehen, dessen native Bevölkerungsteile sich, sofern sie die erforderlichen Möglichkeiten dazu haben, aus diesem Lande verabschieden werden bzw. müssen.
    Viele 'wertkonservative' Intellektuelle erkennen offenbar die Brisanz des destruktiven Diktierens der heutigen Regierungscliquen hierzulande oder europäisch, oder global.
    Doch was geschieht von ihnen ausgehend hierzulande ? Nichts - außer vieler Worte und schriftlicher Unmutsbekundungen dazu, ganz Mutige lassen, Gott und ihnen sei Dank,Sympathien für politisch inkorrekte Zeitgenossen erkennen.
    Als Bürger, der aufgrund der eigenen Lebensumstände gezwungen ist, bis zu seinem physischen Ende hier verweilen zu müssen, verzweifle ich an der Lethargie der nativen Bevölkerungsteile, vielmehr jedoch an der offenbaren Unwilligkeit der geistigen Eliten des Wertkonservatismus, sich endlich ihrer Verantwortung aus ihrer Potenz heraus zu stellen, und ihre Vorstellungen von Leben durchzusetzen und dieses Land politisch und gesellschaftlich wieder gesunden zu lassen. Die Ritter des Mittelalters lebten wohl von der Bevölkerung ihrer Einfluß- bzw. Machtsphäre, gleichzeitig war es auch ungeschriebenes Gesetz, daß sie deren physische Unversehrtheit zu gewährleisten hatten.
    'Wer schreibt der bleibt' - das allein reicht auch gerade heute nicht aus, es nutzt höchstens einseitig dem Ritter der Feder.

  • Dies ist einer der Gründe warum ich bisher immer wieder Verbeamtungsangebote dankend abgelehnt habe. Ich mag mir nicht den Mund verbieten lassen und auch nicht Verfügungsmasse sein. Gehe ich ein Beamtenverhältnis ein, muss ich jeden Mist mittragen und darf meine persönliche Haltung dazu nicht nach außen tragen. Als Angestellter kann mir meine Meinung niemand verbieten, ich kann mir meinen Arbeitsplatz viel freier aussuchen und ich darf auch mal mit der Hand auf den Tisch hauen und sagen, "So nicht, da mache ich nicht mit!"