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Geld her, Geld her, oder ich fall um

Öffentlich-rechtliche Sender rechnen sich arm – um die nächste Gebührenerhöhung zu rechtfertigen

Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue zählt zu den weniger bekannter Hierarchen der öffentlich-rechtlichen Sender. Im November wandte er sich via dpa an eine größere Öffentlichkeit, um eine wichtige Botschaft vorzutragen: Ab 2020, verkündete Raue, bräuchten ARD, ZDF und seine Radiostation wieder mehr Geld – sonst drohten „Einschränkungen“ im Sendebetrieb. Die Gebühr von monatlich 17,50 Euro, die jeder Haushalt in Deutschland für den Betrieb der Anstalten zahlt, würden bald zur Finanzierung nicht mehr reichen.

Kurz vorher hatte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung ARD-interne Überlegungen zitiert, die auf eine Anhebung der Rundfunkgebühr bis 2029 auf 21 Euro hinauslaufen. ARD-Sprecher Steffen Grimberg wies die Meldung als „frei erfunden“ zurück, ZDF-Thomas Bellut stufte den Bericht dann sehr viel vorsichtiger zur „Spekulation“ herunter. Denn die strategische Planung der GEZ-Sender existierte sehr wohl. Im Jahr 2020 endet die laufende Gebührenperiode. Deshalb versuchen die Öffentlich-Rechtlichen schon jetzt, eine zentrale Botschaft unter das Rundfunkabgabenvolk zu bringen: Das Geld – in der Gebührenperiode von 2017 bis 2020 insgesamt 31 Milliarden Euro – reicht vorn und hinten nicht.

Da kommt der Zwischenbericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) höchst ungelegen. Denn die externen Experten gelangten zu dem Ergebnis, dass sich die Staatssender systematisch arm rechnen und mit ihren Zahlen die Öffentlichkeit hinters Licht führen.

Die Sender hatten in ihrem eigenen Zahlenwerk beklagt, sie würden die Gebührenperiode 2020 mit einem Minus von 203,7 Millionen Euro abschließen. Die externen Prüfer der KEF prognostizierten allerdings einen Überschuss von 550 Millionen, 507, 7 Millionen allein bei der ARD. Mit anderen Worten: die Öffentlich-Rechtlichen rechneten sich öffentlichkeitswirksam um eine Dreiviertelmilliarde ärmer.

Sie schwimmen tatsächlich im Geld – und das, obwohl mittlerweile 4,56 Millionen Haushalte, gut jeder zehnte, die Zahlung der Abgabe verweigert.

Das Schwarzmalen mit Zahlen, teils mit Duldung und Hilfe der Politik, begann schon 2012, als die Umstellung von dem damals geltenden System der Rundfunkgebühr auf eine Haushaltsabgabe debattiert wurde. Haushaltsabgabe hieß bekanntlich: gezahlt werden musste nicht mehr für die Existenz eines Rundfunkgerätes, sondern eines Haushaltes einschließlich Nebenwohnungen. Firmen hatten für jede Betriebstätte zu zahlen, Autovermieter für jedes Auto – obwohl die Kunden, die darin fahren, ja ohnehin schon den Beitrag für sich privat abführten. Es ließ sich also absehen, dass die Öffentlich-Rechtlichen mit der Umstellung zum 1. Januar 2013 deutlich mehr Geld einnehmen würden, und viele – Unternehmen mit vielen Filialen beispielsweise, Leute mit Zweitwohnungen und Nur-Radiohörer, die bis dahin einen reduzierten Betrag zahlten – deutlich mehr würden abliefern müssen. Um die Bürger zu besänftigen, beschlossen die 16 Bundesländer, dass die Systemumstellung ARD, ZDF und Deutschlandradio jedenfalls nicht mehr Geld als vorher eintragen sollte. Mehreinnahmen, versicherten die Ministerpräsidenten, würden den Zahlern zurückerstattet.

In einem ihrer berüchtigten „Faktenchecks“ behauptete die ARD damals, es würde wahrscheinlich überhaupt keine Mehreinnahmen geben. Und wenn doch, dann würden sie auf Sperrkonten landen:

„Behauptung: Die Umstellung von der Rundfunkgebühr auf den Rundfunkbeitrag führt zu Mehreinnahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Fakt ist: Die Rundfunkanstalten haben vor Umstellung sorgfältige Annahmen getroffen, wie sich der neue Rundfunkbeitrag auf die Einnahmen auswirken wird. Auf Basis der damaligen Daten war man zu dem Ergebnis gekommen, dass sich Mehr- und Mindereinnahmen etwa die Waage halten werden.(…)

ARD, ZDF und Deutschlandradio dürfen die Mehreinnahmen nicht behalten, sie liegen auf Sonderkonten. Zur Verfügung steht den Sendern nur das Geld, das die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) in ihrem 19. Bericht als Finanzbedarf für die Jahre 2013-2016 anerkannt hat.

Die darüber hinaus gehenden Erträge werden zurückgelegt. Was mit dem Geld passiert, wird die Politik auf Grundlage des nächsten KEF-Berichts entscheiden, der in 2016 veröffentlicht wird.“

Doch dann stellte sich heraus, dass der Systemwechsel erheblich mehr Geld in die Kassen brachte: gut 1,5 Milliarden in der Gebührenperiode bis 2017. Und aus dem Versprechen, den Bürgern den Überschuss zurückzugeben, wurde: nichts. Die Rundfunkabgabe sank nur marginal von 17,98 auf 17,50 Euro. Es hätten deutlich mehr sein müssen, um die Einnahmen tatsächlich neutral zu halten. Für 2017 empfahl die KEF eine weitere Senkung auf 17,20 Euro (was den Überschuss immer noch nicht ausgeglichen hätte). Doch die Ministerpräsidenten entschieden anders. Statt das Extra-Geld komplett zurückzugeben, erlaubten sie den Sendern, die Mehreinnahmen als „Reserve“ zu betrachten und nach und nach zu verbrauchen. Allerdings beauftragten sie die Anstalten, Vorschläge zur Kostensenkung auszuarbeiten. Tatsächlich planten die Öffentlich-Rechtlichen hier und da kleine Streichungen in ihrem üppigen Stellenplan. Gleichzeitig rechneten sie sich – siehe oben – trickreich so arm, dass wieder einmal der Ruf nach mehr Geld ab 2020 herauskam.

Es lohnt sich deshalb, noch einmal die älteren Verlautbarungen der ARD zusammen mit den neuesten zu lesen: Erstens: der Systemwechsel bringt uns nicht mehr Geld. Zweitens, falls doch, dann bekommen wir es nicht so einfach. Es folgte Zwischenschritt zwei a): wir bekommen es doch ziemlich einfach, hängen das aber nicht an die große Glocke. Schritt drei: wir brauchen schon sehr bald wieder viel frisches Geld.

Ständig heißt es bei dieser Gelegenheit, anderenfalls würde das Programm leiden. Doch in den Inhalt fließen ohnehin nur 40 Prozent des Etats – der große Rest in den Apparat und die üppigen Mitarbeiterpensionen. Vor allem in der Spitze der Sender gönnen sich Funktionäre Gehälter, die sich an der freien Medienwirtschaft orientieren. Tom Buhrow etwa, Intendant des WDR, kassiert ein Monatsgehalt von 30 000 Euro. Um Kunden und Marktanteile muss er sich – anders als die Kollegen, die vom Verkauf ihrer Produkte leben – nicht bemühen. Unter diesen komfortablen Bedingungen können die Anstalten regierungsnah senden und sich auf die Kritik der Opposition konzentrieren, sie nehmen sich die Freiheit, von den Nachrichten bis zum Tatort Pädagogik für Erwachsene anzubieten, ohne wirtschaftliche Konsequenzen fürchten zu müssen.

Nach der neuesten Trickserei sind zumindest einige Politiker nicht mehr bereit, den ständigen Ruf nach mehr Geld zu befriedigen.

„Es ist den Beitragszahlern definitiv nicht zu vermitteln, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio angesichts der aktuellen KEF-Berechnungen ihren Finanzbedarf nicht als auskömmlich definieren“, meint der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki: „Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Länder einer Beitragserhöhung die Zustimmung geben. Eher wäre es angebracht, über eine Absenkung der Beiträge ernsthaft nachzudenken.“

Möglicherweise findet sich bis 2020 sogar eine Mehrheit für einen neuen Systemwechsel, wie ihn die AfD vorschlägt: Nur wer das Angebot der Öffentlich-Rechtlichen nutzen will, soll auch dafür zahlen.

Da sich die Anstalten selbst regelmäßig eine hohe Qualität und große Akzeptanz bescheinigen, dürfte das für sie eigentlich kein Problem darstellen.

 

Alexander Wendt: Weitere Profile:

Kommentare anzeigen (12)

  • Die Öffentlichen ohne Unrechtsbewusstsein expandieren, wie es Behörden tun, ohne Maß. Programme werden ständig ausgeweitet, der Deutschlandfunk vergibt Förderpreise (http://www.musikfest-bremen.de/fileadmin/user_upload/press/PI_Foerderpreis_DLF2016_Jean_Rondeau.pdf), Quizsendungen verschenken hohe Geldbeträge für "gute Zwecke". Der Staat, sprich die staatstragenden Politiker, freut sich über die Dauerpropaganda, die seine hehren Ziele (EUROPA, DIVERSITÄT, INKLUSION...) stützt. Warum soll er die Ausgaben begrenzen? Er bezahlt ja nicht aus seinem Haushalt, sondern lässt die zu Entmündigenden ihre eigene Entmündigung bezahlen.

  • Vielen Dank für das konzentrierte Zusammentragen dieser Rahmendaten. Es ist leicht erkennbar, dass für faire Änderungsvorschläge die Oppositionsparteien zuständig sind, wenn trotz offensichtlicher Faktenlage die etablierten Parteien handlungsunfähig sind.

    Politiker, die das landauf landab nach Digitalisierung rufen können beim Zugang zu den öffentlich-rechtlichen Programmen dieselbe innerhalb kürzester Zeit realisieren. Die Technik existiert, selbst im neuen DBV-T2.

  • "...obwohl mittlerweile 4,56 Millionen Haushalte, gut jeder zehnte, die Zahlung der Abgabe verweigert..."
    Bitte wie kann ich mich dieser Gruppe anschließen?
    Diese Art "Staatsmonopol" gehört abgeschafft.

    • Heben Sie die Lastschriftberechtigung auf und fordern Sie vor der nächsten Zahlung einen Gebührenbescheid, der den Formvorschriften entspricht. Betonen Sie zahlungsbereit zu sein, sobald Ihnen der Bescheid vorliegt. Sie werden sehen, Sie werden keinen bekommen!
      ARD/ZDF Deutschlandradio ist nämlich eine nicht rechtsfähige Vereinigung, die haben nicht einmal einen gesellschaftsrechtlichen Status. Daher können sie auch keine hoheitlichen Aufgaben ausführen, wie zum Beispiel rechtsgültige Bescheide erstellen. Und sie können auch nicht klagen. Den evtl. erscheinenden Gerichtsvollzieher müssen Sie dann darauf hinweisen, daß er in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig wird (ist seit 2012 so, bitte googeln) und Sie ihn gegebenenfalls auf Schadenersatz verklagen werden. Er wird sich dann zurückziehen. Es wird immer wieder Post kommen, aber solange Sie keinen Bescheid haben, kann man Ihnen gar nix! Sie müssen nur immer Ihre Zahlungsbereitschaft bekräftigen. Je mehr Menschen so vorgehen, umso mehr lähmt es das System und die Zeit arbeitet für uns. Es gibt eine Partei, die sich für die Abschaffung der Demokratieabgabe einsetzt und die ist jetzt endlich im Bundestag!

  • Jede Behörde, jede Firma, jede Buchhaltung weiß seit Jahrzehnten: Man muss zum Jahresende noch möglichst viel Geld verpulvern (gerne für's Büro: neue Elektronik, etc. pp.), damit man vom eingeplanten Etat auf keinen Fall was übrig läßt. Denn sonst wird dieser Etat im nächsten Jahr gekürzt. Noch besser: MEHR ausgeben als der Etat hergibt, dann kann man für's nächste Jahre einen noch größeren Etat einfordern.
    Bei einer Quasibehörde wie ARD/ZDF, die so gut wie nicht kontrolliert (aber von der Politik hofiert) wird, ist das sowas von einfach; auch die happigen Gehälter könnte man noch erhöhen, oder noch 'nen Spartensender einführen den niemand will oder nutzt. Man kann "Freunde" dort unterbringen, oder auch gern innerhalb der lesbischen Feministenszene: Freundinnen.

    Irgendwie kommt man schon in die Minuszone, um noch mehr Geld verlangen zu können.
    .
    (Wenn's wenigstens den "freien" Mitarbeitern zuguten kommmen würde... )

  • Raues Drohung, "Geld her, sonst Einschränkungen des Sendebetriebs" ist geradezu furchterregend; was soll ich denn jetzt machen? Wurde bereits ein Spendenkonto eingerichtet?

  • Selbst dem Laien fällt auf, welches Schindluder mit den Gebühren seitens der ÖR Sender. Man muss nur mal ein Fussball-Länderspiel sich anschauen: Da berichtet ein Reporter live vom Spiel, es folgt ein Kommentator mit Einlassungen zu dem Spiel, das ja jeder gesehen hat, und als ob das nicht genug wäre braucht's auch noch einen "Experten", vulgo einen abgehalfterten Fußballer, der, oft in wenigen Minuten, noch seinen ziemlich belanglosen Senf dazu gibt. Wenn man die Gerüchte zu den Abgeltungen für die Experten ernst nimmt, besteht schon da ein immenses Einsparungspotential - und da lassen sich ja noch beliebig viele Beispiele finden, z.B. Spartensender usw.

  • Ich habe nichts gegen die angedrohte Einschränkung des Sendebetriebs, solange sie nur zur Einstellung desselben und zur Absetzung der Zwangsabgabe führt.

  • Tja. Und dann kommt der nächste "Tatort". Zum ersten Jahrestag des Änis-Amri-Anschlages auf den Berliner Weihnachtsmarkt. Natürlich ist der "Feind" wieder "rechts". Wie immer. Das nennt sich bei den Funktionären der ARD (beim ZDF sieht es ja nicht anders aus) dann "Unterhaltung". Propaganda-Schau auf unsere Kosten. Realitätsverweigerung mit Hilfe der Gebühren. Und nicht zum ersten Male möchte ich, dass die ÖR-Anstalten abgeschafft werden. Zeitgeist-Nonsens bekomme ich auch von den Privaten, z. Bsp. der Pro7-Sat1-Gruppe. Von RTL sowieso. Auf genau dieselbe, höchst wenig eloquent herausgearbeitete Art und Weise. Werbe-Einnahmen bekommen die ÖR-Anstalten ja auch. Warum sich nicht komplett draus finanzieren ? Ihrem Auftrag der "Grundversorgung" mit Nachrichten etc. kommen sie ja ohnehin nicht mehr nach.

  • Nur auf starken Druck konnten sich ARD und ZDF darauf einigen, zu Weltsportereignissen nur noch eine Sendeanstalt beordern. Zu besten Zeiten war der Tross der Sendeteams wesentlich kopfstärker, als die gesamte deutsche Mannschaft inkl. Gefolge. Es wurde mit Geld herumgeaast auf verschwenderischste Art und Weise. Nicht nur die Phantasiegehälter der Mitarbeiter, nein die üppige Altersversogung ist das Damoklesschwert. Dortige MA bekommen im Ruhestand deutlich mehr, als zur Dienstzeit. Wie instinktlos dort im Verhältnis zu Verdiensten und Alterseinkommen der werktätigen Bevölkerung gehandelt wird. Selbstverständlich nicken die Politiker jede beantragte Gebührenerhöhung abzugsfrei durch, wissen sie doch ihre Claquere allein schon dadurch bei bester Laune zu halten.

  • Wo ist hier ein "öffentlich-rechtlicher" Sender? Das sind m.E.n. von der Politik etabliertes & geschütztes "Raubrittertum". Die exorbitanten Gehälter & Pensionen (Selbst festgelegt & dazu noch die Normalrente!) stehen im krassen Mißverhältnis zu den Leistungen. Im Schnarchfernsehen (MoMa), die sog. Moderatoren sind albern und unerträglich, und dazu Konservenbeiträge halbstündlich. Die "Labertaschen" Will, Maischberger usw. haben alle eigene Produktionsfirmen und werden vom Gebührenzahler mitfinanziert. Mit welcher Berechtigung überhaupt? Wer segnet ab, daß Privatfirmen am "öffentlich-unredlichen" Fernsehen mitverdienen dürfen? 16 Intendanten kosten im Jahr? (...)