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Billy Six ist frei. Wer half?

Das Auswärtige Amt in Berlin setzte sich nur verhalten für den deutschen Reporter ein. Der entscheidende Anstoß, so scheint es, kam von Russlands Außenminister – auf Vermittlung eines AfD-Abgeordneten

Am vergangenen Sonntag drückten venezolanische Grenzbeamte am Flughafen Caracas den Ausreisestempel in den frisch ausgestellten deutschen Pass von Billy Six. Bis zuletzt konnte der Reporter nicht sicher sein, das Land tatsächlich als freier Mann verlassen zu dürfen. Der Journalist, der vorher für die „Junge Freiheit“ über die Proteste gegen das sozialistische Maduro-Regime in Venezuela berichtete, saß 119 Tage im Geheimdienst-Gefängnis „El Helicoide“ unter der Beschuldigung der „Spionage“ und des „illegalen Eindringens in die Sicherheitszone“. Eine Anklage wurde nie gegen ihn erhoben. Montagnachmittag landete Six in Tegel – abgemagert, aber gesund.


„Wir sind froh, dass der Fall Billy Six nach intensiven Bemühungen eine positive Entwicklung genommen hat“, teilte die Sprecherin des Auswärtigen Amtes Maria Adebahr mit. Die deutsche Botschaft in Caracas habe sich seit Six’ Verhaftung „ins Zeug gelegt“, und alles für die Freilassung des Journalisten in die Wege geleitet. Tatsächlich hatte es insgesamt vier Besuche des Botschafters beziehungsweise von Botschaftsmitarbeitern im Gefängnis gegeben. Nur: Führte diese konsularische Betreuung zur Freilassung und schließlich zur unbehelligten Ausreise von Six?

Nach den Angaben von Six, dessen Eltern und des AfD-Außenpolitikers Petr Bystron spielte Heiko Maas keine Rolle bei dem Durchbruch. Den entscheidenden Druck hätten zwei andere ausgeübt: Russlands Außenminister Sergej Lawrow, und die ehemalige chilenische Präsidentin und heutige UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet. Nach seiner Ankunft in Tegel sagte Six in einem Interview mit der „Jungen Freiheit“:
„Die deutsche Botschaft wollte mich dort lebendig begraben.“ Dass sich die Vertretung seines Landes erfolgreich für seine Freilassung eingesetzt habe, „stimmt überhaupt nicht“, so Six: „Das ist eine Lüge.“

Die Eltern von Six hatten sich in der Vergangenheit an den russischen Außenminister mit der Bitte um Hilfe gewandt. Das lag nahe, denn vor einigen Jahren erreichte Lawrows Ministerium schon einmal die Freilassung des Reporters, damals aus einem syrischen Gefängnis. Allerdings speisten die Eltern ihr Schreiben über eine offizielle Seite des russischen Außenministeriums ein. Nach Informationen von Publico erreichte es Lawrow nicht. Allerdings hielt der AfD-Bundestagsabgeordnete und Obmann im Auswärtigen Ausschuss Petr Bystron engen Kontakt zu den Eltern von Six. Bystrons Ehefrau Stepanka Bystron, frühere Europa-Leiterin der Quandt-Stiftung, kennt aus den damaligen Zeiten den russischen Botschafter in Wien Dmitri Ljubinski. Über diese Verbindung ergab sich ein direkter Kontakt, nicht nur zu Lawrow, sondern auch zur Regierung von Venezuela. Denn am Mittwoch vergangener Woche traf der russische Außenamtschef seinen venezolanischen Amtskollegen in Wien zu Konsultationen, die schon länger geplant waren. Über die Intervention seiner Frau bei Ljubinski und dessen Nähe zu Lawrow, so schildert es Bystron, sei die Freilassung von Six als russischer Wunsch auf den Besprechungszettel des Außenministertreffens gekommen. „Am Mittwoch hat Lawrow seine Bitte geäußert, und einen Tag später haben die Venezolaner geliefert“, so Bystron zu Publico. Tatsächlich verfügte ein Gericht in Caracas Ende vergangener Woche die Freilassung des Journalisten, zunächst mit der Auflage, das Land nicht zu verlassen. Diese Erlaubnis erhielt er dann am Wochenende.

Russland und Kuba gelten als die einzigen Staaten, die noch Einfluss auf die zwar nicht mehr durch Wahlen legitimierte, aber noch herrschende Regierung Maduro besitzen. Da Venezuela den deutschen Botschafter vor Kurzem ausgewiesen hatte, verfügt Deutschland kaum noch über Kontakte in die Regierung von Caracas.
Der zweite wichtige Anstoß kam offenbar durch den Besuch der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet in Venezuela, die gekommen war, um sich dort für die Freilassung politischer Gefangener einzusetzen. In seinem Interview am Montag in Berlin schilderte Six, kurz vor Bachelets Besuch in dem Geheimdienstgefängnis sei seine Zelle gestrichen und ein Fernseher in den Raum gestellt worden. Ihn selbst hätten die Wärter allerdings vorübergehend in eine andere Zelle verlegt, um, wie er vermutet, zu verhindern, dass Bachelet ihn traf. Von dem Besuch der chilenischen Ex-Präsidentin hätten ihm Mitgefangene später erzählt. Offenbar sei Bachelet die schnell renovierte Zelle gezeigt worden, um ihr zu suggerieren, die Haftbedingungen für Six seien nicht so schlecht.

Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte auf Nachfrage vor der Bundespressekonferenz, von einer russischen Intervention zu Gunsten von Six sei ihr nichts bekannt. Sie widersprach der Darstellung von Bystron aber auch nicht.
Die Außenamtsvertreterin sagte auf Nachfrage auch, der deutsche Botschafter habe in der Vergangenheit in Caracas gegen die Inhaftierung von Six protesiert.

Merkwürdigerweise hatte der deutsche Außenminister Heiko Maas in einer öffentlichen Stellungnahme zu Six allerdings nicht dessen Freilassung gefordert, sondern nur ein „transparentes und rechtsstaatliches Verfahren“. Das wirkte um so merkwürdiger, als die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ die Inhaftierung des Deutschen als willkürlich und die Anschuldigungen als konstruiert bezeichnet hatte. Am 2. Februar 2019 war außerdem auch nach geltendem Recht Venezuelas die Frist abgelaufen, zu der Six entweder hätte angeklagt oder freigelassen werden müssen.

Anders als im Fall des in der Türkei inhaftiert gewesenen Welt-Journalisten Deniz Yücel hatte es für den Reporter der „Jungen Freiheit“ keine parteienübergreifende Unterstützungsaktion und keine allgemeine Solidaritätsaktion in den Medien gegeben. Die Berufsvereinigung „Deutscher Journalistenverband“ (DJV) lehnte auf Anfrage von Publico einen Einsatz für Six sogar ausdrücklich ab. DJV-Sprecher Hendrik Zörner sagte: Wir tun nichts für ihn. Six gehöre einem Verein an, der „weit rechts“ stehe, so Zörner. Der DJV wisse schließlich nicht, ob Six’ Aufenthalt in Venezuela tatsächlich journalistischen Zwecken gegolten hätte, oder ob er als „politischer Aktivist“ unterwegs gewesen sei. Damit übernahm der DJV indirekt die Argumentation des Maduro-Regimes.

Außer Petr Bystron hielt kein Bundespolitiker Kontakt zu den Eltern von Six.
Eines schloss das Auswärtige Amt in Berlin jedenfalls klar aus: Das Ministerium von Maas, so Sprecherin Adebahr, habe Russland nicht um Hilfe für Six gebeten: „Es gab keine Kontakte.“

 

 


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12 Kommentare
  • Rolf
    19. März, 2019

    wie sagt man so schön:
    Wenn man solche Freunde hat, braucht man keine Feinde mehr.
    Wenn man solche Politiker hat…..

  • Stefan Michael
    20. März, 2019

    Am Verhalten des Auswärtigen Amtes im Fall Six lässt sich gut darstellen, wie unprofessionell dort mittlerweile gearbeitet wird: Die Behörde agierte wie ein ganz gewöhnlicher Bürger, der – Nächstenliebe hin oder her – sich nur dann besonders nachdrücklich für andere Menschen einsetzt, wenn es ihm in den Kram passt. In diesem Fall: in den politischen Kram. So darf aber ein Auswärtiges Amt nicht arbeiten. Es muss seine Kernaufgaben exakt erfüllen und die eigenen Bürger im Ausland schützen und unterstützen – unabhängig von deren politischer Orientierung. Ob dieses Versagen dem zuständigen Minister schaden wird? Es sieht nicht so aus.

  • Frank Bodenstedt
    20. März, 2019

    Ich freue mich über Billy Six’s Freilassung aus der Haft des kommunistischen Regimes Venezuelas. Ich genieße es, daß mein Vertrauen in Rußland und sein ehrliches Volk, sich wieder einmal als begründet erwiesen hat und das ich weiter auf dem Standpunkt stehen kann, daß dieses – von der EU – ausgegrenzte Land die Hoffnung für die Europäer ist, letztlich den Moloch in Brüssel und seine Spießgesellenvereinigungen in Berlin, Paris und sonstwo, zu Fall bringen zu können.
    Ich verachte zutiefst das politische Gesindel in der sogenannten Bundesregierung mitsamt der Kriecher und Schleimer, die aus eigenem Vorteilsdenken und Charakterlosigkeit ihr zu Diensten sind und sie bei ihrem destruktiven, bevölkerungsfeindlichen und entmenschlichten Zerstörungswerk beflissen zur Hand gehen.
    Der heutige Staat und seine Akteure in Deutschland ekeln mich an.

  • Albert Schultheis
    20. März, 2019

    Man möchte im Sande versinken über soviel Perfidie, Bosheit und Niedertracht dieser deutschen Bundesregierung. Schande! Allen voran Steinmeier, Maas und die ganze schräge Mischpoke. Am liebsten würde ich meinen deutschen Pass ins Mittelmeer werfen und irgendwo um Asyl bitten – wäre da nicht die leiseste Hoffnung, dass es da noch ein anderes Deutschland gibt.

  • Helene
    20. März, 2019

    Six war einfach für die “falschen” Zeitungen unterwegs. Wenn man da an Yücel denkt …

  • Andreas Dumm
    20. März, 2019

    Gott sei Dank! Und nun stellt sich wieder einmal die Frage, was schlimmer ist: Das Gefühl der Scham angesichts der deutschen (Nicht-) Politik sowie des (Nicht-) Tätigwerdens der in diesem Konfliktfall Verantwortlichen, oder das Gefühl der Bedrückung und der Ratlosigkeit.

  • Heinrich
    20. März, 2019

    Ich schäme mich, ein Deutscher zu sein! Ich schäme mich, von solches Kretins regiert zu werden! Ich möchte meine Lebenszeit und meine Arbeitskraft nicht mehr für diesen politischen und menschlichen Abschaum in der Regierung opfern.

  • patrick feldmann
    21. März, 2019

    “Das Ministerium von Maas, …, habe Russland nicht … „Es gab keine Kontakte.“
    Man fragt sich, ob das Außenministerium unter der doppelten Isolation durch Merkel&Co wie Heiko A.Minister überhaupt noch Kontakte hat!
    Die sind nicht nur von allen guten Geistern verlassen,- die haben auch keine wirklichen außenpolitischen Kontakte mehr! Und ein Flugzeugträger wird es kaum noch richten können… Auch innenpolitisch ist die alternativlose Geschichte eher erfolglos.

  • Leonore
    21. März, 2019

    Nicht, daß es irgendeine Rolle spielen würde, aber ich habe dem Interview (direkt nach seiner Ankunft noch im Flughafen) entnommen, daß nicht die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet selbst, sondern eine von ihr geschickte Abordnung in das Gefängnis gekommen ist. – Ich mache nur auf die ziemlich unbedeutende Ungenauigkeit aufmerksam, weil sich womöglich irgendein “fake news”-Jäger darauf stürzen könnte (natürlich um von den haarsträubenden tatsächlichen fake news der “Qualitätsmedien” abzulenken).

  • Hartmut Pilch
    21. März, 2019

    Ukrainische Meinungsforscher berichten von einem Kippen der Stimmung zugunsten Russlands. Man fühlt sich irgendwie besser, wenn man Lawrow als Außenminister hat.

  • Ein Storch
    22. März, 2019

    Ist doch ganz einfach:

    Herr Adebar bringt die Kinder … und Frau Adebahr bringt die Wahrheit

    Wer wird denn an der Frau zweifeln …

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