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Der 8. Mai und die Tonfallstricke

75 Jahre nach dem Kriegsende ist viel von historischen Lektionen die Rede. Wie wäre es, wenn sich die Repräsentanten dieses Landes zur Feier des Tages mit ihren eigenen Phrasen beschäftigen? Sie würden erschrecken, wenn sie einen Sinn für Sprache hätten

An und um den 8. Mai konzentrieren sich politische und mediale Kommentare auf den zentralperspektivischen Zeitpunkt des Jahres 1945, um immer wieder die gleiche Frage zu beantworten: die nach der kollektiven Lektion.

In den öffentlichen Wortmeldungen geht es also um Bewusstsein. Und damit immer auch das Nichtsobewusste, die Mentalitätsschicht darunter. An ihr lässt sich viel lesen und lernen. Beginnen wir mit dem Kommentar des ARD-Chefredakteurs Rainald Becker, nicht zum 75. Jahrestag des Kriegsendes, sondern zu der Lockerung der Corona-Maßnahmen am 6. Mai:

„Der Status quo ante, also zurück zur alten Normalität, ist vielen Wirrköpfen, die sich im Netz […] tummeln, nachgerade ein Herzensanliegen. All diesen Spinnern und Corona-Kritiker sei gesagt: Es wird keine Normalität mehr geben wie vorher. Madonna, Robert de Niro und rund 200 andere Künstler und Wissenschaftler fordern zurecht, nach der Corona-Krise Lebensstil, Konsumverhalten und Wirtschaft grundlegend zu ändern. Diese weltweite Pandemie muss zu etwas Neuem führen.“

Die erste Bedeutungsschicht in Beckers Darlegung besteht aus der mittlerweile in besseren Kreisen gängigen Verbindung aus Tugendreligion und Klassenkampf von oben, in diesem Fall noch mit einer komischen Note. Ein ARD-Mitarbeiter mit sicherem sechsstelligen Jahresgehalt mahnt also Spinner und Wirrköpfe davor, sich bloß nicht in die Normalität des Unterhaltserwerbs zurückzuwünschen, sondern Lebensstil und Konsumverhalten der Natur zuliebe an neuen besseren Vorgaben auszurichten, und beruft sich dabei auf eine Sängerin mit einem geschätzten Vermögen von 850 Millionen und einen Schauspieler mit einem Vermögen von etwa 500 Millionen Dollar. Becker arbeitet übrigens für die öffentlich-rechtliche Senderfamilie, deren Vertreter beteuern, sie müssten den Sendebetrieb stark einschränken, falls sie in der kommenden Gebührenperiode nicht drei Milliarden Euro zusätzlich erhalten.

Der ARD-Chefredakteur müsste sich eigentlich wenig Sorgen um die Opulenz der anderen machen; zehn Millionen Kurzarbeiter mit Gehaltseinbußen zwischen 33 und 40 Prozent beziehungsweise etliche demnächst Arbeitslose und Insolvente werden ihr Konsumverhalten schon ganz von selbst ändern. Viele dürften bald mehr Tagesfreizeit genießen, in der sie zusätzlich zu den Tagesthemen auch Verzichtsapelle von Luisa Neubauer und Carla Reemtsma sehen, hören und lesen können (in dem deutschen Wikipedia-Artikel zu Neubauer fehlt übrigens, anders als in der englischen Ausgabe, der Hinweis auf ihre Herkunft aus der Hamburger Millionärsfamilie).

Dieser Blick auf das zu lenkende und zu leitende Publikum, siehe oben, bildet die oberste Schicht seiner Argumentation. Aber es gibt noch eine Ebene darunter. Wie kommt es, dass gerade Journalisten, die sich viel auf ihre gelernten historischen Lektionen zugute halten, ziemlich oft so klingen wie Becker, also wie ein nur etwas gemilderter Wochenschausprecher beziehungsweise ein Kommentator des DDR-Fernsehens?

Schneddertäng in der Stimme, argumentationsloser Vortrag, saubere Aufteilung zwischen der eigenen tadellosen Haltung und den anderen, bei denen es sich noch nicht einmal um Leute mit einer satisfaktionsfähigen Meinung handelt, sondern eben um Spinner, Wirrköpfe, Coronakritiker – was immer auch ein Coronakritiker ist – , kurzum, um innere Feinde, denen etwas gesagt sei.

Zu denjenigen, die mit Skepsis auf die Corona-Politik der Bundesregierung schauen und nach Schaden und Nutzen fragen, gehören bekanntlich nicht nur Demonstranten, sondern auch Leute wie der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier, der Rechtsphilosoph Christoph Möllers, es zählen Konservative dazu, Liberale und Linke wie die Autorin Juli Zeh. Zur Normalität möchten viele Selbständige und Unternehmer übrigens schon deshalb zurück, weil sie nicht wissen, wie sie sonst ihr Leben finanzieren sollen. Der Autor kann Becker dazu gern Kontakte vermitteln.

Beckers Kommentar rundet sich dadurch, dass es am Ende auch um die äußeren Feinde geht:

„Wir können froh sein, dass Hasardeure wie Trump, Johnson oder Bolsonaro hier nichts zu melden haben und Typen solchen Charakters in diesem Land hoffentlich auch nicht gewählt werden.“

Der ARD-Chefredakteur äußert sich öfters so; im Prinzip gibt es für ihn die eine legitime Sicht der Dinge, die praktisch meist mit der Überzeugung des Kanzleramtes beziehungsweise der Grünen-Parteiführung zusammenfällt. Wer anders meint oder unabhängig von seinen Ansichten einmal von ihm in die Feindallianz einsortiert wurde, ist ein Spinner, ein Hasardeur, ein Typ solchen Charakters, der nichts zu melden hat. Oder auch ein Büttel, in diesem Fall gar keine einzelne Person, sondern gleich ein ganzes Land:

 

 

Zu melden haben gehört übrigens auch zu diesen Wendungen aus dem tiefen deutschen Mentalitätsvorrat. Es fällt außerdem auf, dass es in der Reihe von Beckers äußeren Feinden drei Stammplätze gibt: für den Regierungschef der USA, Großbritanniens – und den Staat des, nun ja, ganz bestimmten Volkes. Auch mit dieser speziellen Obsession steht er in seinem Milieu nicht allein.
Und dann findet sich noch ein anderes Versatzstück, das zu einem deutschen Bewusstseinsstrom gehört, auch wenn es Becker selbst wahrscheinlich nicht bewusst ist. Aber dazu später.

Vorher noch zu einem weiteren nachgeborenen deutschen Journalisten, der sich mit einem Gedenkartikel pünktlich zum 8. Mai in dem verheddert, was Karl Kraus einmal Tonfallstricke nannte. In der Welt ging er an diesem Tag der kontrafaktischen Spekulation nach, was wäre, wenn Hitler 2008 zur Macht gekommen wäre. Die naheliegende Antwort würde lauten: dann wäre es eben nicht Hitler gewesen. Interessant liest sich der Text von Torsten Krauel aus einem anderen Grund trotzdem.

“Ein Mitarbeiter* eines AfD-Spitzenpolitikers“, schreibt Krauel dort, „notiert in seinem Onlinetagebuch am 5. Mai: ‘Wenn man wirklich einmal eine Verschwörungstheorie braucht, wird keine vorstellig. Keine Verschwörungstheorie kann die Frage beantworten, warum so viele Deutsche Merkel wählen.’ Gewiss. Es sind so viele Deutsche für Merkel, weil sie sich seit 1945 geschworen haben, in Krisenzeiten nur jemandem zu folgen, den sie kennen und dem sie vertrauen. Das heißt ja nicht, ihr durch dick und dünn zu folgen, aber es bedeutet: Man glaubt, dass sie das Wählervertrauen nicht missbrauchen wird. Solches Zutrauen nach mehrmaliger Probezeit ist eine 75 Jahre alte Fernwirkung des Mai 1945.”

Seine Vergangenheitsdeutung ist schon ein spezieller Fall für sich; mit Hitler wählte eine relative Mehrheit der Deutschen seiner Meinung nach offenbar einen Politiker, den sie nicht richtig kannten, und dem sie wenig Vertrauen schenkten. Der eigentlich bemerkenswerte Punkt liegt darin, was für den Welt-Autor die Lehre aus der NS-Zeit darstellt, die Quintessenz, die Fernwirkung: Viele Deutsche sollen seiner Meinung nach einer Person an der Spitze folgen. Und zwar, weil sie etwas glauben. Nämlich, dass die Führungsperson den richtigen Weg schon kennt. Sie sollen deshalb kollektiv folgen und glauben, weil sie sich etwas geschworen haben. Es lassen sich auch andere Beispiele für diesen journalistischen Sprachduktus finden.
Etwa bei MDR-Redakteur Tim Herden, der kommentierte:
„Aber noch führt Merkel das Volk an und lässt sich ähnlich der englischen Queen nicht das Ruder aus der Hand nehmen.“

Ich hatte an anderer Stelle schon einmal geschrieben, dass ich zu den hartnäckigen Einzelmeinern gehöre, die sich wenig darum scheren, wie viele seine Ansicht teilen, und ob sie sich mit der gerade aktuellen Alternativlosigkeit irgendeiner Führung decken. Jedenfalls hielte ich es anders als der Welt-Autor für eine ganz brauchbare Lektion aus dem Totalitarismus, dass Bürger Politiker nur mit einer sehr eingeschränkten Macht auf Zeit beleihen, begrenzt durch Parlament und Verfassung. Dass sie die Person an der Regierungsspitze als besseren Verwaltungsangestellten verstehen und nicht als Volksführer, dem sie folgen und an dessen einsamen Ratschluss sie glauben sollen.

Eine praktische Schlussfolgerung aus der Vergangenheit – auch der jüngeren – wäre es für mich, die Amtszeit des Bundeskanzlers auf zwei Amtsperioden zu begrenzen. Als zweite Fernwirkung der Geschichte würde ich einen Journalismus für plausibel halten, der zu der eigenen Regierung eine Armlänge Abstand hält, vor allem die Mächtigen des eigenen Landes kontrolliert und auf ihre Widersprüche aufmerksam macht, und der seine Energie weniger dazu benutzt, mit Kruppstahl in der Stimme fremde Regierungschefs zu beschimpfen. Diese Schlussfolgerungen kann sich jeder am 8. Mai vorhalten, wenn es beliebt. Aber eigentlich auch an jedem anderen Tag.

Zu den merkwürdigsten Phänomenen dieses merkwürdigen Landes zählt es, dass seine Repräsentanten – Politiker und Repräsentationsjournalisten wie Becker und Krauel – sich selbst und ihrer Sprache gar nicht zuzuhören scheinen. Sie sehen offenbar gar keine Notwendigkeit, mit Begriffen wie führen, folgen, glauben vorsichtig umzugehen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte in seiner Rede zum 8. Mai den Tag des Kriegsendes bekanntlich als „Tag der Befreiung“ kanonisiert und damit die Nationalsozialisten endgültig zu einer Art fremden Besatzungsmacht umgeschrieben, von der Deutschland 1945 befreit wurde. Leichter und billiger lässt sich die eigene Mentalitätsgeschichte kaum abspalten. In seiner Rede warnt Steinmeier – warnen ist seine Lieblingsbeschäftigung – unter anderem „vor der Faszination des Autoritären“. Er verwendet noch nicht einmal einen Halbgedanken auf die Frage, wie es kommt, dass das autoritäre Geschnarre Seite an Seite mit Gefühlkitsch in der offiziellen deutschen Sprache des Jahres 2020 so gut lebt und gedeiht. In seiner Rede schaffte es der Bundespräsident noch nicht einmal, auf das ranzige Sprachversatzstück vom großen geschichtlichen Ringen zu verzichten („und dieses Ringen, dieses Ringen bleibt bis heute“).
Kein Politiker, der tatsächlich Victor Klemperers „LTI“ und Sebastian Haffners „Geschichte eines Deutschen“ gelesen hat und ein wenig Sprachskrupel besitzt, würde diese nach Reichskanzlei riechende Phrase in den Mund nehmen. Weder zum 8. Mai noch sonst.

Um noch einmal zu Becker und den Traditionen im Unterbewussten zurückzukommen: Aus seinem Kommentar sticht besonders seine Verachtung für die Lebensnormalität hervor. Dahin darf es kein Zurück geben, sich überhaupt nach so etwas wie gesellschaftlicher Normalität zu sehnen hält er offenbar für eine Geisteskrankheit. Damit knüpft er an eine kollektive Haltung an, die Sebastian Haffner in „Geschichte eines Deutschen“ beschrieb, und zwar als wesentlichen Grund für den Untergang der Weimarer Republik: die Unfähigkeit vieler Deutscher, als Individuen zu leben und ohne heroisches übergeordnetes Ziel auszukommen.

„Es zeigte sich, dass eine ganze Generation in Deutschland mit dem Geschenk eines freien Privatlebens nichts anzufangen wusste“, schreibt Haffner. “Ungefähr zwanzig Jahrgänge junger und jüngster Deutscher waren daran gewöhnt worden, ihren ganzen Lebensinhalt, allen Stoff für tiefere Emotionen, für Liebe und Hass, Jubel und Trauer, aber auch alle Sensationen und jeden Nervenkitzel sozusagen gratis aus der öffentlichen Sphäre geliefert zu bekommen … So empfanden sie das Aufhören der öffentlichen Spannung und die Wiederkehr der privaten Freiheit nicht als Geschenk, sondern als Beraubung … Und sie warteten schließlich geradezu gierig auf die erste Störung … um die ganze Friedenszeit zu liquidieren und neue kollektive Abenteuer zu starten.“

Beckers Aufruf an weniger Gutverdienende, zur Weltrettung Verzicht zu üben, ist zwar eine moderne Botschaft. Darunter liegt etwas ziemlich Altes: Eine Erlösungsideologie, der gefälligst alle zu folgen haben.

Nach dem 2. Weltkrieg gab es die so genannte skeptische Generation. Ein ähnliches Misstrauen gegen kollektive Erlösungsideologien und Begriffe wie glauben und führen finden sich aus ähnlichen Gründen auch bei älteren Ostdeutschen. Möglicherweise bilden diese beiden Gruppen historische Ausnahmen. Die skeptische Generation des Westens spielt keine größere Rolle mehr; die Gruppe der Ostdeutschen, die Antikörper gegen geschichtliches Ringen und globale Ziele gebildet hatten, fiel schon in der DDR klein aus, im vereinten Deutschland noch kleiner. Sie hat, um einmal mit Becker zu sprechen, im heutigen Deutschland kaum etwas zu melden.

Unter den Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen findet sich sicherlich eine ganze Reihe von Leuten, für die das Wort Spinner auch dann nicht aus der Luft gegriffen ist, wenn man die Welt anders sieht als ein ARD-Chefredakteur. Was den Autor dieses Textes angeht: Ich glaube, wenn die Regierung einen großen Plan verfolgen würde, dann hätte sie wahrscheinlich nicht Anfang März verkündet, Schutzmasken seien sinnlos, um sie Ende April zur Pflicht zu erklären. Für den Fall, dass Bill Gates, die Rothschilds oder die Reptiloiden das Virus steuern, würde ich etwas mehr Mühe und Sinn für Konsistenz erwarten.

Ich nehme mir die Freiheit, Spinner nach ihren Möglichkeiten zu beurteilen, tatsächlich etwas zu bewirken. So weit ich es sehe, werden der Koch Attila Hildmann und ein in diesen Tagen aufgeregt herumwuselnder Ex-Radiomoderator so schnell keinem Bundeskabinett angehören. Das, was sie öffentlich verlautbaren, unterscheidet sich in seiner Argumentationsstruktur allerdings nicht grundlegend von einer Annalena Baerbock, die Strom im Netz speichern und ein Industrieland künftig nur mit Sonnen- und Windstrom betreiben will. Es unterscheidet sich kaum von den Äußerungen eine Luisa Neubauer, für die es außer Frage steht, dass eine sinistre Verschwörung der Öl- und Kohlelobby weltweit Regierungen lenkt. Baerbock könnte demnächst Regierungspolitik betreiben. Und vermutlich fände sie eine große Zahl journalistischer Begleiter, die das Kollektiv dazu auffordern, ihr zu folgen, an sie zu glauben und sich so etwas wie Normalität aus dem Kopf zu schlagen.
Denn im Ringen um höchste Ziele darf kein Opfer zu hoch sein.

 

 


*Bei dem Zitierten handelt es sich um Michael Klonovsky.

 


Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.

 

 

Alexander Wendt: Weitere Profile:

Kommentare anzeigen (19)

  • Eine Epidemie ändert die Spielregeln ganz von selbst in kollektivistische Richtung. Oder, um im individualistischen Paradigma zu bleiben, lässt sie alle möglichen peripheren Rechte zugunsten des zentralen Rechts auf körperliche Unversehrtheit zurücktreten, und wer dagegen stänkert, wird zu einer Art Wehrkraftzersetzer. Das liegt in der Natur der Sache, aber es ist schon bemerkenswert, in welche Fußstapfen gerade die führenden Volkspädagogen jetzt treten. Das arbeitet der Artikel brillant heraus.

    • "Deutschland, du mieses Stück Scheiße!" Vor etwa 20 Jahren soll eine Bundestagsvizepräsidentin in spe hinter diesem linken Transparent hermarschiert sein. Heute früh zischelte mir die schwarze Hugin ins Ohr: "War der Satz nicht prophetisch? Sind wir nicht gerade in den Merkeljahren dahin gekommen?" Zwar sind der Zivilisationswechsel, der Demografie- und Kulturwandel beileibe nicht abgeschlossen, aber unsere Leitgestalten von oben bis unten zeigten enthüllend ihr Bestes rund um den 8. Mai.
      "Auf dem Dache pfeift der Star, wart ein Jahr, und du marschierest mit!", sagte B. Brecht.
      Ein Drogenabhängiger schrieb: Wir sind diejenigen, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben!
      Niemand kann die Zukunft aufhalten. Sie mahlt einfach, und sie mahlt schrecklich klein.

  • Ein sehr nachdenklich stimmender Text, verehrter Herr Wendt. Jedoch absolut berechtigt, es steht viel auf dem Spiel (wenn man das „Spiel“ nennen will). Sebastian Haffners in Rede stehendes Buch „Geschichte eines Deutschen“ lese ich als alter Mann erneut, weil ich noch immer zum Lernen bereit bin.

    Zuverlässige, glaubwürdige Journalisten wie Sie sehe ich derzeit u.a. in Broder, Reitschuster, Tichy und Stefan Paetow. Sie alle wollen NICHT, dass wir Leser nach einem neuen Führer(in) rufen, sondern SELBSTÄNGIG denken und besser noch, nachdenken. Ich kann gut und gerne auf einen diffamierenden „Chefredakteur“ der Propagandaschleuder ARD (aber auch die vom ZDF) verzichten. Und das auf Dauer.

  • Genau so empfinde ich es auch. Was mir die meisten Falten in die Stirn bügelt, ist die atemberaubende Geschwindigkeit, mit der dieser Radikalisierungsprozess abläuft.

  • Die Deutschen wurden von sich selbst befreit. Insofern hatte Steinmeier recht. Eine andere Frage ist, ob man von sich selbst vollständig befreit sein kann. Leider nein. Man hat sich zwar eingeredet, die unrühmliche nahe Vergangenheit verarbeitet zu haben und eine gefestigte Demokratie zu sein, aber beides ist nicht der Fall. Ich selbst glaubte beide Punkte jahrzehntelang, politisch naiv, wie ich war. Seitdem ich nichts anderes zu tun habe, lebe ich im Netz. Und langsam langsam fiel es mir auf, daß die Deutschen sich selbst, damit auch andere belügen. Sicher nicht bewußt, doch ist es so. Eine Verarbeitung, die nicht schmerzt, ist keine. Zahlen, erhobene Zeigefinger reichen nicht.
    Deutsche Historiker haben in den letzten 2o-25 Jahren Fantastisches geleistet. Aber was ist davon beim Publikum, bei der großen Masse angekommen? Ich fürchte, nicht viel. Solange aber das Wissen nicht bei den Familien ankommt und diese nicht dem ins Auge schauen, wie es bei ihnen war, so schmerzhaft dieses ins-Auge-Schauen auch ist, so lange kann man nicht von Verarbeitung sprechen. Und die Vergangenheit sondert ihr Gift weiter ab. Schade, sehr schade für die Deutschen selbst.
    lg
    caruso

    • Ein Dilemma: nennen sie es "Tag der Befreiung", dann trifft das zu, was Sie geschrieben haben. Die Deutschen mussten befreit werden, weil sie es selbst nicht wollten. Nennen sie es "Tag der Niederlage", behaupten sie damit, dass sie den Krieg gerne gewonnen und somit ihren Hitler gerne behalten hätten. Aus der Aporie können sie sich nur durch die Lüge retten. Und das gelingt ihnen durch Überkompensation. Zum Glück sind sie militärisch unbedeutend. Die anderen können über die Deutschen lachen wie früher, aber ohne Beigeschmack von Furcht.

    • Ich habe Ihren Kommentar nicht verstanden. Alle NAZIs außer Mutti oder wie soll ich ihre Aufarbeitungswünsche verstehen? Wer muss wem wie in die Augen schauen?

  • Der hetzend verleumderische Typus des NSDAP Deutschen ist nie verschwunden. Tief, ganz tief in dieser Volksseele verwurzelt wuchert die Lust zu Denunziation, Hetze gegen Andersdenkende und der Hang zum Bösen. Ab und zu, immer öfter jedoch, bekommt dieser Drang ein Gesicht. Dann erkennt man sie, die furchtbaren Opportunisten - und wundert sich.

  • Nach der LTI kam die LQI, die Lingua Quinti Imperii, das bundesrepublikanische Neusprech, wird dem mediokratisch-ökologistischen Internationalsozialismus zum Sieg verhelfen. Lenins Enkel fechten es besser aus. Die Lernfähigkeit der Deutschen hat offensichtlich arg enge Grenzen.

  • Es ist doch immer wieder erstaunlich, dass es sich in guter Regelmäßigkeit bewahrheitet, dass man grobschlächtige, ungehobelte, zu offener Gewalt und Diffamierung neigende Rabauken - selbst wenn sie im feinen Zwirn überbezahlter Journalisten daherkommen - an ihrer Sprache erkennt. An der Sprache, die zuverlässig den seelischen Zustand - in diesem Fall die Verwahrlosung - des Sprechers oder Schreibers widerspiegelt. Und natürlich merken das die rufmordenden Etikettierer und schneisenschlagenden Vorreiter des Groben selber am allerwenigsten. Denn ihnen geht nicht nur jegliches sprachliche Feingefühl ab, sie sind auch auf eine erstaunliche, aber eigentlich erschreckende Weise frei von Zweifel, insbesondere frei von Selbstzweifel. Wenn dieser Typus zusätzlich ausgestattet mit einem persönlichen Charisma daherkommt, der sich in aller Regel mit einem narzisstischen Schutzschild gepanzert hat, dann wird es für die Umwelt nicht nur extrem anstrengend, sondern geradezu gemeingefährlich. Wir kennen diese Typen an der Spitze von Wirtschaftskonzernen, wo sie dazu fähig sind, gewachsene Unternehmenskulturen und mit ihnen über Jahrzehnte erarbeitete und erwirtschaftete Werte beinahe über Nacht zu schreddern, wir erleben sie gerade in der Politik, wo es gewählten und ermächtigen Protagonisten gelingt, in ihrer Amtszeit dem Volk und seinem Vermögen einen nachhaltigen und in 100 Jahren nicht mehr gut zu machenden Schaden zuzufügen. Alle diese, an herausragender Stelle agierenden Narzissten umschwärmt dabei ein Gefolge der grobschlächtigen, großmäuligen Herolde der schreibenden und beschwatzenden Zünfte wie ein Schwarm Schmeißfliegen totes Aas. Sie sitzen an den Futtertrögen, haben sich durch Lügen, Falschheit und Verstellung dorthin gedient, und schaffen sich durch großzügige Apanagen ihre lobhudelnde Gefolgschaft. Ja ich sag's: In der Art, wie sie sich in lebende Organismen mit geschädigtem Immunsystem einschleichen, erinnern sie an Viren.

  • Wieder ein Volltreffer. Gratuliere. Den Text nochmal gelesen und aus meiner Sicht nichts kritikwürdiges gefunden. Bleibt allein die Frage, wie kommen wir da heil raus?

  • Madonna und Robert De Niro als Zeugen aufzurufen zeugt von einer Weltfremdheit, die verblüfft.

    Und vom hohen Roß eines sechsstelligen Jahresbudgets herunter auf durch die Coronamaßnahmen existenzbedrohten als Spinner etc Gebrandmarkten herabzublicken kann nur als widerwärtiges Pharisäertum bezeichnet werden!

  • "Sie würden erschrecken, wenn sie einen Sinn für Sprache hätten"

    Damit entschuldigt man sie doch über die Maßen. Meine Vermutung: sie machen es vorsätzlich, weil sie als blitzsaubere Fanatiker (=Idealisten mit einfältigem Weltbild) dem doofen Prinzip folgen: der Zweck heiligt die Mittel. Oder es ist alles viel unappetitlicher: sie sind bloß in die Rolle der Führungslakaien verliebt, also ihre Wedlerthese, Herr Wendt.