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Den Wohlstand spielerisch in die Tonne treten

Aus vier Gründen ist die aktuelle Krise vor allem eine Krise der Westdeutschen. Ältere Ostdeutsche sind besser vorbereitet, wenn es jetzt darum geht, Energienot und Industrieschrumpfung zu bewältigen. Und wenn Funktionäre versuchen, ihnen Verluste schönzureden, besitzen sie außerdem einen Vorsprung durch Abwehrtechnik

Um Krisen besser zu verstehen, empfiehlt sich ein Blick ins Geschichtsbuch. Nicht nur und noch nicht einmal in erster Linie, um ihre Vorläufer zu erkennen. Die meisten Erschütterungen deuten sich schon lange vorher an.

Aber der interessantere Punkt liegt in der Frage, wer in die Krise gerät, und wer welche Mittel besitzt, um damit umzugehen. Nicht nur in Kunst, auch in gesellschaftlichen Fragen gilt Goethes Satz: „Bedenke das Was, aber mehr noch bedenke das Wie.“ In diesem Spätsommer und dem kommenden Herbst treffen nach und nach die neuen Abschlagsrechnungen für Gas und Strom bei den Kunden ein, die meist mindestens eine Verdopplung, oft aber eher eine Verdreifachung im Vergleich zu den schon vorher nicht günstigen Preisen bedeuten.

Die offizielle Inflationsrate steigt demnächst auf 10 Prozent. Und ganz allmählich setzt sich auch die Erkenntnis durch, dass es nicht viel bedeutet, wenn Politiker den Erfolg bei der Einspeicherung von Gas loben und darauf hinweisen, der Füllstand betrage schon 80 Prozent. Denn auch ein Füllstand von einhundert Prozent entspricht gerade einem Viertel des deutschen Gasbedarfs. Bisher lebte das Land im Winter immer gleichzeitig von der Speicherreserve und dem russischen Gas aus der Pipeline, der einzigen Stütze der atomkraftfrei geplanten Energiewende. Ohne ständige Zufuhr durch die Röhren reicht das eingespeicherte Gas je nach Härte des Winters für zweieinhalb bis drei Monate, also im günstigsten Fall von November bis Ende Februar.

Da die Regierungskoalition jedenfalls nach jetzigem Stand das einzige tatsächlich entlastende Entlastungspaket nicht beschließt, nämlich den Weiterbetrieb der drei letzten Kernkraftwerke, die Betriebsaufnahme der drei im Jahr 2021 stillgelegten, aber noch intakten Meiler und die Förderung von einheimischem Gas, bleibt die Lage prekär. Und zwar über den kommenden Winter hinaus. Es geht also nicht nur um Wärme, Strom, die Kosten dafür und die Frage, wie viele Wohnungen vorübergehend kalt bleiben.

Mittlerweile gibt es eine ziemlich lange Liste von Unternehmen, die ihre Produktion entweder drosseln, um abzuwarten, oder die Tätigkeit ganz einstellen. Zu denen, die sie vorerst auf Null senken, gehören die deutschen Niederlassungen des indischen Stahlherstellers Arcelor Mittal in Hamburg und Bremen. Zu denen, die ihre Produktion ganz beenden, zählen der Windturbinenhersteller Nordex mit seinem Werk in Rostock (Verlagerung nach Indien), der französische Stahlkonzern Vallourec mit seinen Standorten Düsseldorf und Mühlheim, das Fliesenwerk von Villeroy & Boch im saarländischen Merzig (Verlagerung in die Türkei), Ford in Saarlouis (Fortsetzung der Produktion in Valencia) und der Automobilzulieferer Mahle im baden-württembergischen Gaildorf. Das Unternehmen Hakle in Düsseldorf geht wegen der Energie- und Rohstoffkosten in eine Planinsolvenz; wie viele Arbeitsplätze übrigbleiben, muss sich in den nächsten Monaten zeigen.

Bei der geplanten Schließung und Verlagerung von gleich drei Werken des Automobilzulieferers Kostal im Sauerland handelt es sich um einen besonderen Fall. Das Unternehmen gibt seine Standorte nicht nur wegen der hohen Energiekosten auf, sondern auch, weil mittlerweile alle Autobahnbrücken im Sauerland als marode gelten. Seit der plötzlichen Sperrung (und späteren Sprengung) der Salzbachtalbrücke in Wiesbaden, von der vorher Betonteile abgestürzt waren, wissen Unternehmer in ungünstigen Lagen, dass sie von heute auf morgen von Zulieferern und Kunden abgeschnitten werden können.

Auf der Liste stehen auch kleine und wenig bekannte Firmen wie die Bäckerei Plaz im baden-württembergischen Eutingen, deren Gasrechnung – siehe oben – ihr Inhaber Tobias Plaz auf Facebook öffentlich machte. Seine Gas-Abschlagszahlung für Wohn- und Betriebsgebäude steigen ab Oktober von bisher 721 auf 2588 Euro monatlich, der Preis pro Kilowattstunde von 9,73 auf 34,96 Cent. Ohne eine Preiserhöhung für seine Backwaren, kündigt der Bäckermeister an, werde er seinen Betrieb nicht halten können. Gleichzeitig überlegt er, ob seine Kunden tatsächlich einen Euro für eine Brezel zahlen würden. Andere Kollegen wissen schon, wo ihre Schmerzgrenze und die der Käufer verläuft, beispielsweise die Bäckerei Speckmann im niedersächsischen Wehrbleck. Der Familienbetrieb mit 17 Angestellten schloss im September für immer, als die Rechnung mit den neuen Gaspreisen kam.
Natürlich betrifft die Misere das ganze Land. Allerdings nicht gleichmäßig. Die Krise, die sich jetzt anbahnt, ist aus verschiedenen Gründen vor allem die Krise der Westdeutschen.

Erstens trifft sie vor allem die industriellen Zentren, also die relativen Wohlstandszonen, in denen Facharbeiter trotz hoher Steuern und Abgaben bisher noch auskömmliche Nettolöhne verdienten, vor allem bei Automobilherstellern und -zulieferern, in der Chemie- und der Metallindustrie. Zu den Betrieben, die schließen, gehört auch das oben genannte Nordex-Werk in Rostock; bei Arcelor im brandenburgischen Eisenhüttenstadt müssen die Beschäftigten kurzarbeiten. Mahle schließt nicht nur sein Werk in Gaildorf im Westen, sondern auch im sächsischen Freiberg. Aber dort verlieren nur 80 Beschäftigte den Arbeitsplatz, am Standort in Baden-Württemberg gut 300. Das Beispiel zeigt die Proportionen ganz gut: Der Osten verfügt vergleichsweise über weniger und vor allem deutlich kleinere industrielle Kerne. Es gibt einfach weniger zu zerstören.

Das gilt für größere Betriebe wie für kleinere. In der Lausitz im Osten Brandenburgs und Sachsens müsste sich ein Bäckermeister gar nicht erst Gedanken darüber machen, ob seine Kunden notfalls auch einen Euro für eine Brezel zahlen. Hier in der Nähe zu Polen wuchs schon in den vergangenen 30 Jahren nur ein hauchdünnes Netz an kleinen Gewerbebetrieben. Und das, was entstand, passte sich an die Kaufkraft von Landkreisen an, in denen mitunter mehr als die Hälfte der Beschäftigten statistisch zu den Geringverdienern zählt. Die soziale Fallhöhe ist schlicht geringer. Wer beispielsweise durch Forst in der Lausitz spaziert, unmittelbar an der Grenze zu Polen, der sieht eine ganze Reihe von leerstehenden Häusern, auch ehemalige Textilfabrikantenvillen (die Textilkleinindustrie verschwand hier schon nach dem Zweiten Weltkrieg), Läden mit Dauertiefstpreisen und Restaurants, in denen ein Hauptgericht um die acht Euro kostet.

Natürlich trifft es die Gegend noch einmal hart, wenn bis 2030 – so immer noch der Plan – auch die Braunkohleindustrie verschwindet, der letzte dünne Industriezweig der Region. Die Lausitzer erleben das als unterste Stufe eines langen Niedergangs. Sie nehmen es als erfahrene Fatalisten hin. Viele nach 1990 Geborene, die aus der Gegend stammen, wohnen längst woanders.

Für Wohlstandsverluste wie für Privatkrisen gilt bekanntlich: The first cut is the deepest. Woraus umgekehrt folgt, dass sich der letzte noch am ehesten ertragen lässt.

 

Zwischendurch und zum besseren Verständnis: Nichts von dem, was hier steht, ist zynisch gemeint. Weder gegenüber denen in Baden-Württemberg, die jetzt gerade den ersten Schnitt erleben, noch gegen diejenigen, die in der Lausitz nicht mehr viel Wohlstand riskieren. Die Wahrnehmung könnte auch kaum zynisch sein bei einem Autor, der aus Sachsen stammt und in Bayern lebt. Es handelt sich um eine Bestandsaufnahme.

Und zu der gehört zweitens, dass die Infrastruktur, die gleichzeitig mit der Industriebasis im Sauerland und anderswo bröckelt, vor allem im Westen zerfällt. Viele Brücken und Straßen in Ostdeutschland entstanden in den vergangenen drei Jahrzehnten oder erlebten zumindest eine Generalüberholung. Auch hier besitzt der Osten einen Vorteil in der Krise.

Der dritte Grund, warum diese Krise vor allem die Westdeutschen trifft, liegt, wie schon angedeutet, im Mentalen. Es macht einen Unterschied, ob die Leute einer Region zwar kleinere und größere Konjunkturkrisen zwischendurch kennen, aber seit mehreren Generationen nur einen Aufstieg und eine Wohlstandszunahme, die sich an den Eigenheimsiedlungen der Sechziger bis frühen Neunziger rund um die großen Industriekerne ablesen lässt. Der Unterschied liegt also darin, ob sich überhaupt viel ansammeln konnte. Oder ob deutlich weniger Wohlhabende schon längst Erfahrung darin besitzen, sich mit den Verhältnissen zu arrangieren. Im Grenzgebiet zu Polen und Tschechien etwa durch Einkauf auf der anderen Seite. Auch durch Nachbarschaftshilfe, also Schattenökonomie, die dem Finanzamt entgeht. Im Osten gibt es auch Wohlstandszonen, in der Leipziger Südvorstadt, an den Dresdner Elbhängen, dort, wo die Grünen zweistellige Ergebnisse holen. Aber die Gebiete der Wohlhabenden fallen schmaler aus. Außerhalb und selbst hier und da in den besseren Gegenden neigen die Leute stärker zu Realismus und weniger als viele Westdeutsche zu Esoterik. Und bei der Vorstellung, ein Land könnte sich mit Energie aus Sonne und Wind versorgen und gleichzeitig noch Industrieland bleiben, handelt es sich um Esoterik reinsten Wunderwassers.

Deutschlandweit verdienen etwa 2,5 Millionen Menschen bei Vollzeit weniger als 2000 Euro im Monat. In Westdeutschland trifft das für 10 Prozent der Beschäftigten zu, in Ostdeutschland insgesamt für 18 Prozent. In manchen Kreisen der Zone vor Tschechien und Polen fallen 20 Prozent und mehr in die Kategorie der Leute, die trotz Arbeit kaum ihre Kosten decken.
Zur besseren Krisengewöhnung, der geringeren sozialen Fallhöhe und einer Improvisationsfähigkeit, die bei manchen Älteren noch aus DDR-Zeiten stammt, kommt noch etwas anderes. Zwar kein Krisenvorteil, aber eine Erleichterung. Gut drei Jahrzehnte mussten sich die Ostdeutschen zumindest nach jeder Wahl pauschal und kollektiv aus den großen Redaktionen und anderen Institutionen des Landes anhören, sie hätten sich offenbar noch nicht ganz für die Demokratie qualifiziert.

Eine große Frage in Krisen läuft immer auf die Suche nach den Verantwortlichen hinaus. Das bedeutet nicht zwingend: nach den Schuldigen. Sondern erst einmal nach denen, die den Krisenverlauf mildern könnten. Und bei der Gelegenheit fällt auf, wo ein Obrigkeitsdenken und die dazu passenden Oberen sitzen, die jetzt in der Krise Bürgern vorwerfen, dass sie den Wohlstandsverlust nicht hinnehmen und als Chance zur Transformation in eine ärmere, aber bessere Welt erkennen, sondern sich an ihren Status klammern.

Da gibt es einen Zeit-Redakteur, der unter Berufung auf die übrigens verfassungswidrigen Corona-Ausgangssperren überlegt, ob denn die Unverletzlichkeit der Wohnung tatsächlich so hochgehangen werden muss, wenn es darum geht, jetzt Energie zu sparen.

Natürlich geht es dabei nicht nur um die Reichen. So viele private Poolbesitzer gibt es auch im Westen nicht (weshalb Privatpools beim Gasverbrauch eine kaum messbare Rolle spielen).
Ein Ökonomieprofessor der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin erweitert den Gedanken noch etwas.

Wenn der Temperaturkontrolleur grundsätzlich durch die Tür darf, dann liegt es nahe, nicht nur die wenigen Pools, sondern gleich die vielen Heizungen der Bürger zu kontrollieren.

Der Chef der Bundesnetzagentur mahnt die Bürger, sie hätten im September wieder mehr Gas verbraucht, und gibt ein Einsparungsziel von 20 Prozent vor, das vielleicht sogar erreicht wird, wenn noch mehr Bäckereien und andere Betriebe schließen.

Die beiden grünen Bundestagsabgeordneter Katharina Dröge und Sven-Christian Kindler gehen das Problem des Wohlstands grundsätzlich an. “Großer Reichtum fördert einen verschwenderischen Luxuskonsum, der einen ebenfalls nicht nachhaltigen Statuskonsum der Mittelschichten nach sich zieht”, stellen die beiden jeweils mit monatlich 10 323,89 Euro plus 4 583,39 Euro besoldeten Volksvertreter in einem Positionspapier fest: “Vermehrte lange Flugreisen, große, schnelle Autos und exotische Lebensmittel zu jeder Jahreszeit sind nur einige Beispiele für ein unökologisches Konsummuster der Eliten, das in Deutschland, aber auch in aufstrebenden Schwellenländern immer öfter kopiert wird.”

Ein Land, aus dem nicht jeder einfach so wegfliegen konnte, in dem die Autos nicht besonders schnell fuhren und Südfrüchte nur ab und zu in den Geschäften lagen, gab es auf deutschem Boden schon. Diese Art der Gesellschaftsorganisation war am Ende kein Publikumserfolg, was die beiden Bürgererzieher nicht davon abhält, noch einmal einen ähnlichen Versuch zu starten.
Auch die Argumentation gegen feindlich-negative Widerworte steht schon bereit.
Ein Soziologe von einem Institut, das zu der Amadeu-Antonio-Stiftung gehört, der von einer früheren Stasi-Zuträgerin gegründeten Staatsvorfeldorganisation (was aber der Deutschlandfunkhörer alles nicht zu wissen braucht) erklärt in dem öffentlich-rechtlichen Sender, warum die Regierung gut daran tut, Proteste gegen den Wohlstandsverlust schon vorab als rechts und illegitim zu erklären.

Von der Regierung bezahlter Soziologe hält Regierungskritik am Bürger für begründet – so lautet die Krisenberichterstattung in einem progressiven Gebührensender. Egal, ob Zutrittsforderungen für Temperaturkontrolleure oder die Stigmatisierung kommender Proteste, die Botschaft lautet jedes Mal: In der Krise stellt nicht etwa die illusionsgeleitete Politik und der daraus folgende Schlamassel das Problem dar, sondern der Bürger. Er tut zu wenig. Er murrt zu viel. Er hält an seinem Überkonsum fest. Er zweifelt an der Regierung, die ihn doch schon mit seinem Steuergeld entlastet, wo sie nur kann. Regierung, Medienvertreter und Stichwortgeber aus Institutionen haken sich in diesen Krisenzeiten so autoritär unter, dass es dem einen oder anderen älteren Ostdeutschen urvertraut vorkommt. Ganz nebenbei, der Aufstieg der Amadeu-Antonio-Stiftung illustriert augenfällig, dass die aktuellen politisch-medialen Eliten nicht etwa die Skepsis vieler Ostdeutscher gegen Erlösungsutopien als wertvolles Erbe der DDR ansehen. Sondern die Methoden, um diese Skepsis niederzukämpfen.

Von Leuten, die von Temperaturkontrolleuren in Wohnungen, Reisegenehmigungen, Gasspar-Plankennzahlen und Südfrüchtezuteilung träumen, muss sich in Zukunft kein Ostdeutscher auch nur ein Jota Demokratiebelehrung anhören.

Und diese Konstellation führt zum vierten Vorteil der älteren Bewohner neuer Krisenländer. Die Argumentation vieler Verzichtsprediger, die diese Krise als Chance loben – als Chance zumindest, ein Buß- und Mahnbuch zu verkaufen – prallt an den allermeisten DDR-erfahrenen Ostdeutschen wirkungslos ab. „Wir können mit Begrenzungen, wenn sie kommen, sehr kreativ umgehen“, erklärt beispielsweise die Transformationsforscherin und Sachbuch-Mitautorin Göpel im „Bayerischen Rundfunk“ dem berühmten Wir: „Oder wir können sauer darüber werden, dass mir irgendwer mein Spielzeug wegnimmt. Aus meiner Sicht wäre es super, wenn wir zu einem spielerischen, innovativen Umgang kämen, anstatt uns alle so aufzuführen, als wären wir 12 Jahre alt.“

Wie sie sich den spielerischen, innovativen Umgang mit Wohlstandsverlust vorstellt, skizziert Göpel in einem Interview, das in der der Septemberausgabe des Branchenmagazin „Journalist“ nachzulesen ist. Begriffe wie „Wohlstand“, „Konsum“ und „Wachstum“, lehrt sie dort, müssten „entglorifiziert“ werden, um die Gesellschaft „aus der Panikzone des Verlustdenkens“ herauszuführen. Mit ihrem letzten Buch „Unsere Welt neu denken“ von 2020 verdiente Göpel dank intensiver Bewerbung in öffentlich-rechtlichen und anderen Medien nach groben Schätzungen 270 000 Euro, die sie allerdings mit einem damals nichtgenannten Ghostwriter teilen musste. Das Zweitbuch mit ihrem Namen, diesmal mit erwähntem Co-Autor, erscheint dieser Tage. Praktisch nie findet sich irgendwo ein westdeutscher Verzichts- und Kargheitsprediger oder -predigerin mit einem Monatseinkommen unterhalb von 10 000 Euro.
In dem „Journalist“-Interview fordert Göpel übrigens auch einen „konstruktiven Journalismus“, der in Wirklichkeit in vielen Redaktionen längst existiert, angesichts der Krise aber offenbar noch viel, viel konstruktiver ausfallen muss.

Einschlägige Appelle, spielerisch den eigenen Wohlstand in die Tonne zu treten zielen psychologisch auf einen bestimmten Punkt, nämlich die Glücksscham. Das Gefühl, das sehr relative Glück eines normalen mitteleuropäischen Wohlstandes eigentlich gar nicht zu verdienen, ist in Westdeutschland tatsächlich verbreitet. Dazu hat der Pietismus seinen Teil beigetragen, aber auch die durchaus zutreffende Wahrnehmung, nach 1945 im Vergleich zu den Ostdeutschen sehr glimpflich davongekommen zu sein. Diese Glücksscham existiert im Osten allerdings höchstens in Spurenelementen, genauso wie der von Hermann Lübbe so bezeichnete Sündenstolz.

Abgesehen davon, dass der Pietismus im Osten nie heimisch war: Von unerwartetem und unwahrscheinlichem Glück war und ist die Gegend östlich der Elbe seit mehreren Generationen nicht gezeichnet. Dafür gibt es eine um so höher entwickelte Empfindlichkeit, wenn führende Mandarine erklären, der gesellschaftliche Fortschritt hänge davon ab, dass die Bürger das dafür passende Bewusstsein entwickeln, in diesem Fall dafür, die Panikzone des Verlustdenkens endlich zu verlassen. Viele politisch in Ostdeutschland Sozialisierte kennen noch den luziden Satz von Heiner Müller: „Früher bestimmte das Sein das Bewusstsein. Im Sozialismus ist es umgekehrt.“

Auch den konstruktiven Journalismus, der gerade in schlechten Zeiten Kritik am Bürger übt und Gold zu Narrativstroh spinnt, kennen diese Leute aus Erfahrungen. Sie meiden ihn. Zumindest folgen sie seinen Anweisungen nicht.
In dieser Krise verfügen nicht alle, aber viele DDR-Erfahrene über einen Vorsprung durch Abwehrtechnik.
Skepsis gehört in Krisenzeiten zu den wertvollsten Ressourcen.

 

 

 

 


Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.


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17 Kommentare
  • Oskar Krempl
    6. September, 2022

    Eine Tragödie sondergleichen, aber letztendlich die Wiederauflage und finale Umsetzung des Morgenthau-Plans unter anderem Namen. Wenn man zulässt, daß alles mit Einem gemacht wird, wird auch alles mit Einem gemacht werden.

  • TinaTobel
    6. September, 2022

    Glücksscham ist ein sehr, sehr gutes Stichwort.
    Dabei ist das Fiese an der Glücksscham ihre Wirkungsweise: Von Glücksscham befallene Mitbürger bauen nicht etwa ihren eigenen Wohlstand ab, indem sie zum Beispiel in eine kleine Wohnung ziehen, keine Urlaubsreisen mehr unternehmen, kalt duschen, ihr Auto abschaffen und alles, was über das Existenzminimum hinausgeht spenden. Dagegen wäre gar nichts einzuwenden. Aber das alles tun sie nicht. Denn sie wollen ihre Glücksscham loswerden, ihr Glück und ihren Wohlstand aber behalten.
    Deshalb versuchen die an Glücksscham Leidenden dieses unangenehme Gefühl anders loszuwerden, nämlich indem sie durch Wahlentscheidungen, Stimmungsmache und gefühlskalte Zustimmung dafür sorgen, dass der Wohlstand anderer Menschen vernichtet wird, – wenn sie nicht gleich in Politik und Medien gehen, um einen noch aktiveren Beitrag zur Verelendung anderer Menschen zu leisten.
    Sie wollen glauben, ihr eigener Wohlstand sei gerechtfertigt, weil sie den Wohlstand anderer anprangern, bekämpfen und zerstören.
    Eine Idee davon, wie sie mit ihrem eigenen Glück umgehen könnten, ohne anderen zu schaden, haben sie leider nicht.

    • ToNo
      6. September, 2022

      Absolut richtig! Gehört wohl zum Allzumenschlichen.

      Vielen Dank an Herrn Wendt für diesen wieder großartigen Text!

    • Albert Schultheis
      6. September, 2022

      Die Ossis tun mir am meisten leid! Nach der verdient geglückten, der glücklichsten Revolution, die es je auf deutschem Boden gegeben hat, kam der Griff ins Klo mit dem Westen. Gerade die russischen Besatzer losgeworden – sie gingen einfach so vom Acker – vereinnahmten die Amis bereits das ganze Land. Und nicht nur das, sie zogen weiter mit ihren Waffen, der CIA und kaputten Typen wie dem Hunter Biden und der Victoria Nuland nach Polen, ins Baltikum und schließlich in die Ukraine bis vor den Lattenzaun der Russen. Von dem Regen in die Traufe – from the fire into the frying pan. Den Wessis hingegen (bin selber einer) wünsche ich Einen voll in die Fresse! Merkel, Robert, Annalena, Kathrin, Claudia und Ricarda, die haben wir uns redlich verdient. Insbesondere meine Generation hat auf eine erschütternde Weise versagt. Durch Dummheit, Arroganz und Hybris. Ich bin von meinem Land, von meinem Volk angewidert, bedient für den Rest meines Lebens. Selbst die Generation unserer Väter, die damals in der Wehrmacht für Adolf in den Krieg ziehen mussten, waren im Vergleich zu uns charakterliche Giganten.

      • Frank Frey
        7. September, 2022

        Lieber Herr Schultheis,
        es ist ja nicht so, daß „die Ossis“ (bin selber einer) zum Mauerfall die Reform der SED gewollt hätten, welche man ihnen verwehrte und der hinterhältige Westen sie mittels McDonalds, CocaCola, CIA und Milliarden US-Dollar (sagen wir 5 Milliarden) korrumpiert hätte. Nein, die Ausdehnung der NATO und der EU geschah freiwillig. Der Osten wollte (bis heute) Turnschuhe, Hollywood und Mitbestimmung.
        Was Sie da schildern, ist nicht die Provokation des Westens gegenüber Russland, sondern Ihre (verständliche) Enttäuschung über die USA, die dabei sind, sich selbst zu zerfleischen. Das kann man bedauern und ein demokratisches System bedeutet ständig Arbeit. Aber ich kann Ihnen Mut machen: Der Westen ist weiterhin industriell führend und sein Modell ist außerordentlich attraktiv für Menschen.
        Mit vortrefflichem Gruß!

        • Albert Schultheis
          9. September, 2022

          Du lieber Himmel, Herr Frey,
          Der Westen mag “weiterhin industriell führend” sein, aber der Beitrag des einstigen Exportweltmeisters Deutschland wird von Tag zu Tag bedeutungsloser und das Modell ist tatsächlich noch weiterhin attraktiv, aber nur für diejenigen, die hierherkommen und keinerlei Beitrag leisten können oder wollen. Die anderen ziehen höchstens durch Deutschland durch, um schnellstmöglich nach USA, Kanada oder Australien zu gelangen. Schlimmer noch: viele wenden sich angeekelt ab vom einstigen Erfolgsmodell “Demokratie und Freiheit”.

  • Alexander Peter
    6. September, 2022

    Ob die Ostdeutschen wirklich resilienter sind als die “Wessis” weiß ich nicht.
    Klar scheint, dass viele der im Westen Geborenen immer noch mental der alten “Bonner Republik” anhängen und an deren damaligen Verheißungen oder Projekte glauben.
    Die “Berliner Republik”, und speziell ihre Ausprägung der letzten zehn Jahre, hat aber sichtlich nicht den durchschnittlichen Bürger im Blick, der hier geboren wurde und, pars pro toto, sein Leben selbst gestalten und seine Probleme eigenhändig lösen möchte. Sie bekämpft dessen Lebensentwurf eher.
    Allerdings ist das Angebot an bürgerlicher, rationaler, sachorientierter, Politik in diesem Land mittlerweile eher marginal.
    Die “Grünen”, die defacto mit einem bescheidenen Wahlergebnis die Politik dieses Landes beherrschen, werden den Niedergang möglicherweise moderieren und beschleunigen (und die 10.000 Euro Gehaltsklasse der “Tonangebenden” begrüßt ihn, solange die eigenen Pfründe gesichert sind).
    Aber wo die Nacht am finstersten ist, soll die Morgenröte nicht weit sein.
    Das “grüne Paradies” wird, wie alle anderen Versuche dieser Art, wenn nicht an inneren Widersprüchen und Konflikten, so doch an Geldmangel zugrunde gehen.

    • Werner Bläser
      7. September, 2022

      Wie kommt es denn, dass “das Angebot an rationaler, sachorientierter Politik” so geschrumpft ist? Das ist doch die eigentliche casus-knaxus-Frage. Und da sehe ich als alter Sack eine sehr lange andauernde, im Grunde in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts beginnende Entwicklung.
      Mit steigendem Wohlstand im Westen entwickelte sich ein gesellschaftlicher Trend, erst nur vereinzelt in kleinen linken Kreisen verwurzelt, dass die Konsumgesellschaft irgendwie schlecht sei, weil sie geistige und moralische Werte vernachlässige – vielleicht erinnern sich einige an die “Kaufhausbrandstiftungen am 2.4.1968 (so nachzuschlagen in Wikipedia) durch linke Revoluzzer. Konsumtempel waren objektgewordene Feindbilder. Es gab schon damals Forderungen nach Konsumverzicht, wohl dadurch teilweise erklärbar, dass erkennbar der Wohlstand im kommunistischen Teil Deutschlands sehr viel niedriger war als im Westen, und daß dies für Kommunisten peinlich war; also mussten Wohlstand und Konsum als solche verteufelt werden.
      Auf das richtige Bewusstsein (heute würde man sagen: “Haltung”) komme es an.

      Der öffentliche Diskurs bewegte sich langsam, aber stetig immer weiter weg von rationalen Argumentationsmustern hin zu moralisierenden. In der Schulpolitik verbreiteten linke Pädagogen die These, dass dem Spezialistentum und der “Fachidiotie” im Bildungswesen zu viel Raum zuungunsten von “sozialen Kompetenzen” eingeräumt werde. Deshalb seien große Teile der Arbeiterschaft an den Universitäten unterrepräsentiert.
      Also erleichterte man die Lehrpläne und die Zugangsvoraussetzungen für die Unis. Das ging einher mit explodierenden Zahlen im Bereich der Sozialwissenschaften (“Geschwätz-Wissenschaften”). Blumige Theorien und moralisierende Exkurse fraßen sich zunehmend in die öffentlichen Diskurse. Erleichtert wurde diese Entwicklung durch eine Art “Gresham’s Law of debate”: Bad debate drives out good debate.
      Der Hintergrund dieser – fast soziales Naturgesetz zu nennenden – Erscheinung ist, dass es sehr viel einfacher ist, zu moralisieren, als sich Fachwissen anzueignen. Sich auf ein Predigerpodest stellen und Moralpredigten halten kann schließlich auch der einfältigste Geist. Sogar ein Kinderbuchautor schafft das.
      So wurde der Grundstein gelegt für unsere heutigen Gretas und Luisa Neubauers, unsere ganzen grünen Verzichts- und Weltrettungspropheten, die mit fast jeder Art von Faktenrealität auf Kriegsfuß stehen. Und so haben wir heute “Energie-Experten”, die noch bis vor ganz kurzer Zeit die Idiotie verbreitet haben, wir hätten kein Strom-, sondern nur ein Wärmeproblem (zuletzt vor einigen Wochen auf N-TV).
      Und so haben wir einen Wirtschaftsminister, der ganz genau weiß, dass Kernenergie das absolute Böse ist, aber keine Ahnung hat, was eine Insolvenz ist.
      Der Niedergang von Staaten beginnt im Bildungswesen.

      • Dr. W. Manuel Schröter
        10. September, 2022

        Ja. Unbildung hat sich ausgebreitet: “Ausbildung” mag bei manchem angekommen sein, aber “humanistische und naturwissenschaftliche” sowie “allgemeine” Bildung sind in buntem Geschwurbel verloren gegangen. Nicht nur im Westen. Das führt zu allem, was heute geschieht…

  • A. Iehsenhain
    6. September, 2022

    Wahrscheinlich täte den Westdeutschen z. B. ein bisschen sächsische Sturheit ganz gut. Die Sachsen waren die letzten Germanen, die sich dem Kreuz unterwarfen und viele davon wählten eher den für sie tödlichen Schwerthieb, anstatt zu konvertieren. In der Reformation kehrten sie den Peinigern von einst dann den Rücken und spalteten sich als eigene Kirche von ihnen ab (wobei der Westen des heutigen Deutschlands auch teilweise mitmachte). Protestanten brachten (z. B. in Leipzig) die DDR mit zu Fall. Daher teile ich Herrn Wendts Einschätzung, dass durch solcherart lange historische Peinigung der Osten ein dickeres Fell entwickeln konnte. Was jenen Herrn Dullien angeht – er ist nicht nur Spezialist für neue Bußgeldfetische, sondern auch für Denglisch, was er mit seinem “Schwimmingpool” beweist. (P. S. : Bzw. hat er das nur von anderen Dengländern übernommen)…

  • Thomas
    7. September, 2022

    Wer sich wundert, der ist heute selber schuld

    *„Früher bestimmte das Sein das Bewusstsein. Im Sozialismus ist es umgekehrt.“*

    So ist es. Debatte war gestern, heute marschiert die „Gerechtigkeit“.

    Ich halte die so genannten „Grünen“ für eine in der Wolle gefärbte linksgrüne Bewegung, die bisher genau das geliefert hat, was ihre Wähler während ihrer „Gerechtigkeits“-Räusche bestellt haben: Grünen Faschismus. Und so lange die so genannte „Union“ und die so genannten „Sozialdemokraten“ die Ziele dieser Leute mittragen und mit ihnen koalieren, so lange wird das so weitergehen. Es gibt kein Zurück (bekanntlich gibt es in der Geschichte kein „Zurück“).
    https://www.spiegel.de/politik/die-bruesseler-republik-a-3d75c854-0002-0001-0000-000015317086

    Diese Leute sitzen heute in sämtlichen Gremien der Republik. Das reicht vom Bundesverfassungsgericht bis hinein in die Straßenkreuzer-Redaktion.

    Nach meinem Dafürhalten sind die so genannten „Grünen“ keine Partei, sondern eine Bewegung. Und zwar eine faschistische. Diese Bewegung schützt die Umwelt, indem sie nichtgrünen Menschen schadet und das als „Gerechtigkeit“ verkauft; und das tun diese Leute „koste es, was es wolle“. Da wird „umverteilt“, daß es im Grundgesetz nur so raucht. Aggressiv und kämpferisch.
    Wenn diese Leute an der Macht sind, dann haben sie für den mühsamen Parlamentarismus der Demokratie West (Verhandlung, Delegierte) im Grunde nur ein „How dare you!“ übrig.

    Übrigens sind die „Wir“-Österreicher schon einen grünes Stückchen weiter als … wir:
    „Ein ganz besonderes Kleinod bildete seine Ankündigung, demnächst alle Frauen des Landes darum bitten zu wollen, Kopftücher zu tragen, um damit ein Zeichen gegen die angeblich grassierende Islamophobie zu setzen.“
    https://ef-magazin.de/2022/09/06/20116-bundespraesidentenwahl-oesterreich-waehlt-sein-kaiser-surrogat

    Eine Bitte kann man ja schließlich (noch) ablehnen. Aber da der Schleier vor der Nase schon da und das Händeschütteln verpönt ist, dann ist das “freiwillige” Kopftuch wohl konsequent – um ein „Zeichen zu setzen“. Ein „grünes“ (lach).
    Widerspruch? Gar aus den “öffentlich-rechlichen”? Soviel zum “konstruktiven Journalismus” der Göpels dieser Welt.

    Nach meinem Dafürhalten, sind so genannte „Grüne“ keine Demokraten – jedenfalls keine Demokraten West. Demnach stellt sich also die Frage, wieso das einen so genannten „Verfassungsschutz“ nicht juckt. Vermutlich ein Krampf im Nacken, beim „Blick nach rechts“. 🙂
    Vielleicht hilft da ja Cannabis. Die rote Sorte. Wohl bekomm´s.

    • Werner Bläser
      8. September, 2022

      Ich würde sogar noch weiter gehen. Die deutschen Grünen sind keine Bewegung, sie haben deutlich den Charakter einer Sekte. Typisch für Sekten ist, dass sie sich von jeder logischen Erwägung abkoppeln. Was die österreichischen Grünen angeht, so haben Sie Recht, da gibt es einige besonders irre, wie den Staatspräsidenten. Aber insgesamt sind die Grünen dort bei weitem nicht so ideologisch verbohrt wie bei uns. Das sind sie eigentlich nirgendwo. Deutschland hat ein Alleinstellungsmerkmal darin, dass es die “stalinistischsten” Grünen europaweit hat und dass fast alle anderen Parteien dieser Sekte geistigen Tribut zollen. Wie sehr z.B. die CDU vergrünt ist, kann man an vielen Positionen z.B. von Wüst und Günter sehen.
      Aber es sind nicht die Politiker, die Schuld haben. Es sind die Wähler.
      Denn der grüne Ungeist ist tief in Deutschland verwurzelt ; vielleicht hat es letztlich mit dem germanischen Erbe zu tun, das sich von der Anbetung von Bäumen über die Erfindung des Weihnachtsbaums bis zum modernen Naturfetischismus erhalten hat. Man sollte das nicht apriori als weit hergeholt abtun, politische Kultur ist oft extrem langlebig – viele politische Probleme z.B. in Italien gehen bis auf das Langobardenreich zurück.
      Kein Missverständnis bitte: auch ich liebe Natur und will kein Gift in meinem Essen. Aber für mich hört es da auf, wo legitime politische Ziele ver-religionisiert und ent-rationalisiert werden.

      • Thomas
        9. September, 2022

        Embedded Journalism

        *Aber insgesamt sind die Grünen dort bei weitem nicht so ideologisch verbohrt wie bei uns. Das sind sie eigentlich nirgendwo.*

        Aber nein, es ist doch auch in Österreich das Gleiche. Die Bewegung marschiert auch dort durch die Institutionen. Im Grunde ist so etwas nur eine Frage der Finanzierung und journalistischen Unterfütterung. Natürlich auch in Österreich.

        Beispielsweise hielt der heutige Vizekanzler der Republik Österreich am 16. Dezember 2010 eine Filibuster-Rede, trotz einer vorab vereinbarten unverbindlichen Redezeit von jeweils 2,5 Minuten. Seine Rede begann um 13:18 Uhr, sie dauerte 12 Stunden und 42 Minuten an und endete um exakt 2:00 Uhr morgens mit den Worten: „Das ist eigentlich schon alles, was ich sagen wollte. Das soll’s gewesen sein. Wir sind gespannt, ob Sie unsere dargebrachten Vorschläge aufnehmen werden.“
        https://de.wikipedia.org/wiki/Werner_Kogler
        Diese Leute haben erkannt, daß sie ihre Gegenüber einfach nur permanent in Grund und Boden quatschen müssen, dann folgt alles wie von selbst dem Druck. Immerzu. Die Grünen reden permanent und aus allen Kanälen des Landes, weil sie mit dem Zuhören ein grundsätzliches Problem haben. Das machen Grünfaschisten deshalb so, weil Gegenrede die Bewegung stören würde. Die Lebensgefährtin dieses Herrn ist übrigens Mitglied des Bundesvorstands der „Grünen Wirtschaft“ in Österreich.

        *Deutschland hat ein Alleinstellungsmerkmal darin, dass es die “stalinistischsten” Grünen europaweit hat und dass fast alle anderen Parteien dieser Sekte geistigen Tribut zollen. Wie sehr z.B. die CDU vergrünt ist, kann man an vielen Positionen z.B. von Wüst und Günter sehen.*

        Nun ja. (…) Im Dung dieser grünfaschistischen Bewegung wächst eben so manche grüne Blume heran. Natürlich auch in der CSU. Wenn staatliche Stellen an ihren besonders „fortschrittlichen“ Stellen allerdings damit anfangen, mit Neostasi-Organisation (Neostazi) in Sachen Gesellschaftspolitik zusammenzuarbeiten, dann hört für mich der grüne Spaß auf, dann ist das nicht (mehr) mein Land. Heute haben diese „Wir“ aus meinem Land ein Gebilde gebastelt, in dem der Pfeffer wächst. Das Spiel mit den Schmuddelkindern gilt nur mit grünen Brillen als schick.

        *Kein Missverständnis bitte: auch ich liebe Natur und will kein Gift in meinem Essen. Aber für mich hört es da auf, wo legitime politische Ziele ver-religionisiert und ent-rationalisiert werden.*

        Das geht mir auch so. Keine Debatte, keine Chance: Wer heute nicht grün tickt, dem dichtet die Bewegung im Grunde einen Hang zum Nationalsozialismus (“Faschismus”) an. Daß die Republik mit den so genannten „Grünen“ heute aber die RAF in ihren Knochen hat, juckt den so genannten „Verfassungsschutz“ anscheinend nicht die Bohne.

        Mit ihren politischen Tricks machen die Grünen seit Jahrzehnten Politik, und diese steht im Parlament heute in voller Blüte da. Wozu braucht es da eigenen Strom: Es braucht „Embedded Journalism“ – wie im Irak. Und das, lieber Herr Bläser, reicht weit zurück. Bis weit hinter die Ägyptischen Hieroglyphen.

        In dieser Lage kann ich die ehrenhafte Arbeit des Herrn Wendt nur bewundern und loben.

        Mit freundlichen Grüßen
        Thomas

  • V. Brenner
    7. September, 2022

    Mögen die reichen Verzichtsprediger (etwa “unsere” Regierenden und Bundestagsabgeordneten) doch freiwillig mit gutem (?) Beispiel voran gehen und sich in diesem Winter von unangemeldeten Kontrolleuren aus der Zivilgesellschaft überprüfen lassen, ob sie ihre Pools noch beheizen und ihre Wohnungen nicht wärmer als 19 Grad sind. Denn denen, die alles aus der Portokasse bezahlen können – auch brutal hohe Energiepreise – , dürfte der Verzicht auf Wärme wohl am schwersten fallen und folglich die Gefahr der “Wärmeverschwendung” am größten sein. Mit anderen Worten: “Die reichen Regierenden” müssen zum Wohle des Klimas besonders scharf und besonders oft kontrolliert werden. Ich melde mich schon mal freiwillig als Kontrolleur. 😉

    Ich denke, dass es gar keinen Sinn macht, armen Haushalten Wärme- und Strom-Kontrolleure auf den Hals zu hetzen. Wer am finanziellen Limit lebt, wird ohnehin besonders sparsam mit Energie umgehen (müssen), nicht aus ideologischen, sondern aus Kostengründen.
    (Und wozu wird das Wärme-Sparen führen: in vielen Fällen wohl zu Schimmel in den Wohnungen, der dann selbstverständlich von den “reichen Eigentümern” (Vermietern) auf deren Kosten zu entfernen ist.)

  • Jürg Rückert
    9. September, 2022

    “Ich bin der Bestimmer!”, sagt das trotzige grüne Kind und stampft auf. Seine Eltern, ja ein ganzes Volk, eilen hilflos hinter ihm her.
    Die BRD saugt sich kurz vor ihrem wirtschaftlichen Ableben noch voll mit einem explosiven Mix Entwurzelter aus allen Armutsregionen der Welt. Der Leichenschmaus muss mangels Substanz ausfallen, was blutige Krawalle zeitigt.

  • pantau
    14. September, 2022

    Das primäre Problem Deutschlands ist der sogenannte öffentlich rechtliche Rundfunk, der eine mit unbegrenzten Mitteln ausgestattete Ideologieschleuder ist. Die Mutter aller Ideologien ist die quasi auf Zahnstochern (Modellrechnungen) ruhende These vom großen menschlichen Anteil am Klimawandel. Gibt man dieser These nach oder lässt sie beiseite, was auf stillschweigende Zustimmung hinausläuft, dann gibt es keine Frage der Zumutbarkeiten oder Richtungsentscheidungen, sondern nur noch eine Dimension: den Feuertod und die Frage der Tapferkeit, seine Vermeidung selbst unter größten Verlusten zu erwirken. Es gibt meines Wissens kaum ein kritisches Medium, was diese Klimathese infrage stellt. Science files fällt mir da ein, leider kein zweites Medium. Kippt man diese blasierte Klimathese, kippt auch jedes Argument dieser vieldimensional destruktiven Politik und Medienideologie. Die Ideologie ist jedoch mittlerweile so mächtig geworden, dass selbst schärfste und souveränste Kritiker an den Verhältnissen eine geradezu heilige Scheu vor dem Vorwurf des Klimaleugnertums entwickelt zu haben scheinen. Pardon, etwas am Artikel vorbei kommentiert, wenn auch nicht vollständig, wie ich glaube. Was ich besonders entsetzlich finde, ist dass eine Sorte Kotzbrocken ich glaube seit dem Coronaverordnungswahnsinn Oberwasser bekommen hat.

    • Thomas
      19. September, 2022

      Ganz im Gegenteil!

      Was Sie scheiben,
      ist ganz und gar nicht am Artikel vorbei kommentiert. Natürlich kann der Hinweis auf die Betätigung des sogenannten öffentlich rechtlichen Rundfunks am Umbau der Demokratie West mithilfe einer Klimahysterie (aufgrund von Thesen) die Problematik nicht vollständig kommentieren. Natürlich nicht. Da wären ja beispielsweise noch die Bundeszentrale für politische Bildung
      https://www.publicomag.com/2022/09/im-land-der-dummen-baecker/
      oder gewisse Nebenregierungsorganisationen (NGO) in den Beratergremien der Bundesregierung. Die Arbeitsteilung beim Betören der Bewohner mithilfe selektiver Gedächtnisverluste und selektiver Zukunftsvisionen an entscheidender Stelle ist ja der Trick an der Sache.

      Eine gewisse Sorte Kotzbrocken sitzt heute tatsächlich
      gemütlich und mit riesengroßen Zeigefingern versehen
      im Netz eines „friedlichen Miteinander unter größten Verlusten“,
      kommt mit den Gegensätzen der Kinder- und Erwachsenenwelt nicht zurecht
      und macht seinen Mitmenschen aus ideologischen Gründen
      das Leben zu Hölle, wo es nur geht. Das darf so nicht bleiben.

      So langsam regt sich wirklicher Widerspruch gegen die herrschende Ideologie im Lande.
      https://www.publicomag.com/2022/09/aufruf-zum-weiterbetrieb-der-kernkraftwerke-atomdebatte-kommt-in-den-bundestag/
      Zaghaft noch.

      Wer schuld ist, der sollte das in Maßen büßen.
      Die den Wohlstand des Landes spielerisch in die Tonne treten,
      die haben es aus anderen Gründen verdient,
      dass ihre Namen festgehalten und genannt werden.
      https://www.publicomag.com/2022/09/die-luegen-der-luegenluegner/
      Das Motiv … und das Motiv hinter ihrem Narrativ.

      Nach meinem Dafürhalten ist das, was Sie scheiben,
      ganz und gar nicht am Artikel vorbei kommentiert. Gratuliere!

      Mit freundlichen Grüßen
      Thomas

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