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ZDF und Klima-Frame: auf Nachfrage keine Belege

Nach der Berichterstattung des ZDF über den Naturkatastrophen-Report der Munich Re für 2019 hatte Publico bei dem Sender nachgefragt, worauf er seine Behauptung stützt, der Report „bestätige“ die Erkenntnis des IPCC: „Die Zahl von Extremwetterereignissen nimmt weltweit durch den Klimawandel zu.“

Denn eine solche Aussage findet sich in dem Sonderbericht des IPCC zum Thema Klima und Extremwetter von 2018 gerade nicht. Abgesehen davon bestätigt der Report der Munich Re auch nicht, dass die Zahl der Extremwetterereignisse „durch den Klimawandel“ weltweit generell zunimmt. Publico hatte über diesen Medien-Frame berichtet.
Mittlerweile gibt es eine Antwort des Senders dazu. Die enthält einen Rechtfertigungsversuch – aber keinen einzigen Beleg der millionenfach auf heute.de verbreiteten Behauptung. In der Mail, die vom ZDF als „Hintergrundinformation, nicht als Statement“ gekennzeichnet ist, heißt es:

„Zu Ihren Fragen nach den Belegen für das, was zum Beispiel die Wissenschaftler des Weltklimarates IPCC schon länger feststellen: Der Autor hat sich unter anderem auf den Special-Report von 2018 bezogen, in dem beim bereits vorhandenen Ein-Grad-Szenario eine Zunahme von Extremwetterereignissen vermerkt ist. Auch im Special-Report „Climate Change and Land“ (August 2019) wird unter anderem auf die Zunahme von Hitzewellen und Dürren verwiesen. Eines der Zitate daraus: „The stability of food supply is projected to decrease as the magnitude and frequency of extreme weather events that disrupt food chains increases“ Und auch der Special-Report über Ozean und Kryosphäre (Zusammenfassung), ebenfalls 2019, liefert weitere Aussagen dazu.“

Das Zitat bezieht sich allerdings, wie unschwer zu erkennen, erstens auf etwas ganz anderes, nämlich die mögliche Auswirkung von Extremwettern auf die Stabilität der Lebensmittelversorgung. Und zweitens auf die Zukunft. Die vom ZDF behauptete Aussage des IPCC soll sich dagegen erstens auf einen ausdrücklichen Zusammenhang zwischen Klimawandel und der Zunahme von extremwetter-Ereignissen beziehen, und zweitens auf Vergangenheit und Gegenwart (also auf eine klimabedingte Zunahme, die schon stattgefunden haben soll).

Zu dem anderen Punkt („Zunahme von Hitze und Dürren“) liefert die ZDF-Redaktion weder ein Zitat noch eine Angabe, auf welchen Zeitraum sich diese Zunahme beziehen soll. Schon gar nicht ist von einer Klimakausalität die Rede.

Publico fragt also nach einem Beleg – das ZDF redet darauf von etwas völlig anderem. Vor allem geht der Sender nicht darauf ein, dass das IPCC in seinem Bericht 2018 ausdrücklich feststellt, dass seine Mitglieder Daten zu einem Zusammenhang zwischen Klimaveränderung und Extremwettern als sehr unzuverlässig einschätzen („low confidence“), und deshalb ausdrücklich keine Kausalität annehmen. Hier noch einmal die entsprechende Passage aus dem IPCC-Bericht:

„There is low confidence in any observed long-term (i.e., 40 years or more) increases in tropical cyclone activity (i.e.,intensity, frequency, duration), after accounting for past changes in observing capabilities. It is likely that there has been a poleward shift in the main Northern and Southern Hemisphere extratropical storm tracks. There is low confidence in observed trends in small spatial-scale phenomena such as tornadoes and hail because of data inhomogeneities and inadequacies in monitoring systems.“

Diese Aussage hatte Publico in seiner Anfrage dem ZDF entgegengehalten. Der Sender geht in seiner Antwort nicht darauf ein. Außerdem heißt es aus der Redaktion:

„Der IPCC beruft sich auch auf die World Meteorological Organization (WMO), die den Zusammenhang herstellt: “On a day-to-day basis, the impacts of climate change play out through extreme and “abnormal” weather. And, once again in 2019, weather and climate related risks hit hard. Heatwaves and floods which used to be “once in a century” events are becoming more regular occurrences. Countries ranging from the Bahamas to Japan to Mozambique suffered the effect of devastating  tropical cyclones. Wildfires swept through the Arctic and Australia, said Mr Taalas.“

Der Weltmeteorologie-Verband ist allerding nicht das IPCC, von dem das ZDF gesprochen hatte. In dem entsprechenden Zitat heißt es „on a day-to-day-basis“. Auf einer Basis von Tag zu Tag lässt sich allerdings alles einschließlich des Gegenteils nachweisen. Wer einen Sonnentag und eine darauffolgende Regenwoche zu einem Zeitraum zusammenfasst, kann etwa spielend eine Zunahme des Regens nachweisen. Klimaentwicklungen werden deshalb mindestens in 30-Jahres-Zeiträumen betrachtet.

Die Behauptung eines direkten Zusammenhangs zwischen Klimaerwärmung und Buschfeuern in Australien im Jahr 2019 wirkt außerdem einseitig und verkürzend. Als Hauptursache für die Buschbrände gelten Blitzschläge, außerdem spielt der Verzicht auf die Rodung von Unterholz eine große Rolle. Die Polizei ermittelt auch in einigen Fällen von Brandstiftungsverdacht.

Fazit: Das ZDF kann seine Behauptung eines Zusammenhangs zwischen Klimaveränderungen und Extremwetter-Ereignissen auch auf Nachfrage nicht belegen, insbesondere die Darstellung nicht, der IPCC hätte eine solche Kausalität festgestellt.

 

 

Alexander Wendt: Weitere Profile:

Kommentare anzeigen (22)

  • Zitat: "Fazit: Das ZDF kann seine Behauptung eines Zusammenhangs zwischen Klimaveränderungen und Extremwetter-Ereignissen auch auf Nachfrage nicht belegen, insbesondere die Darstellung nicht, der IPCC hätte eine solche Kausalität festgestellt."

    Das Ziel der "Nachricht" war, dass sog "Autoritäten" wie der IPCC (angeblich) sagen:"„Die Zahl von Extremwetterereignissen nimmt weltweit durch den Klimawandel zu.“

    Darum und nur darum ging es bei der Mitteilung: Fake News vorsätzlich, also absichtlich, dem Millionenpublikum unterzujubeln. Der Coup ist den sog. "Nachrichtenmedien" bereits gelungen.

    Ihre Recherche in allen Ehren, Herr Wendt, aber die "Pferde haben bereits den Stall verlassen", will sagen, Ihre Wahrheit erfahren nur Wenige, gemessen an der Verbreitung durch den ÖRR, deren Zuschauer einer erneuten Fake News aufgesessen sind, ohne die Wahrheit zu erfahren.

    Darin liegt der eigentliche Skandal. Sie sehen, wie wichtig Ihre Arbeit ist.

    • Stimmt! Das ist das Dilemma! Und gleichzeitig ist es außerordentlich schwer, eine einmal "produzierte Wahrheit" bei der Masse an nachhhaltig Indoktrinierten mittels Fakten zu widerlegen. Sehr traurig, diese gesamte Situation....

  • "in einigen Fällen von Brandstiftungsverdacht."
    Einige Fälle? Sind es nicht etwa 180 bis 200 Leute, die deswegen in Haft sind? Siehe Danisch.

  • Lieber Alexander Wendt,
    gut, dass Sie dranbleiben! Ein "so ungefähr" bei Methoden und auf politische Wirkungen bezogenen Aussagen ist das Gegenteil seriöser Wissenschaft. Leider erlebe ich auch im Bekanntenkreis, dass bunte Bildchen, zackige Grafiken und kernige Behauptungen in der Wüste naturwissenschaftlicher Bildung jederzeit als Labsal gelten, wenn das Ego nach einem Bad im "Wir sind mehr" verlangt. Konformistan: Das Wellnessparadies fürs Bildungsprekariat.
    Gute Wünsche und Grüße

  • Sie leisten eine großartige Arbeit. Bleiben Sie uns bitte erhalten! Wohlan...

  • Nur so weiter! - Dann wird 2020 rund! - Das ist echte Kärrnerarbeit - Chapeau!

  • Wundert Sie das?? Inzwischen sind die ÖR von Objektivität so weit entfernt, dass man die Diskussion über den Status der Sender (öffentlich-rechtlich) ernsthaft diskutieren muss - vor allem im Zusammenhang mit den Zwangsbeiträgen, die ungefragt bei den Bürgern abgeschöpft werden. Ein Beispiel, dass praktisch jeden Tag zu beobachten ist: Was auch immer in der Welt passiert, wo es passiert und um welches Thema es sich handelt, grundsätzlich findet man als Interviewpartner entweder einen (m/w/d) der Grünen oder der Linken. Andere Parteien kommen bestenfalls gelegentlich zu Wort, die größte Oppositionspartei überhaupt nicht. Damit wird dem Zuschauer, also dem Bürger, ein breites Meinungsspektrum, das ja in praxi bei uns existiert, vorenthalten und er wird ungewollt einer permanenten einseitigen Beeinflussung ausgesetzt.

  • Vielen Dank für Ihre Hartnäckigkeit. Da zusätzlich in Betracht zu ziehen ist, dass das IPCC ja keineswegs ein Gral erlesener, um nichts als Objektivität bemühter Wissenschaft ist, verschlimmert sich die Verzerrung durch das Framing des ZDF noch weiter. Woher nur nehmen diese Leute ihren Auftrag, an den Menschen in diesem Lande nach welcher Agenda auch immer herumzumanipulieren? Und wer wird da endlich einmal für eine Normalisierung und die Fokussierung aufs Kerngeschäft sorgen? Ich jedenfalls will für diese anmaßenden Deppen nichts mehr bezahlen. Das sollen mal bitteschön die Leute tun, die sich gern bescheißen, unterbewerten und in ihrer Intelligenz beleidigen lassen.

  • BEWEISE - da kann man lange darauf warten. Übrigens Zeiträume von 30Jahren sind in keinster Weise aussagekräftig. 300-3.000 schon eher.
    Was man mit sicherheit sagen kann ist: dass die Abrodung der Wälder und das Zubetonieren von Flächen, das Städtebauer heute vollbringen, durchaus zur Erwärmung beitragen. Ca. 90 Mio Menschen im Jahr mehr mit all seinen Bedürfnissen und das ALLES zunehmend in Großstädten zusammengefercht entwickeln zusätzlich Wärme von mind. 5-7 Grad.
    NIEMAND hat ein Anrecht darauf in einer bestimmten Stadt zu leben. Sollten mal die Städteplaner bedenken, und nicht einfach ALLES zubetonieren. Gewerbegebiete sollten dahin, wo Arbeitskräfte vorhanden und nicht die Arbeitskräfte in die Gewerbegebiete karren. Beweise dafür liegen massenweise vor.
    Bereits vor 80 Jahren wurden Wälder der Ertragsgier angepasst. MISCHWÄLDER verschwanden. Fichte/Tanne wächst schneller - mehr Ertrag. HEUTE sind ganze Berge KAHL - Holz keinen Wert mehr - diese Politiker beflügeln die Fehlplanung jetzt mit Steuergeldern. ARD und ZDF sind (Schmarotzer) vor dem Herrn.

  • Danke, Herr Wendt. Mehr als Sie festgestellt haben, ist nicht zu sagen.
    Außer vielleicht: Die Masche mit dem Abspeisen durch das gewundene Geschreibsel von nicht aufeinander Bezogenem ist alt. Es ist nicht weit entfernt vom "In-die-Tasche-lügen".