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Ich bin eine Einzelblüte

Eine längere Antwort auf einen längeren Leserbrief

Lieber alter Bekannter,

zu meinem Text „Wenn Linke sich um Freiheit sorgen“ schreibst Du mir einen langen Brief. Ich zitiere ihn erst ganz. Dann folgt eine ebenfalls längere Antwort.

 


„Eine Zeit lang habe ich auf jeden Publico-Artikel hingefiebert. Ich dachte, Alexander, du wärst einfach ein cleverer Autor mit spitzer Feder, der die österreichische Schule und Ludwig von Mises verehrt, Polemiker von Karl Kraus bis Christopher Hitchens schätzt, Odo Marquard und Karl Popper gelesen hat und auf diese Weise etwas verkörpert, dass es in Deutschland äußerst selten gibt: eine echte liberale Gesinnung. Dass du, der ohne Zweifel besser schreibst als 95 Prozent der Journalisten links wie rechts, vor allem gegen links schießt, erklärte ich mir damit, dass ein bestimmter Typus Linksliberalismus in Deutschland die Diskursmacht im Sinne Gramscis innehat und du eben ein Gegenteils-Fex bist, einer, der Freude daran hat, gegen das tonangebende Milieu zu schießen.
 Doch so ist es nicht. Ich habe das zugegebenermaßen schon länger vermutet (seit ich deinem Facebook-Profil einen Besuch abgestattet habe), aber dieser Artikel war wie ein Offenbarungseid. Du wirst deinen eigenen erklärten Maßstäben nicht gerecht – tausend Blüten blühen zu lassen. Du bist längst zum Sprachrohr eines Milieus geworden, was du, wie anfangs erklärt, nie sein wolltest. Dein Liberalismus ist nur Posse – wie bei den meisten Deutschen und wie auch und gerade bei den sogenannten Linksliberalen. Ich glaube dir ja, dass du voller Überzeugung auf der Seite Israels stehst, eine „Haltung“, die für einen Mitte-Rechts-Intellektuellen derzeit nicht gerade originell ist (aber bei dir ist ja ohnehin vor allem die Form originell, gedanklich bist du längst Teil eines homogenen Milieus geworden). Aber wenn du tatsächlich liberal wärst, und hättest du irgendetwas aus dem 18. Jahrhundert gelernt, dann wüsstest du, dass es gerade darauf ankommt, respektvoll mit Meinungen umzugehen, die du NICHT teilst. Ich zum Beispiel glaube, dass sich viel Islamhass hinter Islamkritik versteckt – aber ich würde sofort konzedieren, dass es ebenso häufig vorkommt, dass berechtigte Kritik am Islam vorschnell als islamophob diskreditiert wird. Und ich setze mich dafür ein, dass diesen Stimmen mit Respekt begegnet wird. Du glaubst, dass sich viel Antisemitismus hinter Israelkritik versteckt – was ebenfalls stimmt –, aber du willst nicht die andere Seite sehen. Du vereindeutigst die Wirklichkeit genauso wie die Linken.
Dabei bringt Assmann – die ja auch mit Anhängern deiner Position, wie etwa Hans Ulrich Gumbrecht, gut befreundet ist; aber Gumbrecht ist halt auch wirklich liberal – gute Argumente: So hat der Bundestag “Arbeitsdefinition von Antisemitismus” der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) gekürzt. Darin heißt es: „Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich auch gegen den Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, richten. Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden.“ Die Bundesregierung hat diese Definition übernommen, aber ohne jede Begründung den letzten Satz gestrichen. Assmann kritisiert das zurecht: „Damit hat sich der Diskursraum verengt.“ Wenn Herr Salzborn vor wenigen Tagen twittert „Wenn im zug am nachbartisch die leute anfangen, ohne jeden grund auf “palästina” als thema zu sprechen kommen, ist es wahlweise zeit, auszusteigen, kopfhörer aufzusetzen oder sie anzuschreien. #antisemitismus“, wird auch bereits die bloße „grundlose“ Thematisierung „Palästinas“ (und ja, ich kenne das dümmliche Schild, das du auf Facebook geteilt hast, und die dümmliche bubble hat’s erfreut) als antisemitisch gekennzeichnet. Ich könnte weitere Beispiele nennen.
Du willst auf die linke Cancel Culture mit einer rechten Version reagieren? „Eine kurze, heftige Phase der Cancel Culture für alles orthodox Linke – und sei es nur aus Gründen der Symmetrie. Warum nicht die feste Wendung ‘die Antisemitismus-Relativiererin Aleida Assmann etablieren? Warum nicht jeden ihrer öffentlichen Vorträge mit ihren Zitaten aufmischen?“ Das ist erbärmlich, die Gesinnung eines Kleingeistes. Dein Spott hat nicht die Eleganz eines Böhm Bawerks (der über den Marxismus sagte: „ein äußerst kunstreich erdachtes, mit fabelhafter Kombinationskraft in zahllosen Gedankenetagen aufgebautes, mit bewundernswerter Geisteskraft zusammengehaltenes Kartenhaus“); sondern die Gehässigkeit eines unglücklichen Joseph de Maiestre. Der hat aber immerhin nie behauptet, liberal oder libertär zu sein.
Und wofür sollen wir eigentlich spenden – für das angeblich „libertäre“ Publico –, wenn du für jeden Text auch vom konservativen Magazin Tichys Einblick kassierst?
Mal sehen, ob ihr libertär genug seid, diese Kritik zu bringen.

Lieber Gruß, ein alter Bekannter.“


 

Lieber alter Bekannter,

vielen Dank für den Brief. Das Praktische zuerst, auch wenn es in Deinem Schreiben ganz zuletzt kommt: Nein, ich kassiere nicht für jeden Publico-Text, der auch bei Tichys Einblick erscheint, von dort noch ein Extrahonorar. Das wäre angenehm; es verhält sich allerdings so, dass ich für TE vor allem den Politikteil im gedruckten Magazin betreue und für TE Online eine ganze Reihe von Texten und Nachrichten verfasse, die nur dort erscheinen. Dafür erhalte ich einen festen monatlichen Betrag.
Meine Publico-Texte erscheinen dort als Zugabe. Ich danke an dieser Stelle noch einmal allen Unterstützern, die es möglich machen, dass ich eine Redakteurin bei Publico, die Autoren von Gastbeiträgen, Bernd Zeller und außerdem noch das Finanzamt bezahlen kann. Mir bleibt auch etwas davon übrig, das gebe ich zu. Mit den Einnahmen von Publico und TE zusammen verdiene ich wahrscheinlich etwas mehr als eine Kolumnistin bei Spiegel Online, halte das aber auch nicht für ganz und gar ungerecht.

Und nun zu dem eigentlichen Punkt Deines mit Lob eingekleideten Beschwerdeschreibens:

„Du wirst deinen eigenen erklärten Maßstäben nicht gerecht – tausend Blüten blühen zu lassen. Du bist längst zum Sprachrohr eines Milieus geworden, was du, wie anfangs erklärt, nie sein wolltest. Dein Liberalismus ist nur Posse – wie bei den meisten Deutschen und wie auch und gerade bei den sogenannten Linksliberalen.“

Ich fürchte, hier liegt ein Missverständnis vor. Meine Möglichkeiten sind begrenzt, tausend Blumen blühen zu lassen. Es gibt Gastbeiträge auf Publico, das meiste stammt allerdings von mir. Ich bin eine Einzelblüte. Das Publico-Motto ’Lasst tausend Blumen blühen’ – ein mit hoffentlich erkennbarer Ironie anverwandelter Satz eines Staatsführers, der in Wirklichkeit eine Monokultur bevorzugte – sagt etwas über mein Gesellschaftsideal, nach dem verschiedene Meinungen blühen sollen wie unterschiedliche Blumen in einem Garten oder einer Wiese. Publico möchte gern eine davon sein. Dieses Ideal mag sehr schlicht sein. Aber welches Ideal wäre das nicht?

Wer ein Medium gründet, das eine wachsende Zahl von Lesern findet, wird immer Sprachrohr eines Milieus sein, vielleicht auch mehrerer Milieus. Ich verstehe offen gesagt nicht, was daran kritikwürdig sein sollte, und warum es sich bei meinem Liberalismus um eine Posse beziehungsweise Pose handeln sollte.

Du schreibst:

„Aber wenn du tatsächlich liberal wärst, und hättest du irgendetwas aus dem 18. Jahrhundert gelernt, dann wüsstest du, dass es gerade darauf ankommt, respektvoll mit Meinungen umzugehen, die du NICHT teilst.“

Respekt ist ein großes und in diesem Zusammenhang nicht ganz trennscharfes Wort. Dass Joanne K. Rowling den Tod oder körperliche Verletzungen verdient und ihre Bücher verbannt werden sollten, weil sie die Transgender-Doktrin nicht teilt – diese Meinung beispielsweise respektiere ich nicht. Ich halte sie für nicht diskussionswürdig. Auch nicht die Ansicht von Achille Mbembe, Selbstmordattentäter würden „im Zeichen der Zukunft arbeiten“ und seien Figuren, die Anerkennung verdienen (solange sie die richtigen Ziele treffen).

Nur solltest Du in meinem Text „Wenn Linke sich um Freiheit sorgen“ und anderen Stücken auch gelesen haben, dass ich hier eben nicht symmetrisch verfahre. Meine Formulierung „und sei es nur aus Gründen der Symmetrie“ hatte ich für erkennbar ironisch gehalten. Denn ich rufe gerade nicht zur Gewalt gegen den Anti-Rowling-Mob oder gegen Mbembe auf. Im Gegenteil, zu Mbembe schreibe ich, dass die meisten seiner Ansichten in Deutschland von der Meinungsfreiheit gedeckt sind. Nur ein allzu konkretes Lob von Selbstmordattentaten könnte als öffentliche Billigung von Straftaten gelten. Aber darum soll sich die Staatsanwaltschaft kümmern.

Mir geht es darum, die Ideologie hinter diesem totalitären Angriff auf die Freiheit zu beschreiben. Denn totalitär ist es zweifellos, Gewalt einschließlich tödlicher Gewalt gegen Menschen gutzuheißen. Hier verläuft eine zivilisatorische Grenze. Es hat lange genug gedauert, sie aufzurichten. Und wie wir sehen, ist sie immer nur vorläufig und prekär. In meinem Text wende ich mich dagegen, dass Mbembe seine Ansichten auf einer mit öffentlichem Geld finanzierten Veranstaltung vortragen kann. In diese Kategorie fällt auch, was Du zu Assmann schreibst:

„Du vereindeutigst die Wirklichkeit genauso wie die Linken.
 Dabei bringt Assmann – die ja auch mit Anhängern deiner Position, wie etwa Hans Ulrich Gumbrecht, gut befreundet ist; aber Gumbrecht ist halt auch wirklich liberal – gute Argumente: So hat der Bundestag ‚Arbeitsdefinition von Antisemitismus’ der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) gekürzt. Darin heißt es: „Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich auch gegen den Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, richten. Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden.“ Die Bundesregierung hat diese Definition übernommen, aber ohne jede Begründung den letzten Satz gestrichen. Assmann kritisiert das zu Recht: ‚Damit hat sich der Diskursraum verengt’.“

Auch bei der Resolution des Bundestages gegen die Anti-Israel-Bewegung „Boycott, Divestment and Sanctions“ geht es – und diesen Punkt lassen etliche Teilnehmer der Debatte weg – nur darum, dass den BDS-Aktivisten kein öffentliches Geld und keine öffentlichen Räume zur Verfügung gestellt werden sollen. Auf privater Basis können die BDS-Anhänger auch in Deutschland frei agitieren.
Natürlich kann man es als ’Verengung des Diskursraums’ beklagen, wenn Steuerzahler nicht zur Unterstützung einer Bewegung genötigt werden, die den einzigen jüdischen Staat der Welt in die Knie zwingen soll. Ich bin, siehe oben, der Ansicht, dass es dafür gute Gründe gibt. Mir kann jeder widersprechen.

Aber, alter Bekannter: Jeder, der öffentlich etwas meint, nimmt eine Vereindeutigung der Wirklichkeit vor. Keine Meinung kann inklusiv sein. Auch kein Witz. John Cleese meinte einmal, es gebe vielleicht einen einzigen inklusiven Witz, nämlich einen alten jüdischen: „Wie bringst du Gott zum Lachen? Indem du Pläne machst.“ Aber, so Cleese, das war es auch schon mit der Inklusivität. Zu jeder Ansicht und zu jedem Spott gibt es zwangsläufig auch diejenigen, die sie für falsch halten und sich beleidigt fühlen.

Es ist bemerkenswert, dass kaum ein Thema sowohl innerhalb des linken, des rechten wie auch des liberalen Lagers eine solche Trennlinie bildet wie die Position zu Israel. Es handelt sich tatsächlich um ein Stück für die Weltbühne, weit über dieses Land von der Größe Hessens hinaus: wie eine wirklich multiethnische und politisch westlich geprägte Nation genau das bleiben will, eine Nation und etwas Bestimmtes, und deshalb zu einem permanenten Kampf um ihre Existenz gezwungen wird.
Es gibt islamische, linke, rechte und wahrscheinlich Argumente von ansonsten Liberalen, diesen Konflikt, dem viele eine so große Aufmerksamkeit widmen, auf die eine oder andere Art durch die Beseitigung Israels zu lösen. In dieser Auseinandersetzung stehe ich in der Tat auf einer Seite, die ich gern immer wieder vereindeutige. Ich frage dabei auch nicht, ob meine Position originell ist. Das frage ich übrigens auch bei meinen anderen Positionen nie.

Du hältst mir außerdem vor, ich wolle eine rechte Cancel Culture anregen:

„Du willst auf die linke Cancel Culture mit einer rechten Version reagieren? „Eine kurze, heftige Phase der Cancel Culture für alles orthodox Linke – und sei es nur aus Gründen der Symmetrie. Warum nicht die feste Wendung ‘die Antisemitismus-Relativiererin Aleida Assmann etablieren? Warum nicht jeden ihrer öffentlichen Vorträge mit ihren Zitaten aufmischen?“ Das ist erbärmlich, die Gesinnung eines Kleingeistes.“

Nun bitte ich, meinen Text auch genau zu lesen. Vielleicht entgeht Dir, alter Bekannter, beim zweiten Versuch die Ironie nicht noch einmal. Ich schlage eben gerade kein Niederbrüllen, keine Bedrohung und keinen Angriff auf die bürgerliche Existenz von irgendjemandem vor. Ich fordere nirgends, ein Veranstalter dürfe etwa Aleida Assmann ’keine Bühne bieten’. Ich schlage nur vor, sie dort, auf der Bühne, mit ihren Zitaten zu konfrontieren. In ihrem konkreten Fall mit ihrer Heuchelei, die darin besteht, dass sie zum einen Uwe Tellkamp ohne jeden Beleg in die Nähe von Antisemitismus und Gewalt rückt, und sich zum anderen für einen Achille Mbembe in die Bresche wirft, der Israel ungefähr auf eine moralische Stufe mit dem Nationalsozialismus stellt und Selbstmordattentate mit seinen Philosophiesurrogaten verbrämt.
Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass Assmann die Absurdität sogar einräumt, beide Positionen zu vertreten. Ich halte es in ganz unerbärmlicher Weise sogar für möglich, dass ein öffentlicher Widerspruch sogar eine produktive Wirkung haben könnte. Jedenfalls wäre ich auf Assmanns Argumente gespannt. Möglicherweise entschuldigt sie sich ja sogar bei Tellkamp für ihre Verleumdung.

Schließlich und endlich danke ich Dir für ein schönes Zitat:

„Dein Spott hat nicht die Eleganz eines Böhm Bawerks (der über den Marxismus sagte: ‚ein äußerst kunstreich erdachtes, mit fabelhafter Kombinationskraft in zahllosen Gedankenetagen aufgebautes, mit bewundernswerter Geisteskraft zusammengehaltenes Kartenhaus’); sondern die Gehässigkeit eines unglücklichen Joseph de Maiestre.“

Das, was Bawerk über den Marxismus sagt, liest sich deshalb so treffend, weil sofort auffällt, dass es für den klassischen Marxismus passt, aber keinesfalls für die heutige identitätspolitische Linke, bei der es keine Gedankenetagen mehr gibt. Hier liegen die Karten gewissermaßen flach auf dem Tisch, signifying nothing (um einmal ein berühmtes anderes Zitat zu bemühen). Dies nur als ehrlich gemeinten Dank – ich rechne Dich, das nur zur wahrscheinlich überflüssigen Vereindeutigung – natürlich nicht zu den Identitätlinken.

Publico ist frei genug, Deinen Brief zusammen mit einer Antwort zu veröffentlichen.

Mit besten Grüßen,

AW

 

 

Alexander Wendt: Weitere Profile:

Kommentare anzeigen (39)

  • Das gedankliche Duell zwischen dem Briefschreiber und Alexander Wendt habe ich mit Vergnügen gelesen. Was mir gefiel: Es gibt keinen Sieger und hier im besten Fall auch keinen Verlierer, weil eine Lehrstunde in präziser Argumentation zu erleben ist, bei der alle - der "alte Bekannte" wie die Unbeteiligten - gewinnen können, falls sie sorgfältig lesen und ggf. zusätzliche Informationen zu verhandelten Theorien, Geschehnissen und Personen einholen.
    Im Vorteil ist, wessen Leben zu einem erklecklichen Teil mit solchen Duellen einherging. Er weiß, dass der Wunsch des Rechthabers nach informeller Dominanz auf dogmatische Massenprodukte zurückgreifen kann, gegen die sich mittelalterliche Scholastik bescheiden ausnähme, käme es nicht am Ende - und darum bin ich unbesorgt - auf Qualität an. Dafür gibt's ein unwiderlegbares Kriterium: die Realität.
    Man möge mir nachsehen, dass ich mich auf all jene Scharmützel nicht mehr einlassen mag, die sich derzeit aus dem von Politbürokraten und ihren Hilfstruppen in Medien und NGO angestrebten Wiederaufblühen sozialistischen Gedankenguts ergeben. So lange es sich - wie im zitierten Brief - eher um akademische Flohknackereien handelt, ist das zeitweise unterhaltsam. Mir ist allerdings noch gut in Erinnerung, wie manche enttäuschten Rhetoriker aufs Wegknicken ihrer Worthülsen mit dem Wunsch reagierten, den bösen Widerpart zu erledigen. Und diese Sorte "Wortgefechte", die in Tiefschläge ad personam, Denunziationen, öffentliche Pranger und den informellen Lynchmob von "Shitstorm" übergehen, erleben wir inzwischen fast täglich.
    Mein Respekt für "Publico", "TE", "achgut" u.v.a. wird nicht dadurch genährt, dass ich dort andauernd in eigenen Meinungen bestätigt werde, sondern dass ich dankbar bin, wenn sie vertrauenswüdig und hartnäckig gegen jene ideologischen Wahnideen und totalitären Machtimpulse argumentieren, die mich und viele andere unersetzliche Lebenszeit gekostet haben. Das soll sich nicht wiederholen.

    • Eine wunderbare Ergänzung zu den vorausgegangen Texten. Realitätsverlust und Einäugigkeit sind die wirklich beängstigenden Pandemien unserer Zeit. Die unbeantwortete Frage für mich bleibt: Nur Symptom einer untergehenden Zivilisation oder planvolle Usurpation?

    • "Man möge mir nachsehen, dass ich mich auf all jene Scharmützel nicht mehr einlassen mag, die sich derzeit aus dem von Politbürokraten und ihren Hilfstruppen in Medien und NGO angestrebten Wiederaufblühen sozialistischen Gedankenguts ergeben....."
      .
      Danke! Danke für eine Sprache, die mir zuletzt vor dem Rauswurf bei der WELT in Don Alphonsos Beiträgen und Kommentaren begegnet war.

      • Den Dank gebe ich gern an Alexander Wendt weiter. Gäbe es nicht Journalisten wie ihn und fände er nicht erkennbar verständige Resonanz bei einem noch so kleinen Publikum, dann wär's wahrhaftig zum Verzweifeln.

  • Ja, im Land der Liberalität hat sich schon so mancher verlaufen. Ist eben so schön weit und leer.
    Wie der Ursprungsartikel ist auch Ihre Antwort auf die Kritik Ihres alten Bekannten hervorragend geschrieben, Herr Wendt. Danke für Ihre Stimme!

  • Ich habe die "Anleitungen" am Ende des Ursprungs-Textes zum einen durchaus als Ironie erkannt und andererseits ganz klar und sehr hilfreich als Tipps verstanden, wie man zum Beispiel eine Redaktion, wie die von "Panorama", "stellen" kann. Dass ich Wendt eher folgen kann, als Links-Intellektuellen, macht mich nicht gehässig oder illiberal. Zu guter Letzt: Jedes Medium hat sein (politisches) Milieu. Auch daran ist nichts verwerflich.

  • Ein interessanter Schlagabtausch. Der „Angreifer“ versucht sich an Ihnen zu profilieren und bezeichnet das als „lieben Gruß“ von einem „alten Bekannten“, - humoresk! Er versucht Ihren politischen Standpunkt mittels Ihres nahezu libertären Anspruchs auf Meinungsvielfalt zu relativieren; mehr noch, setzt Sie, wie es Linke reflexartig stetig und ständig immer tun, - von seiner subjektiven Warte aus betrachtet -, in das rechte, böse Eck. Meine Frage an Ihren alten Bekannten, reflektierte er jemals SELBST über den semantischen Inhalt von Meinungsvielfalt? Er verkörpert punktgenau die tragische Erkenntnis des Einsteinˋschen Spruchs: „Der Horizont vieler Menschen ist wie ein Kreis mit Radius Null. Und das nennen sie dann ihren Standpunkt.“ Der linke, literarisch so beflissene „Haltungs“-Bourgeois, so nenne ich jetzt einmal Ihren „alten Bekannten“, kann sich den Begriff PLURALISMUS noch nicht einmal ansatzweise vorstellen und ist nicht in der Lage, über den eigenen moralinsauren und medial oktroyierten Horizont der „neuen Globalisten“ hinwegzublicken. Jedes Blümchen vertritt seine Meinung. Das zu akzeptieren, ist der erste wichtige Schritt zur Meinungsfreiheit. Der darauf sich aufbauende, konstruktive DISPUT zwischen divergierenden Meinungen, das ist der demokratische Weg gesellschaftlichen Zusammenlebens. Das schlichte Denkschema Ihres „alten Bekannten“ manifestiert sich in der frechen Absicht, Sie mit Ihren „alternativen“ Denkschemata in ein „rechtes Lager“ abzuschieben. Diese Kritik im Schmeichlergewand ist einfältig, abgenudelt und in der sprachlichen Darbietung äußerst bemüht. Kurzum: Dieser Brief „vereindeutlicht“ , er gereicht dem Absender nicht einmal zur Pose, allenfalls zur Posse. Lieber Herr Wendt, ich möchte mit ein bißchen Lokalcolorit enden. In der Pfalz würden wir es mit folgendem Satz kommentieren: Do muß schunn ähn Abbl kumme un kähn Grutze! (Kerngehäuse des Apfels)

  • Herr Wendt, Ich schätze Sie als intellektuellen Journalisten, der eher ein Schriftsteller, denn ein Journalist wäre. Sie erscheinen offen, ehrbar und kämpferisch und bereit, die liberale Seite, egal ob links oder rechts, zu zeigen. Hoffentlich nicht, bevor sie untergeht(?). Wir als Leser sind auf Stimmen wie Sie SEHR angewiesen, denn die allermeisten Gesinnungsmedien/TV sind ungenießbar, so sehr riechen die nach Propaganda, die aus fast jedem „Bericht“ trieft.

    Ihrem „alten Bekannten“ würde ich, wenn ich dürfte, raten, wenn er meint, Ihnen Vorwürfe machen zu müssen, dann vielleicht auch selbst das Risiko einzugehen und eine Konkurrenzseite zu PUBLICO zu eröffnen und dort seine Ziele und Ideale darzustellen und damit „Farbe zu bekennen“, Also Stellung zum aktuellen politischen Leben zu beziehen. Mir erscheint es so, als ob die „Einschläge von Linksaußen immer näher kommen“. Wo bleiben hier die ECHTEN Liberalen, also gerade NICHT die FDP?

  • Die Aussage: „Der macht das ja alles nur wegen Geld“, habe ich zu oft von Menschen gehört, die anderen Geld nicht gönnen. Darum erst mal noch eine Extraüberweisung. Geld hat jemand verdient, ob mehr oder weniger, der eine Sache gut macht, und da stehen Sie mehr als haushoch über den meisten Journalistenkollegen.
    Hämisch über andere herabziehen ist kein guter Stil, auch wenn es noch so kenntnisreich und geschwurbelt daherkommt. Bei Ihnen, Herr Wendt, habe ich so etwas noch nie erlebt.

  • Die operative Fallanalyse ist etwas kürzer. Der alte Bekannte steht vor den Scherben seiner politisch-ideologischen Existenz, das linke Weltbild ist der wahre, weil nicht real existierende Sozialismus, der diesmal auf höherem Niveau scheitert. Die Milieublase hat nichts mehr zu bieten, so dass er sie eigentlich verlassen müsste – aber dieser Schalter ist ausgebaut. Also muss er sich phantasieren, dass es „bei den anderen“ auch nicht besser wäre.

    • Klasse, kurz und knaggisch, Herr Zeller! Leider befinden sich diese Haltungs-Genderisten und global-linken Öko-Mandelmilch-Vertreter aus den grünen Lagern, dem ´links-liberalenˋ Bildungsbürgertum à la Habeck und „alten Bekannten“ (kicher!), - und nicht zu vergessen - , der sich neu entfaltenden SED, an staatlichen und politischen Schaltstellen. Sie besetzen zu nahezu 100% Medien und Presse. Ein Trend, der von den größten NGOs weltweit, der UN und EU, erwünscht und intendiert ist, und von großen Globalisten mit Eigeninteressen wie Gates in der WHO oder Musk in der Automobilbranche per Internet und zusätzlichen Geldsegen propagandistisch eine breite Unterstützung erfährt. Für diese Miliardäre eine ausgezeichnete Investition. Unser „alter Bekannter“ schwimmt im Fahrwasser mit. Er fühlt sich stark und „mächtig“ bestätigt in einer global angelegten Meinungsblase. Unter einer gefakten Coronahysterie wird die Demokratie ausgehebelt, um eine neue wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation vorzubereiten, ohne die freiheitlich-demokratische Einwilligung der Bevölkerungen. Mit ANGST werden die Menschen, wie Kühe mittels Cowboys, in das Gatter der „NEUEN ZUKUNFT“ getrieben. Vertreter der Demokratie und Meinungsfreiheit, sowie ALLE Kritiker werden dämonisiert, damit die Einheitsmeinung alternativlos ist. Unser „alter Bekannter“ ist part of it, mit zwei dicken Oberarmen.

  • Lieber Herr Wendt,
    ich freue mich auf und über jeden Beitrag von Ihnen. Das, was Sie schreiben, ist geprägt von einer inneren Wahrhaftigkeit, die ich über alles schätze. Dafür danke ich Ihnen.

  • Der Bekannte könnte auch DIE Bekannte sein. Seine/ihre Einwendungen werden ja in ungewöhnlicher Weise weder feindselig noch vernichtend vorgebracht. Warnen möchte ich aber bei diesem Disput besonders vor dem Begriff "liberal". Seine Semantik wurde in den letzten Jahren mehr und mehr als linker Liberalismus von Kommunisten okkupiert. Bei ihnen sind zunehmend Meinungsäußerungsfreiheit und Demokratie gefährdet. Wir sollten uns hüten vor der machtvoll vorgetragenen Propagandalüge, der linke, globalistische, antidemokratische Humanitarismus sei liberal! Die Sehnsucht nach der Diktatur wird uns tagtäglich von den Zwangsbeitragsmedien eingetrichtert. Und jetzt ganz parteiisch: Alexander Wendt gehört zu den Journalisten, die von diesem linken Framing nicht zu beeindrucken sind. Es ist eine wahre Freude, von ihm in einen kritisch-nachdenklich, widerständigen Diskurs einbezogen zu werden und Aha-Erlebnisse zu ernten. Danke, Alexander Wendt!

  • Danke dafür, dass es Sie gibt, Herr Wendt. Sie haben dieses vergiftete verbale Kompliment hervorragend pariert: Sachlich, präzise und charmant. Warum sind die meisten Linken so gehässig ? Offensichtlich kann man auch bei der Wahl seiner Bekannten gar nicht vorsichtig genug sein. Ein Leserbeitrag ist unterwegs......

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