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Was Publico bietet

Der Beitrag “Politische Phantasie an die Macht” hat unter den Lesern eine teils erregte Debatte hervorgerufen. Genau dafür – um politische Debatten zu begleiten, gelegentlich auch anzustoßen – ist ein Medium wie Publico da. Zu den Reaktionen gehörten neben interessanten Beiträgen auch eine begrenzte Zahl von Zuschriften mit Vokabular wie: “Spalter”, “Zersetzer”, “Systemhure”; Fragen wie die, ob der Autor denn vom System bedroht werde und ähnliches.

Zur Erinnerung: in dem Text ging es um die Möglichkeit, dass sich angesichts einer sehr schnellen Selbstdemontage Merkels auch jenseits der AfD eine bürgerliche Partei bilden könnte. Die politischen Landschaften in Frankreich, Österreich und Italien haben sich verändert – warum nicht auch in Deutschland? Am Ende entscheiden die Wähler.

Merkwürdigerweise hatten das einige Publico-Leser als ungeheuerliches Gedankenspiel empfunden. Sie verlangen offenbar von dem Autor genau das, was sie – durchaus zu Recht – vielen anderen Medien vorwerfen: sie verlangen Parteijournalismus. Publico ist ein Medium, das im besten Sinne Gesellschaftskritik betreibt – was vor allem Regierungskritik bedeutet, Kritik an etablierten Denkmustern, Kritik an den Verkrustungen der politischen Sprache. Aber das Medium will eben eines nicht sein – eine neue Parteipresse, ein abgeschlossener Echoraum, egal, für wen. Denn das ist der Tod jeder Publikation.

Aus einigen Zuschriften hatte ich gelernt: es gibt tatsächlich Leute, die bolzenfest davon überzeugt sind, dass der übernächste Bundeskanzler Björn Höcke heißt und mit absoluter Mehrheit regieren wird. Seinen Lesern bietet Publico vieles, Information, Analyse, Unterhaltung, eine libertäre Grundhaltung – aber das Magazin kann offensichtlich nicht allen etwas bieten. Das im November 2017 gestartete Online-Magazin stützt sich auf monatlich mehr als 80 000 Leser, es erreichte bisher mehr als 1,2 Millionen Seitenabrufe und wächst stetig.

Ein Leser schrieb, da Publico nicht so national-konservativ sei wie von ihm erhofft, werde er das Medium finanziell nicht mehr unterstützen. Aber genau darin liegt ja die Freiheit dieses Angebots: niemand muss zahlen wie beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Niemand muss eine Bezahlschranke überwinden. Der Inhalt ist frei – dank der Leser, die Unterstützungsbeiträge zahlen. Auch für denjenigen, der sich über einen Beitrag von Publico grämt und nicht zahlen möchte, bietet dieses Online-Magazin weiter Beiträge.

Mediale Freiheit und Freiheit im Kopf – beides gehört zusammen.

Alexander Wendt: Weitere Profile:

Kommentare anzeigen (23)

  • Hallo Herr Wendt!

    Ich fand ihren Beitrag überraschend, habe kurz nachgedacht, ihn weitergeleitet und die neue Bewegung „Aufbruch“ genannt. Das stieß auf positives Interesse. Ich bin gespannt, ob so etwas passieren könnte. Warum nicht?

    Rainer Fechner

  • Ich fand den ursprünglichen Beitrag “Politische Phantasie an die Macht” sehr gut und keinesfalls lastig zu irgendeiner Seite. Gerade das Befreien von Links-Rechts-Denkmustern bietet eine Chance, den etablierten Parteieneinheitsbrei aufzurühren.

  • Gewiss soll Publico nicht zur Parteipresse mutieren.
    Aber eine 'bürgerliche' Konkurrenz zur AfD fordern heisst doch, ihr die Bürgerlichkeit absprechen und zugleich ihre Erfolgsaussichten mindern (divide et impera?). Was sagen die CDU-Mitglieder dazu, die nicht nur den Absprung vom Schatten der CDU geschafft, sondern auch den Eintritt in die AfD gewagt haben?
    Meiner festen Überzeugung nach ist die AfD heute die einzige Partei, die mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes (wenn auch eher in seiner noch nicht linksgrünen Ursprungsfassung) steht.
    Allenfalls die FDP mag noch nahe dran sein - und die wäre ja wahrlich schon ein urbürgerliches Pendant: Wenn ein solches gebraucht würde, wenn sie sich nicht doch noch einwickeln lässt und wenn sie es nicht als ihre Hauptaufgabe sehen würde, 'gegen rechts' zu kämpfen.

  • Das Magazin ist genauso, wie ich es schätze.
    Weiter so, Herr Wendt. Schrott kann ich auch woanders lesen. Danke für die bisherige Arbeit.

  • Die Reaktionen auf Ihren Artikel sind in der Tat interessant. Ganz unabhängig von den einzelnen Kommentaren kann man Sie nur darin unterstützen, dass Sie auch das "Undenkbare" denken und neue Denkanstöße geben. Nur so kann die bleierne "Meinungsbildung" der etablierten Medien (sowohl Print wie auch TV) aufgeweicht und hoffentlich irgendwann überwunden werden. Weiter so, auch wenn's manchmal zwickt!!

  • Ich verstehe die Leute nicht, die Sie so beschimpfen. Niemand ist gezwungen, hier zu lesen. Wenn er es aber tut und auch kommentiert, dann doch bitte sachlich. Es gibt in diesem land schon genug Hass, das Volk ist gespalten wie seit langen Zeiten nicht - wir sollten dem etwas entgegensetzen.

    Ich bin allerdings auch gegen den Vorschlag von Herrn Wendt bzgl. der Gründung einer neuen Partei und stimme eher dem user zu, dessen Text Herr Wendt heute verlinkt hat. Es gibt nicht nur CDU-nahe, konservative Menschen, die gegen die herrschenden Zustände sind und sich statt dessen Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit, Schließen der Grenzen und den Rücktritt von Merkel wünschen. Deshalb plädiere ich immer für eine Bewegung all dieser "Vernünftigen" jenseits von "links" oder "rechts" - zumal man diese Begriffe mittlerweile ohnehin in die Tonne kloppen kann, da sie vollkommen sinnentleert sind.

    Woran es eben auch fehlt, sind (prominente) glaubwürdige Personen, die diese Menschen verbinden könnten. Zu oft erlebt man Abgrenzung statt Zusammengehen. Mut wird dazu gehören für diejenigen, die aus der Deckung kommen, sie werden seitens der Politik und der Medien verleumdet und bekämpft werden. Aufgehetzte "Antifaschisten", die wie Faschisten agieren, werden sie auch mit Gewalt bekämpfen, das muss man leider berücksichtigen.

  • Lassen Sie sich nicht beirren Herr Wendt! Politik lebt vom Diskurs! Das ist, was ich in anderen Medien heutzutage so vermisse! Man hat seine Meinung und alles andere wird nicht zugelassen. Erfreuen wir uns hier an der großen Breite der Meinungen!

  • Ich kann Ihnen da nur den Rücken stärken, lieber Herr Wendt! Ich hätte sicher mittlerweile kein Problem mit einer Bundeskanzlerin Weidel, aber das ist die Position, auf der ich nach vielen Enttäuschungen durch die CDU, die FDP und besonders auch die CSU gelandet bin. Es sollte nicht um eine Partei gehen, sondern um die freiheitliche Gesinnung. Diese schließt den Respekt vor der Meinung des Anderen natürlich ein. Wir sind in der Hinsicht so auf den Hund gekommen, dass wir sehr wachsam auch gegenüber uns selbst sein müssen! Ich setze dabei weiter auf „Publico“! Alles Liebe!

  • Ich habe den Artikel gerade deshalb geteilt, weil ich die Auffassung des Autors in Teilen nicht teile.