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Frauenmarsch in Berlin

Bericht von einer Demo durch das Spalier der Berliner Nazi-Bekämpfer

Video: Berliner Nazi-Bekämpfer

 

Es geht schon mal leicht weißrussisch los: wer mit der U 1 zum Startpunkt der Frauendemonstration zum Halleschen Tor in Berlin will, die 15 Uhr starten soll, der hat ab 14.45 Uhr Pech. „Wegen einer Demonstration hält der Zug nicht an der Station Hallesches Tor, sondern fährt durch“, verkündet der Fahrer einen Bahnhof vorher per Mikro. Dabei hat die Demonstration zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht begonnen, die Teilnehmer sammeln sich erst.

Und die Demonstranten gegen Übergriffe auf Frauen und für die Sicherheit öffentlicher Räume sammelt sich gut zweihundert Meter vom U-Bahnhof entfernt; die U-Bahntrasse verläuft auf Stelzen, in keinem nur irgendwie denkbaren Fall könnten die Demonstranten den Bahnverkehr stören. Demonstrationswillige müssen trotzdem ein gutes Stück laufen. Auch der Reporter. Und er landet wie etliche andere erst einmal in einer so genannten Gegendemo, muss durch einen Polizeikordon und Absperrgitter.

Andererseits, das gibt auch eine gute Gelegenheit, in die Runde zu fragen: wer demonstriert eigentlich gegen einen Frauenmarsch, dessen Teilnehmer sich über sexuelle Übergriffe und gegen den Import eines archaischen Männerbildes empören? Dazu hatte jedenfalls die Aktivistin Leyla Bilge aufgerufen, eine Deutsch-Kurdin. Nach hunderten sexuellen Attacken von Migranten von Köln bis zu Gegenwart hatte sie beschlossen: ihr reicht es. Zu den Mitorganisatoren und Rednern gehörten der libanesisch-deutsche Filmemacher Imad Karim und der schwule Publizist David Berger (der in seiner Rede unter anderem in Richtung regenbogenschwenkender Gegendemonstranten sagte: „Ihr steht nicht für mich.“)

Auffällig ist, dass in den Aufrufen der Antifa und der Grünen von Kreuzberg-Friedrichshain jeder Hinweis auf Bilge als Organisatorin fehlte. Dafür ist durchgängig von einer „AfD-Demonstration“ und „Rassisten“ die Rede – obwohl die AfD gar nicht zu den Anmeldern gehört.

Grüne Antirassisten (rechts), Beglaubigungsperson (links außen)

Einer Deutsch-Kurdin Rassismus vorzuwerfen – das hätte vermutlich selbst für gestandene Berliner Linksradikale einen Tick zu albern geklungen.

Auf dem Platz am Halleschen Tor findet eine der Gegendemonstrationen statt. Eine Rednerin auf einem Wagen unterhält ein kaum vorhandenes Publikum. „Deutschland gibt Millionen Euro aus, um Migration zu bekämpfen und um Menschen im Mittelmeer ertrinken zu lassen“, ruft sie in die Tiefe des Raums. Und: die AfD wolle Gender-Lehrstellen an den Universitäten abschaffen. Mit dem Thema des Frauenmarschs von Bilge und anderen hat das zwar nichts zu tun, aber es gibt dem Reporter Gelegenheit, ein wenig zu filmen. Das Sichtfeld ist schließlich frei. Mit einer älteren Frau, die auf einer Pfeife trillert, versuche ich ein Gespräch.

„Warum protestieren Sie eigentlich gegen die Frauendemonstration dort drüben? Sie sind doch nicht für Übergriffe auf Frauen, oder?

„Nein, bin ich nicht“, sagt die Frau.

„Dann könnten Sie sich doch der Frauendemo anschließen, oder?“

„Ich bin aber gegen die AfD. Dort ist gerade ein AfD-Bus gekommen.“

Tatsächlich steht ein weißer Reisebus fünfzig Meter entfernt an der Straße, ein paar Passagiere steigen aus. Wenn es wirklich Leute sein sollten, die zu der Demo von Leyla Bilge wollen, dann wären sie auf der falschen Seite gelandet.

„Woher wissen Sie, dass es ein AfD-Bus ist?“

„Weil das hier gerade so durchgegeben wurde.“

Aha.

Inzwischen schreit die Frau auf dem Wagen, die gerade vom Ertrinkenlassen im Mittelmeer und Genderlehrstühlen gesprochen hatte: „Uns gehört die Zukunft!“

Eine Gelegenheit, finde ich, um mit ihr ins Gespräch zu kommen: „Woher wissen Sie das?“

Leider gibt es keine Antwort. Dafür versuchen schon seit ein paar Minuten verschiedene Frauen, die Linse meines I-Phones mit Fähnchen zuzuhalten, um mich am Filmen zu hindern, und ich schlage ihre Fähnchen wieder weg. Eine Dame mit gepiercter Unterlippe tritt auf: „Warum filmen Sie hier?“

„Weil ich Journalist bin, und das mein Job ist.“

„Wo haben Sie Ihren Pressebutton?“

„Wo haben Sie Ihre Polizeiuniform?“

Ich bin mir ziemlich sicher, dass selbst in Berlin Beamte nicht mit Lippenpiercings unterwegs sind. In dem Moment kommt ein bärtiger junger Mann aus dem linken Pulk neben dem Lastwagen sehr zielstrebig auf mich zu. Zum Glück besitze ich ja ein bisschen Demoerfahrung aus Leipzig im Herbst 1989, auch da gab es diese federnden sportlichen Greifer, deren Auftrag darin bestand, mit dreisten Subjekten unter den Montagsdemonstranten in den Clinch zu gehen. Ich gebe ihm die freundliche Empfehlung, abzuhauen;  in dem Moment setzt sich allerdings schon eine Polizeikette in Bewegung, ein Polizist packt mich und schiebt mich weg.

„Sie haben provoziert“, sagt der Beamte.

Höfliche Frage meinerseits, was das denn solle, ich sei Journalist, das hier sei öffentlicher Raum und das dort drüben eine Rednerin, die ich als Berichterstatter filmen dürfe. „Die Leute dort haben versucht, mich am Arbeiten zu hindern. Und ich soll der Provokateur sein?“

Ich zeige meinen Presseausweis.

„Na gut“, sagt der Polizist. „Wenn Sie mir das so erzählen, stellt sich das anders dar.“

Wir verabschieden uns freundlich.

Von dieser Auftaktveranstaltung versuche ich zu der eigentlichen Frauenrechtsdemo durchzukommen, was sich als schwierig erweist. Erst muss ich durch einen Kordon junger Leute mit schwarzen Kapuzen, dann mit Presseausweis durch eine Polizeiabsperrung und ein Gitter.

„Schäm dich, schäm dich“, skandieren die Schwarzkapuzen, als sich das Gitter für mich öffnet.

„Wofür soll ich mich schämen?“

Keine Antwort. Ich sehe schon: eine Dialogveranstaltung wird das heute Abend nicht.

Gegen 16 Uhr setzt sich der Zug langsam in Bewegung. Es stehen Leute mit Anti-Merkel-Plakaten dort, mit Deutschlandfahnen, mit Pappschildern wie: „Wir sind kein Freiwild.“

Neben mir läuft ein mittelaltes Paar, beide Ärzte, wie sich herausstellt, beide aus einer Gegend nördlich von Berlin angereist. Dass es sich bei ihnen laut Antifa, Grünen und Linkspartei um Rassisten und Nazis handeln soll, amüsiert sie.

„Seltsame Stadt“, sagt der Mann.

Ich lasse erst den Zug an mir fast vorbei, und schließe dann wieder nach vorn auf. Schätzungsweise laufen 1 400 Menschen auf der Kreuzberger Friedrichstraße. Das Durchschnittsalter liegt um die vierzig.

An jeder Querstraße, abgeschirmt von Gittern und Polizisten, stehen Leute in schwarzer Funktionskleidung und schreien „Nazis raus“. Ich unternehme den nächsten Gesprächsversuch. Hinter Polizisten steht ein kleines Grüppchen, ein Mann mit Bart und dunklem Teint schreit ein wenig manisch: „Nazischweine, Nazischweine.“

Ich halte ihm meinen Presseausweis hin und frage: „Warum meinen Sie, dass die Demonstranten Nazischweine sind?“

Er: „Ich kann dich nicht verstehen.“

An einem Café am Straßenrand steht ein Pulk, eine junge Gegendemo-Frau klatscht in die Hände und singt: „Merkel ist nicht hier, Merkel ist nicht hier.“

„Ist doch auch gut so, oder?“, meine ich, um eine Konversation anzufangen. Damit scheint sie nicht gerechnet zu haben; sie meint etwas sinnlos: „Ich sehe nicht aus wie Merkel.“

„Ja dann seien Sie doch froh.“

Leider kommt keine Antwort. Schade.

Inzwischen ist der Zug am Checkpoint Charlie zum Stehen gekommen, weil sich auf der anderen Seite des ehemaligen Mauerverlaufs eine kleine Gruppe von etwa 200 Leuten gesammelt hat, die von der Polizei als Spontandemonstration bezeichnet wird. Deshalb, heißt es, könnte die Frauendemo, die ja eigentlich zum Kanzleramt führen soll, nicht weiter. Die Blockade von Demonstrationszügen ist normalerweise verboten. In anderen Bundesländern würde die Polizei deshalb die Straße räumen, um das Demonstrationsrecht der Anmelder durchzusetzen. In Berlin ist das alles etwas anders. Ich eruiere, ob ich von der U-Bahn-Station Kochstraße aus wegkomme, denn ich habe noch einen anderen Termin in der Stadt. Die U-Bahn ist geschlossen, vor dem Zugang stehen BVG-Sicherheitskräfte.

„Warum ist hier zu?“, frage ich eine BVG-Frau.

„Na wegen der Demo. Weil die sonst da unten im Bahnhof alles kleinschlagen.“

„Glauben Sie wirklich, die dahinten schlagen hier was klein?“ frage ich und zeige auf den Frauendemo-Zug.

„Na die nicht“, sagt die Frau. „Die sind ja die einzigen Vernünftigen hier. Aber die und die.“ Dabei zeigt sie auf die Antifa-Blockade vor ihr und rechts von ihr.

Bei Uniformträgern scheint mir am heutigen Abend die Sympathie ziemlich einseitig verteilt zu sein.

Allerdings kann die Polizei nur das tun, was ihre politischen Richtlinien vorschreiben. In diesem Fall heißt das: Am Checkpoint Charlie ist Schluss mit dem Frauenmarsch, weil die Wohlmeinenden unter Führung von Antifa, Linken und Grünen das so durchsetzen.

Später sammeln sich doch noch einige am Kanzleramt.

Für jemand, der tatsächlich die Demonstrationsstrecke mitgelaufen war, ist es interessant nachzusehen, wie der Niederschlag der Frauendemo in den Qualitätsmedien aussieht. Die Speerspitze bildet das ZDF-Nachrichtenportal: das berichtet nicht nur zuerst über die „Gegendemo“ und nur am Rand und unter Weglassung aller Details und Hintergründe über die eigentliche Demonstration, sondern schickt den nun wirklich albernen alternativen Fakt in die Welt, bei der Demo von Bilge hätten nur 500 Menschen teilgenommen. Dass das nicht stimmt, konnte jeder Beobachter sehen, ganz unabhängig davon, ob die tatsächliche Zahl nun bei 1200 oder  1400 lag.

Alle Berichte betonen, es habe sich um einen „rechten Frauenmarsch“ gehandelt, das Wort Frauenmarsch wird auch fast durchgängig in Anführungszeichen gesetzt.

Die „BZ“ nennt Leyla Bilge eine „selbsternannte Frauenrechtlerin“, beantwortet aber leider nicht die Frage, welches Amt in Deutschland Frauenrechtlerinnen ernennt. Womöglich das gleiche Amt, das Qualitätsjournalisten zertifiziert?

Keins der  Medien sieht es als Problem, dass linke Gruppen das Demonstrationsrecht in Berlin problemlos aushebeln können.

Es drängt sich die Frage auf, ob das auch umgekehrt so reibungslos funktionieren würde.

Nur eine kleine Fußnote: Während die eigentliche Organisatorin Bilge in den meisten Berichten nur kurz gestreift wurde, verzichtete kaum ein Medium auf den Hinweis, der Pegida-Gründer Lutz Bachmann aus Dresden sei bei der Demonstration dabei gewesen. Dabei  fehlt der Hinweis regelmäßig, dass er weder zu den Anmeldern noch zum Organisationsteam gehörte. Er ging und stand zwar ganz vorn – allerdings als ziemlich unbeachtete Nebenfigur auf dem Gehweg, wie dieses Bild zeigt:

Wobei: unbeachtet, das stimmt höchstens halb. Die meisten Journalisten beachteten ihn jedenfalls mehr als die Frauen, die ganz vorne im Zug liefen.

 

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Kommentare anzeigen (63)

  • Danke für diesen Bericht, der exakt beschreibt, was in Deutschland falsch läuft und aus dem ersichtlich wird, wie ein noch gut funtionierendes, weil über unendliche Mittel und Macht verfügendes Kartell aus Politik, Medien, Gewerkschaften, Kirche und Kriminellen es schafft mit Lüge, Desinformation Unterdrückung und Gewalt, den Großteil der Bürger dumm oder noch irgendwie ruhig zu halten!

    • Ich habe versucht, am Checkpoint Charly zur Frauendemo durchzukommen. Es ist mir nicht gelungen und durch den Antifablock wollte ich nicht gehen. In der Friedrichstraße saßen junge Frauen vor den Imbissen/ Cafés und haben sichtbar fröhlich diskutiert, dass die Nazis nicht weiterkommen.
      Das war Demoktatieunterricht vom Feinsten

  • Auch das "Qualitätsmedium" FAZ placiert das Attribut "AFD-nah" in ihrer Berichterstattung über diese Demonstration, wo immer es von der Syntax her geht - und Leyla Bilge ist eine "AFD-Frau".
    Die FAZ-Redaktion weiß schon, warum sie die Kommentarfunktion zu dieser "Berichterstattung" abschaltet.

    • Der Kölner Stadtanzeiger hat seit Monaten die Kommentarfunktion komplett eingestellt. Wenn die FAZ dies nur für gewisse Berichterstattungen tut ist dies ja beinahe lobend zu erwähnen

      • Die Offenbach Post hat ihre Kommentarfunktion bei brisanten Themen schon seit Jahren abgestellt, SPD gesteuert, und haben dafür ihre Quittung erhalten mussten dann verkaufen

        • Kommentar-Seiten abzuschalten scheint ja die große Mode bei unseren "Qualitäts"-Meien zu sein. Vorenweg marschiert da auch die Nachrichtenseite von t-online, die alle wesentlichen Themen, z.B. Bundesregierung, Bundesminister, und natürlich alles, was auch nur entfernt mit Flüchtlingen und Asylantzen zu tun hat von Kommentaren ausschließt mit einer bestenfalls dürftigen Erklärung, die auf jeden Fall mit Meinungsfreiheit nicht zu tun hat. Überhaupt Meinungsfrieheit bei uns: Es ist wirklich erschreckend, wie diese in den letzten Jahren eingeschränkt wurde - wieder mit den Medien vorneweg.

      • "Wenn die FAZ dies nur für gewisse Berichterstattungen tut ist dies ja beinahe lobend zu erwähnen". Im Gegenteil - dadurch wird die Meinungsmache ja erst so richtig selektiv!

    • Die FAZ ist offensichtlich ein dem linksradikalen Spektrum nahes Blatt. Wer bestellte Schlägertruppen einer linksfaschistischen Organisation verharmlost, ist unglaubwürdig. Damit wird ein System unterstützt, dass Kriminelle hoffähig macht und Menschen mit eigener Meinung kriminalisiert. Das erinnert mich an meine 40 Jahre unter dem SED-Regime in der zum Glück untergegangenen DDR!
      I. Silone wird das zutreffende Zitat zugeschreiben: „Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der ANTIFAschismus.“

  • Warum nur steckt im Wort Qualitätsmedien das Wort Qual? Weil die sich quälen müssen, die Fakten aufzuhübschen?

  • Ich weiß bis heute nicht, was eine sogenannte "Gegendemonstration" ist. In einem Rechtsstaat kann es eine Demonstration geben. Als Antwort auf diese kann dann eventuell zeitversetzt(!) und/oder an einem anderen Ort(!) eine zweite Demonstration darauf "antworten".
    In einem Rechtsstaat dürfte es doch eine "Gegendemonstration" in dem Sinne, wie sie gestern vorlag, gar nicht geben. Wenn man so will, ist das auch ein Schwachpunkt des politischen Gegners, weil es jedem zeigt, dass die oft angeblich hehren Ziele und Worte nur vorgeschoben sind, da man in der Realität jetzt sieht, dass dieser selbst Grundrechte missachtet.

    • Die angemeldete Demonstration von Frauen gegen Gewalt wurde durch illegale Antifa-Blockaden behindert, die von der Polizei nicht aufgelöst wurden. Alle Beobachter berichten übereinstimmend, dass es von staatlicher Seite nicht geplant war, die Demonstration, die vom Halleschen Tor in Kreuzberg bis zum Kanzleramt gehen sollte, weiter als bis zum berühmten Check Point Charly kommen zu lassen.
      Bis dahin war der Demonstrationsweg am Straßenrand mit Gittern markiert, hinter dem Check Point Charly gab es keine Gitter mehr. Die Antifa saß unbehelligt auf der Straße und versperrte den Demonstranten den Weg.
      Später hat sich die Berliner Polizei dankbar gezeigt und schrieb der linksradikalen Gruppe „ichbinhier“ ins Facebook: „Wir wissen die Beteiligung sehr zu schätzen und bedanken uns dafür.“ Wer nicht glauben wollte, dass dieses Dankschreiben wirklich von der Berliner Polizei stammte, bekam die Antwort: „Ja, tut es“. Gleichzeitig ließ die Polizei auf ihrer Seite wissen, dass Auswanderung eine Option sei, die jedem offen stünde.

  • Und da gibt es immer noch Leute, die glauben in Deutschland gäbe es ausgewogene Berichterstattung.

  • Von Art. 8 GG und der Mausefalle

    Wieder was gelernt, was so nicht im Staatsbürgerkundebuch steht. Gestern versammelten sich Frauen und Männer zur Frauendemonstration in Berlin. Berlin, Ihr ahnt es schon, da kommt noch was.
    Zunächst zog die Menge in die Friedrichstraße vorbei an Gegendemonstranten, die von der Polizei in Schach gehalten wurden. Dann befand sich der recht entspannte Demozug an einem Abschnitt, der rechts und links von einer geschlossenen Häuserzeile begrenzt wurde, keine offenen Geschäfte oder Restaurants, der Eingang zur U-Bahn vergittert. Plötzlicher Halt, vor uns blockierten zwei quer gestellte Mannschaftsbusse auf der Höhe des legendären Check Point Charlie den Weg. Über Megaphon wurde verkündet, dass eine Gegendemo den Weg versperre, aber sobald diese geräumt sein, werde es weitergehen.
    Warten - Stehen - Kälte. Nix tut sich - Sprechchöre - Parolen -Geschimpfe - Erfahrungsaustausch - Stimmungsgedudel und Hopsen auf dem Begleitfahrzeug - nix tut sich - Warten. Hilfe, wo kann ich hin, wenn die Blase nervt? Nichts - die Zeit vergeht - Kälte und Stimmung steigen - es wird dunkel - nix tut sich, aber allmählich werde nicht nur ich stinksauer, Knie und Rücken schmerzen, es nervt nur noch. Wir rücken vor, auch die Polizei. In der ersten Reihe werde ich fast von einem rabiaten Ordner weggeräumt wie ein Möbel. Dann sehe ich eine ältere Frau, wahrscheinlich schon in den Siebzigern, wie überhaupt erstaunlich viele ältere Teilnehmer unter den Demonstranten sind, stelle mich neben sie und beginne mit einem der Polizisten eine Diskussion. Ob er denn nicht sehe, dass hier auch Rentner seinen, die ihr Leben lang gearbeitet und Steuern gezahlt hätten. Nun wollten wir unser Recht auf Versammlungsfreiheit wahrnehmen und würden gehindert. Was denn wohl passieren würde, wenn ich weiterginge, denn ich sei fix und fertig? Dann müsse er mich aufhalten, aber ich solle mich umdrehen, die Demo sei soeben aufgelöst worden. Wir trotten den Weg zurück, Hauptsache, es tut sich was, egal was. Dann sehen wir, dass hinter der Demo ebenfalls Mannschaftswagen auf der Straße stehen.

    Gute Arbeit, der Ort war perfekt ausgesucht, um uns in die Mausefalle tappen und sie dann zuschnappen zu lassen. Huch, die Gegendemo, so ein Pech aber auch, kann man nix machen. Geht heim Leute, wir sitzen am längeren Hebel.
    Nicht dass jetzt ein Bösewicht auf die Idee kommt, da hätte sich im Vorfeld die Einsatzleitung mit dem linksgrünen Berliner Antifantengemenge abgesprochen. Ganz sicher nicht. Ehrlich! Dumm gelaufen, kann ja mal passieren. Jedenfalls war ich auf einer genehmigten Demonstration als Demonstrationsobjekt für eine sehr geschmeidig zurechtgebogene Demokratie.
    Wieder was gelernt.

    • @Marga Noelke
      Kann ich alles komplett bestätigen. Nachdem U-Bhf. Kochstraße und auch Hallesches Tor ( U 6 ) dicht waren, mußten wir bis zum U-Bhf. Mehringdamm laufen. Vor dem Domäneladen an der Ecke hinter der Hochbahn knallte es beim Vorbeigehen und wir sahen wie drei Vermummte bei mindestens einem Auto die Scheiben einschlugen. Danach rannten sie schräg gegenüber auf das große Leergelände um sich offensichtlich umzukleiden.
      Wir hatten noch überlegt etwas zu unternehmen, aber was ? Packt man diese Verbrecher zu hart an ist man hinterher selbst der Dumme. Es war dunkel, die Lage unübersichtlich, viele Leute unterwegs. Von Polizei war hinter unserem Versammlungsort bis zum Mehringdamm weit und breit nichts zu sehen, also Narrenfreiheit für die Antifa.
      Man kann nur jedem raten, bei derlei Veranstaltungen das Auto in größerer Entfernung zu parken oder, wenn möglich, ganz auf das Auto zu verzichten.

      • Mal eine blöde Frage: Wird das von der Teilkasko oder Vollkasko-Versicherung der Autofahrer bezahlt oder wieso hört man so selten von Autofahrern, die sich darüber aufregen, dass irgendwelche Linke ihr Auto demolieren?

        • Mir wurde vor Jahren das Faltdach meines Autos zerschnitten. Dieses war teilkaskoversichert. Es kam ein Gutachter und meinte, das wäre eindeutig ein Einbruchsversuch gewesen, ich hätte Glück, denn bei reinem Vandalismus würde nicht, bei Einbruch aber doch bezahlt. Allerdings wird in solchen Kaskofällen nicht der vorherige Zustand hergestellt, sondern nur der Schaden (in diesem Fall mit einem ganz aparten Flicken auf dem Verdeck) bezahlt. (Bei Haarwildschäden gilt dasselbe, Federwildschäden sind ohnehin nicht von der Teilkasko gedeckt.)

          Die Vollkaskoversicherung bezahlt solche von der Teilkasko nicht abgedeckte Schäden, die meisten Vollkaskoversicherten haben aber aus Kostengründen eine Vollkasko mit Selbstbehalt. Wird dann von den Merkelverteidigern nur die Windschutzscheibe und nicht auch noch der Rest wie Seiten- und Heckscheibe eingeschlagen, ist es wahrscheinlich, daß man man dann trotz der Versicherung selbst bezahlen muß (die in der Vollkasko enthaltene Teilkasko greift ja nicht).

          Wie üblich gilt auch hier: Versicherungen sind ausschließlich für die Versorgung der Versicherungsunternehmen mit Geld und nicht für den finanziellen Schutz der Versicherten da. Das ist deren sehr erfolgreiches Geschäftmodell.

    • Hallo Marga, Ihr Kommentar ist toll, habe ihn gelesen. Meine Antwort darauf ist nur eines, satter Magen knurrt nicht in Bezug auf die Gegendemonstranten oder anders ausgedrückt wenn die Mäuse satt sind schmeckt das Mehl bitter.

      Ich wünsche Ihnen noch eine schöne Woche

  • Auch ich war dort. Auch ich bin immer noch erschüttert. Auch ich musste an einem "Kontrollpunkt" vorbei, an dem die Antifa-Demonstranten von den Gegen-Gewalt-an-Frauen-Demonstranten getrennt wurden.
    Ich hatte also Zeit, mich kurz zu … unterhalten und Flugblätter zu tauschen. Meines las sich so:

    „Ich möchte nicht, dass meine irakischen, syrischen, afghanischen ... Schülerinnen im Frauenhaus leben müssen und von ihren Ex-Männern mit dem Tod bedroht werden.“

    Die Reaktion von sehr jungen Leuten, Kindern, mit GEW-Banner, von jungen Leuten mit AstA-TU-Beuteln, von schwarzgewandeten jungen Leuten, aber auch von Frauen wie mir (älter, irgendwie alternativ oder mäßig hip gekleidet...):

    „Das les' ich nicht“, „Du ...otze“, „Du hässliche Rassistin“, „Du Faschistin, geh doch zu deinen Nazis“, „Das sind die Probleme der irakischen Frauen, wir müssen erst unseren eigenen Sexismus bekämpfen“.

    Letzteres versuche ich noch unter Meinungsaustausch zu verbuchen, die anderen hatten tatsächlich nur dieses zu erwidern.

    Andere allerdings begnügten sich nicht nur mit verbaler Bedrohung, „Wo arbeitest du? Wie heißt du? Ich kriege dich!“. Nein, diese jungen Leute mit Sonnenbrillen und ohnehin aggressiver Körpersprache schnippten mir eine Zigarette ins Gesicht und schleuderten mir ihre Drohungen 20 cm vor meiner Nase entgegen.
    Ich bin, wie gesagt, unauffällig vom Typ, mittelalt, eine Frau – mein einziges „Vergehen“: die oben zitierte Aussage.

    Ernüchternd auch die Berichterstattung:
    Von der „selbsternannten Frauenrechtlerin“ Leyla Bilge war die Rede.
    Was machen eigentlich die („staatlich akkreditierten“ ? ) Frauenrechtlerinnen, wenn es um die Zustände in den Flüchtlingsheimen geht? Auch ich hätte da Erlebnisberichte meiner Schüler zu Misshandlungen von Frauen und Kindern, Andersgläubigen usw. – aber es besteht kein Interesse.

    Polizisten beruhigten mich dann noch: „Solange wir da sind, sind Sie sicher.“
    Nach Ende der Demonstration jedoch könnten wir verfolgt werden von Gegendemonstranten, diese machten auch Foto- und Filmaufnahmen der Demonstranten, anhand derer sie dann die Teilnehmer identifizieren könnten.

  • So unerfreulich die Ereignisse in Berlin sind, rate ich dazu, auch das Positive zu sehen. Unter den auf jeden Fall deutlich mehr als 1000 Demonstranten war die Mehrheit zweifellos schon dem herrschenden Parteienkartell gegenüber sehr kritisch eingestellt. Es dürften aber auch ein paar hundert dabei gewesen sein, die diesbezüglich erst am Anfang standen. Auf die wird die Situation prägend wirken. Das widerständige Millieu ist wieder ein Stück größer geworden. Auch die Zahl der Abonnenten von "Qualitätspresse" und derer, die die öffentlich-rechtlichen Medien für glaubwürdig halten, dürfte erneut etwas geschrumpft sein. Man kann also auch - oder ganz besonders - auf einem guten Weg sein, wenn man an einer Antifa-Blockade eine Zwangspause einlegen muß. Die Herrschenden sind gerade samt ihrer Kettenhunde und Speichellecker dabei, sich abzuschaffen. Da möchte ich den bekannten Berliner Klaus Wowereit zitieren, der in anderem Zusammenhang mit dieser Einschätzung berühmt wurde: "Und das ist gut so!"

    • Was in diesem Land niemand versteht, ist, dass mit jeder Vergewaltigung, mit jedem Haß, mit jedem Antisemitismus, mit jedem ethnischen Konflikt, mit jedem Attentäter, mit jedem Einbruch und mit jeder politischen Relativierung, jeder Unterdrückung von Kritik und jeder Verleumdung der Kritiker ja nicht nur die unmittelbar Betroffenen wütend werden, sondern, daß dies weite Kreise in vertrauter Verwandtschaft und Bekanntschaft zieht. Presse und Politik schaufelt sich so zwangsweise jedesmal tiefer ihr Grab, beziehungsweise sägt am Ast. Und dann fragt man verzweifelt, warum eine SPD verliert! Was ist nur los?

  • Feminismus ist antirassistisch. Was soll das heißen? Wieder eine Intelligenzleistung
    der Grünen.Der Muslim steht per Gutmenschendekret grundsätzlich unter Naturschutz. Wenn er der Muslima Schleier im Iran verordnet, dann ist das lustige Tradition. Deshalb gibt es vom hiesigen politischen Establishment null Unterstützung für die mutigen Iranerinnen, die unter Lebensgefahr den Schleier öffentlich abnehmen.
    Und ebensowenig Unterstützung erfährt Seyran Ates, der Gründerin einer liberalen Moschee in Berlin.
    Nach Köln, wo zahlreiche übelste sexuelle Übergriffe stattfanden, regt sich die grüne Frau
    Peters über die ihres Erachtens unziemliche Bezeichnung der Täter auf , die von den
    Multikultis gerne zu Opfern umtraumatisiert werden.
    Solch ein sogenannter Feminismus des hiesigen politischen Establishments ist antifeministisch und vielleicht sogar r a s s i s t i s c h. Er richtet sich gegen die eigene weibliche Bevölkerung und dient dazu die frauenfeindliche Haltung
    vieler Muslime gesellschaftsfähig zu machen. Das ist eine Schande.