Deutschlands Politiker und Medien sorgen sich um die akademische Freiheit – aber in den USA, nicht vor ihrer Haustür. Hierzulande kann wissenschaftliche Freiheit sehr abrupt enden, wenn Hochschullehrer legale, aber unwillkommene Ansichten vertreten. Eine Sonderrolle spielt dabei der Verfassungsschutz. Publico dokumentiert drei Fälle


„Entscheidung nach der US-Wahl: Historiker Snyder und Faschismusforscher Stanley verlassen die USA“, titelte der Spiegel vor Kurzem. Die Zeit meldete fast wortgleich den Weggang von drei Professoren aus Yale und kommentierte: „Grund sei, dass die Trump-Regierung die Freiheit bedrohe“. Der Deutschlandfunk sieht ein umfassendes Unglück über den Vereinigten Staaten heraufziehen: „Ein Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit – und die Grundfesten der US-Demokratie.“

Erst vor diesem Hintergrund gewinnt die folgende Recherche ihr Gewicht: Publico fragt nach dem Zustand der akademischen Freiheit in Deutschland, und zwar anhand von drei Fallstudien. Dreimal geht es um die staatliche Maßregelung von Professoren wegen ihrer Meinungsäußerung, wohlgemerkt noch nicht einmal im Hörsaal, sondern außerhalb. Keinem der Vorgänge widmeten Spiegel, Zeit, ARD und ähnliche Medien bisher eine kritische Betrachtung. Im Gegenteil: Bei der Mobilmachung gegen einen unter Druck gesetzten Professor spielt der akademische Ableger Zeit Campus sogar eine prominente Rolle.

Bevor es um diese sehr handfesten Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit unmittelbar vor der Haustür deutscher Qualitätsmedien gehen soll, verdient die Mediengeschichte von der dreifachen Flucht US-amerikanischer Hochschullehrer vor Trump eine nähere Betrachtung. An ihr stimmt nämlich – was auf fast alle US-Berichte dieser Medien zutrifft – noch nicht einmal die Hälfte. Der auf die Geschichte Osteuropas spezialisierte Historiker Timothy Snyder und seine Frau Marci Shore, ebenfalls geschichtswissenschaftlich tätig, entschieden sich, wie Shore der Akademikerplattform Inside Higher Ed im Gespräch mitteilte, aus privaten Gründen, von Yale an die Munk School of Global Affairs and Public Policy zu wechseln. Ein entsprechendes Angebot der Munk School, so Shore, habe es schon seit zwei Jahren gegeben. Snyders Sprecher teilte „Higher Education“ mit, die Entscheidung zum Wechsel sei wegen „schwieriger Familienangelegenheiten“ gefallen (“difficult family matters“), außerdem schon vor der Präsidentschaftswahl, und er habe „nicht den Wunsch, die USA zu verlassen“. Dazu passt auch, dass er sich von Yale nur beurlauben ließ, aber nicht aus der Universität ausschied.

Irgendwelche Einschränkungen in ihrer Arbeit seit Trumps Amtsübernahme erwähnten weder Snyder noch Shore, auch nicht der Philosoph Jason Stanley, den es ebenfalls von Yale an die kanadische Munk School zieht. Seine Begründung, die er gegenüber dem Guardian gab, liest sich allerdings hochinteressant: „Als ich gesehen habe, wie die Columbia University vollständig kapituliert hat“, so Stanley, „und wenn ich das Vokabular gesehen habe, also‚ wir arbeiten im Hintergrund, weil wir nicht getroffen werden wollen – die ganze Denkweise setzt voraus, dass einige Universitäten getroffen werden, und man will nicht dazugehören, das ist eine Verliererstrategie.“ Dieses auf den ersten Blick ziemlich wirre Statement erschließt sich nur aus dem Zusammenhang. Trumps Regierung hatte eine Zahlung von Bundesmitteln an die Columbia von 400 Millionen Dollar mit dem Verweis auf die antisemitischen Ausschreitungen zurückgehalten, die sich dort auf dem Campus nach dem 7. Oktober 2023 abgespielt hatten, und von der Hochschule konkrete Maßnahmen gegen die Einschüchterung jüdischer Studenten verlangt. Dieser Forderung kam die Universitätsleitung jetzt nach, niedergelegt in einem vierseitigen Schreiben.

Außerdem räumte sie ein, sie habe in der Vergangenheit darin versagt, ihre Studenten und Lehrkräfte ausreichend „vor antisemitischer Gewalt und Belästigung“ zu schützen. Darin, dass sich die Columbia nicht ganz freiwillig, sondern unter finanziellem Druck dazu bequemt, sieht Stanley nun die für ihn unerträgliche „vollständige Kapitulation“, die seiner Meinung nach auch anderen Bildungseinrichtungen droht. Auf dieses nicht ganz unwichtige Detail verzichten die gleichen deutschen Medien, die bei Snyder und Shore den privaten Hintergrund ihres Hochschulwechsels weglassen, damit die drei Professoren sich in den Deutungsrahmen ‘Trump verjagt Wissenschaftler‘ quetschen lassen. An deutschen Hochschulen droht linksislamistischen Truppen jedenfalls keine Beschneidung ihrer Freiheit, Gebäude zu besetzen und andere Studenten zu terrorisieren.

In diesen und anderen Fällen hieß und heißt es von den meisten Politikern und Medienvertretern, die Freiheit von Lehre und Forschung stelle nun einmal ein hohes Gut dar, in das der Staat nicht eingreifen dürfe.

Dass er sehr wohl eingreift, zeigt die folgende Dokumentation. So viel vorab: Kein einziger der verdächtigten und gemaßregelten Hochschullehrer, um die es geht, zeigte irgendeine Nähe zu extremistischen Ideen, tolerierte oder verharmloste Gewalt oder vernachlässigte seine Lehrpflichten. Sie vertreten nur Ansichten, mit denen sie sich zwar völlig im Spektrum der Meinungsfreiheit bewegen, aber gegen ungeschriebene politische Festlegungen verstoßen. In zwei der drei Fälle spielte eine Behörde eine Schlüsselrolle, die im Wissenschaftsbetrieb höchstens als Forschungsgegenstand auftauchen sollte: der Inlandsgeheimdienst.

 

Der Ausgeschlossene

Für den Politikwissenschaftler Martin Wagener bedeutet das vorläufig ein Ende seiner Tätigkeit, obwohl ihn niemand von seiner Professur an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung entfernte, und obwohl es bisher keine rechtskräftige Disziplinarmaßnahme gegen ihn gibt. Und zwar, weil er ein Buch verfasste. In „Kulturkampf um das Volk. Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen“, erschienen 2021, befasst sich der Wissenschaftler mit der Frage: Auf welche Weise verändert sich das Land, wenn durch eine forcierte Einwanderung vor allem aus islamischen Ländern immer mehr Menschen in der Bundesrepublik leben, die ihre Identität aus anderen Quellen als aus einer persönlichen Bindung an deutsche Kultur und Geschichte beziehen? Nationale Identität, so seine Argumentation, beschränke sich nicht auf die Staatsbürgerschaft; sie entwickle sich in einem langen historischen Prozess, und sie könnte unter bestimmten Umständen auch wieder zerfallen.

Die zentrale These von „Kulturkampf um das Volk“ lautet, mit Angela Merkel als Kanzlerin habe die Umwandlung der deutschen Kulturnation in eine multikulturelle Willensnation begonnen – und das gegen den Mehrheitswillen der angestammten Bürger. Zum zweiten kritisiert Wagener die Auslegung des Volksbegriffs durch den Verfassungsschutz. Der Inlandsgeheimdienst, argumentiert der Politikwissenschaftler, sehe schon in jedem, der „Volk“ in Zusammenhang mit einer historisch hergeleiteten, also gewachsenen Kultur stellt, einen Verfassungsfeind. Für beides finden sich Belege, auch ganz unabhängig von Wageners Buch. Auf dem Landesparteitag der CDU Mecklenburg-Vorpommern im Februar 2017 etwa sagte Merkel den Schlüsselsatz: „Das Volk ist jeder, der in diesem Lande lebt.“ Genau das bestimmt schon das Grundgesetz in Artikel 116 anders – und zwar bis heute. Abgesehen von der Definition des Staatsvolks durch die Staatsangehörigkeit ignorieren auch die wenigsten im realen Leben, dass es Unterschiede zwischen alteingesessenen Bürgern und neu dazugekommenen gibt. Wenn die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung Ferda Ataman von „Kartoffeln“ sprach, meinte sie nicht sich, obwohl sie auch den deutschen Pass besitzt, sondern, um einen anderen Ausdruck zu bemühen, „Biodeutsche“.

Von dem gleichen Teil der Gesellschaft, zu dem sie sich selbst nicht zählen, sprechen auch viele Türken und Araber mit deutscher Staatsbürgerschaft, wenn sie die Wendung Almans benutzen. Dass der Besitz der Staatsbürgerschaft für Zuwanderer kulturelle Bindung bedeuten kann, aber eben nicht muss, zeigte das Beispiel einer eingebürgerten türkischen Frau, die Bundeskanzler Olaf Scholz im Wahlkampf besuchte: Sie sprach und verstand trotz jahrzehntelangem Aufenthalt in Almanya praktisch kein Wort Deutsch.
Genau dieser Problemstellung widmet sich Wagener: Was bedeutet es, wenn immer mehr Menschen in diesem Land leben, die sich nicht als Almans betrachten, und es auch nicht werden wollen? Weder verlangt der Autor, dass Migranten die deutsche Kultur adaptieren müssen, noch fordert er in irgendeiner Weise die Schlechterstellung von Eingewanderten mit deutschem Pass gegenüber Alteingesessenen. Sondern er befasst sich mit der Veränderung des Landes durch die Migration, aber auch durch eine Gesellschaftspolitik, wie Merkel sie prägte.

Nach Ansicht des Bundesamtes für Verfassungsschutz erfüllt der Professor schon damit die Kriterien des Extremismus. Wagener lehrt an einer besonderen Einrichtung – am Fachbereich Nachrichtendienste der erwähnten Hochschule. Seine Seminare hielt er in einem Backsteinbau auf dem Gelände des Bundesnachrichtendienstes in Berlin. Die Beschäftigung des Professors mit widersprüchlichen und politisierten Positionen des Verfassungsschutzes brachte die führenden Beamten dort offenbar so auf, dass sie Wagener in einem Gutachten, um das es gleich genauer gehen soll, Verfassungsfeindlichkeit bescheinigten. Daraufhin entzog ihm der BND die Sicherheitsfreigabe. Er dürfte also theoretisch immer noch anderswo lehren und behält seinen Professorentitel. Nur das Gebäude, in dem seine Lehrveranstaltungen stattfinden, darf er nicht mehr betreten. Außerdem eröffnete der Bundesnachrichtendienst ein Disziplinarverfahren gegen ihn. Nach Informationen von Publico gibt es keine weiteren Vorwürfe gegen ihn. Damit dürfte er der erste Professor in der Bundesrepublik sein, der seit über nun dreieinhalb Jahre einem faktischen Unterrichtsverbot ausgesetzt ist und einer möglichen disziplinarrechtlichen Strafe entgegensieht – wegen einer Publikation, die gegen keinerlei Gesetz verstößt. Schon gar nicht gegen die Verfassung.

Der Staat geht übrigens nicht nur gegen Wagener selbst vor: Auf Anregung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth soll der Lau-Verlag*, in dem „Kulturkampf um das Volk“ erschien, einen während der Corona-Zeit gewährten Druckkostenzuschuss von 7500 Euro zurückzahlen. Diese Art Beihilfe erhielten damals praktisch alle Verlage, die einen entsprechenden Antrag stellten. Nach Informationen von Publico gibt es bisher eine Rückforderung nur gegenüber Wageners Verlag.

Wie kann überhaupt jemand zu der Konstruktion kommen, einen Wissenschaftler wegen eines Buchs als Sicherheitsrisiko einzustufen? Dazu muss man sich in das Gutachten des Inlandsgeheimdienstes vertiefen, der sich hier nicht zum ersten Mal zur Beurteilungsbehörde über richtiges und falsches Meinen macht.

 

Im Juni 2023 schickte das Bundesamt für Verfassungsschutz auf Anforderung ein „fachliches Gutachten“ zu Wageners Buch an Nancy Faesers Innenministerium, dem die Hochschule untersteht; für den Professor ist das Bundeskanzleramt zuständig. Hintergrund der Vorlage des Gutachtens war eine Anfrage Claudia Roths. „Eine umfangreiche Begutachtung der Publikation ‘Kulturkampf um das Volk – Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen‘ von Herrn Wagener“, heißt es dort, „hat ergeben, dass aufgrund der Publikation tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bei Herrn Wagener vorliegen. Diese resultieren aus einem ethnisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff, der im Widerspruch zu Art. 1 Abs. 1 GG steht.“

Das Verfassungsschutzpapier wirft nicht nur wegen der darin enthaltenen Anmaßung ein trübes Licht auf den Dienst, sondern auch durch die Qualität seiner Argumentation. Denn bei Artikel 1 Grundgesetz handelt es sich wie bei den anderen Grundrechten um Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat. Ein einzelner Bürger kann gar nicht dagegen verstoßen. Auch als Professor nicht. Zweitens verwendet der Staat den „ethnisch-abstammungsmäßigen Volksbegriff“, der nach Meinung der Kölner Behörden jeden schon durch bloße Benutzung ins Extremistenlager bringt, in etlichen Fällen selbst. Etwa, wenn sie den Gemeinschaften der Russland- und Rumäniendeutschen Gelder für die Pflege der deutschen Kultur zur Verfügung stellt und Russlanddeutschen die Übersiedlung in die Bundesrepublik anbietet. Bei ihnen handelt es sich schließlich nicht um deutsche Staatsbürger, aber um ethnische Deutsche. Es gibt sogar eine Bundesbeauftragte „für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten“ namens Natalie Pawlik – angesiedelt im Hause Faeser.

Auch das 1989 gegründete Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa konnte es ohne einen ethnischen Volksbegriff gar nicht geben, der übrigens auch gar nicht im Gegensatz zum deutschen Staatsbürgerschaftsrecht steht. Denn sie beziehen sich auf jeweils unterschiedliche Bedeutungsfelder. Genau darum geht es ja gerade in Wageners Studie. Zwar taufte Kulturstaatsministerin Claudia Roth das Institut im September 2023 eilig in „Bundesinstitut für Kultur und Geschichte des östlichen Europa“ um, wohl deshalb, weil sie mitbekam, dass auch in der Verfassungsschutzbegründung für die extremistischen Bestrebungen der AfD der Vorwurf eine zentrale Rolle spielt, die Partei verwende einen „ethnischen Volksbegriff“. Nach dieser Herleitung müsste der Dienst auch annehmen, dass sich Roth und das Institut bis mindestens 2023 verfassungsfeindlich betätigten, seine oberste Vorgesetzte sogar bis heute.

Wie begründet der VS-Buchbegutachter nun überhaupt seinen Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit über die bloße Behauptung hinaus, jeder, der schon von der Existenz eines ethnischen Volksbegriffs ausgeht, verstoße damit gegen das Grundgesetz? Hier wird es ernsthaft abenteuerlich. „Weiterhin vertritt Herr Wagener“, notiert der Geheimdienstler, „in seinem Buch die These einer stetig abnehmenden Teilmenge des deutschen Volkes in Relation zum neuen multikulturellen deutschen Staatsvolk sowie einer Umformung der deutschen Kulturnation zur Willensnation. Damit weisen seine Ausführungen in dem Werk Parallelen zum in der Neuen Rechten weit verbreiteten Narrativ des ’Großen Austausches’ auf, wonach die europäischen Völker in ihrer ethnischen und kulturellen Zusammensetzung aufgelöst und durch außereuropäische Einwanderer und Einwandererinnen ersetzt werden.“ Dass sich die Relation zwischen autochthonen Deutschen und außereuropäischen Zugewanderten und damit auch die ethnische und kulturelle Zusammensetzung verändert, und das seit 2015 beschleunigt, bestreitet auch der Beamte sinnvollerweise nicht. Von einem „großen Austausch“ schreibt Wagener wiederum nichts, er stützt seine Überlegungen schlicht auf die Faktenbasis einer demografischen Veränderung, die jeder beim Statistischen Bundesamt nachlesen kann. Der Handgriff des Schriftprüfers besteht also darin, zu sagen, das Offensichtliche und Unbestrittene, was der Politikwissenschaftler beschreibe, weise eine „Parallele“ zu einem Begriff auf, den die „Neue Rechte“ benutze.

Der Professor und Autor erhebt auch nirgends die Forderung, eingebürgerte Zuwanderer rechtlich schlechter zu stellen. Da dieser Gedanke in dem Buch also nicht vorkommt, notiert der Bewerter, Wagener erkläre Zugewanderte „letztlich“ zu „Menschen zweiter Klasse“. „Parallele“, „letztlich“: Auf dieser Spur kommen die Beschuldiger nicht nur hier, sondern auch in anderen Disziplinierungsverfahren zu ihrer Anklageschrift, die das Urteil schon enthält. Eine Anmerkung zur weiteren Kolorierung des Vorgangs: Irgendeine auch noch so vage Definition von „Neue Rechte“ liefert unser Bundesschrifttumseinschätzer an keiner Stelle. Als Belege genügen ihm sechs kontextlose (und völlig extremismusfreie) Zitate aus dem Buch. Wagener legt außerdem Wert auf die Feststellung, dass sein Volksbegriff kulturell, aber nicht biologisch begründet ist.

Dazu kommt noch eine Pointe: Exakt das, was Wagener in seinem angeblich verfassungsfeindlichen Werk skizziert, beschreibt auch die Integrationsforscherin Naika Foroutan mit Lehrstuhl an der Humboldt-Universität durch ihren Begriff von der „postmigrantischen Gesellschaft“. Der bedeutet nicht etwa, dass die Migration nach Deutschland endet, sondern den Übergang in eine neotribale Gesellschaft, in der die Deutschen mit deutschen Vorfahren nur noch eine Gruppe unter vielen anderen bilden. In einem Interview mit dem Stern über ihr Buch „Es wäre einmal deutsch“ erklärte Foroutan 2023:

„In einer Gesellschaft, in der jede dritte Familie Migrationsbezüge aufweist und jedes vierte Kind einen Migrationshintergrund hat, wird deutsche Ahnenschaft als Bezugskategorie immer schwammiger […]. Wir brauchen hier ein postmigrantisches Narrativ, das die binäre Festschreibung in Migranten und Einheimische aufbricht und dahinter das gemeinsame, vielfältige Ganze beschreibt, das in Teilen bereits da ist und sich weiterentwickelt. Ganz abgesehen davon, dass bis 2036 möglicherweise schon fast die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland selbst migrantische Biografien haben wird – zumindest bei den jungen Menschen. Die deutsche Kerngesellschaft verändert sich also.“

In ihre Rede flicht Foroutan auch noch die Formel von der „white fragility“ ein, die Abwertungsformel für alle, die Veränderungen dieser Art womöglich nicht rückhaltlos begrüßen. Inhaltlich deckt sich das sehr weitgehend mit der Analyse Wageners. Beide Bücher unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, dass Wagener diese Vorgänge nicht für unausweichlich hält und in ihrem unveränderten Fortgang auch keine gesellschaftliche Verbesserung erkennt. Für die Migrationswissenschaftlerin, die genauso wie er zwischen der „deutschen Kerngesellschaft“ und den anderen unterscheidet, erfüllt sich dagegen in der von ihr befürworteten Transformation des alten Deutschlands in einen neuen Staat ein historischer Determinismus.

Es kommt also für das Verdikt der Verfassungsfeindlichkeit für die Verfahrenslenker im Innenministerium, im Nachrichtendienst und der Hochschule selbst gar nicht auf den Inhalt an, den ein Wissenschaftler vertritt – sondern einzig und allein auf das jeweilige Vorzeichen. Wer wie Foroutan die Umformung der Gesellschaft begrüßt, erhält Einladungen zu Podiumsdiskussionen und für seine Projekte Fördergelder des Bundesforschungsministeriums. Wer das Gleiche skeptisch beurteilt, darf seinen Hörsaal nicht mehr betreten, muss um seine Professur fürchten und sich obendrein wegen eines halsbrecherisch herbeigebogenen Verstoßes gegen Artikel 1 Grundgesetz zum Sicherheitsrisiko stempeln lassen. So, als müsste man sich um die Unversehrtheit der Studenten sorgen, sollte Wagener jemals wieder zurück ans Lehrpult dürfen.

Um auf Wink von Claudia Roth den Druckkostenzuschuss zurückfordern zu können, gab der Börsenverein des Deutschen Buchhandels – denn er durfte das Geld damals verteilen – ein 38-seitiges Gutachten bei Staatsrechtler Alexander Thiele in Auftrag, Prorektor der BSP Business and Law School Berlin. Und der beherrscht das Business der Gutachtertätigkeit, wie man gleich sieht, mit außerordentlicher Geschmeidigkeit. Schon um des Charakterbildes willen lassen sich ein paar kurze Zitate nicht vermeiden. Zum Beginn seiner Ausführungen schreibt er ganz richtig: „Auch und gerade die Instrumente der wehrhaften Demokratie setzen daher nicht bereits bei jeder verfassungsfeindlichen Forderung oder Aussage an, sondern verlangen jeweils weitere Voraussetzungen, namentlich eine ‘ernsthafte Gefahr‘ (Art. 18 GG) beziehungsweise ein ‘ernsthaftes und planvolles Vorgehen‘ und eine ‘Potenzialität‘ (Art. 21 Abs. 2 GG).“ Nur führt er dann nirgends aus, in welcher Weise von Wagener beziehungsweise seinem Buch irgendeine ernsthafte Gefahr ausginge. Es gibt schließlich auch keine. Der Professor geht auch gegen nichts vor, weder ernsthaft noch planvoll, schließlich bekleidet er kein politisches Amt. Er ist auch keine Partei. Genau darauf, nämlich auf ein Parteiverbot, beziehen sich Thieles Zitate. In einer juristischen Beurteilung eines Sachbuchs haben sie nichts verloren. Dann folgt die Bemerkung: „Jede Form rechtlicher Unterscheidung zwischen ‘Kulturdeutschen‘ und ‘sonstigen Deutschen‘ ist mit dem Grundgesetz daher nicht vereinbar.“ Auch die nimmt der Autor des inkriminierten Buchs an keiner Stelle vor. Folglich: wieder keinerlei Belegzitat. Um die Gutachtenseiten zu füllen, reitet Thiele noch eine Weile auf einem Gerichtsverfahren gegen die rechtsextreme Partei „Die Heimat“ herum, in dem es um den Zugang dieser Truppe zu öffentlichen Geldern ging.

Dort setzte sich das Gericht nach den Vorgaben von Artikel 21 GG damit auseinander, ob eine Partei das Ziel verfolgt, wesentliche Teile des Grundgesetzes zu beseitigen. Wie schon oben erwähnt: Nichts von dem, was der Gutachter heranschleppt, passt auch nur formal zu Wagener und dessen Veröffentlichung. Der Gedanke scheint irgendwann auch dem Juristen zu kommen, jedenfalls nimmt er folgende Ausfahrt: Irgendwie kommt es gar nicht auf den Inhalt des Buches an, sondern darauf, was andere Leute – beispielsweise er selbst – hineinlesen. Wo argumentative Finsternis herrscht, gehören alle ins Visier genommenen Verdächtigen irgendwie zum Graubereich. Die Thesen des Politikwissenschaftlers, heißt es daher, „können sich diesem Graubereich insofern auch dann wenigstens partiell annähern, wenn sie eine ausdrückliche und insbesondere rechtliche Differenzierung zwischen kulturellen und sonstigen Deutschen nicht vornehmen oder sogar explizit ablehnen, sofern sich aufgrund der Lektüre eine dahinterliegende andere ‘eigentliche‘ Ansicht nachgerade aufdrängt. […] Insoweit wird sich der Autor oder die Autorin ab einem bestimmten Zeitpunkt auch nicht mehr darauf berufen können, dass einzelne Aussagen und Passagen für sich genommen jeweils einer verfassungsfreundlichen Interpretation zugänglich wären, wenn und weil sich die zwischen den Zeilen hervortretende verfassungsfeindliche Ansicht aufgrund dieses kontextbezogenen Gesamteindrucks dann nicht mehr glaubhaft leugnen lässt. Wann diese Schwelle überschritten ist, wird man oftmals aber erneut nicht punktgenau angeben können.“

Dahinterliegende Absichten, zwischen den Zeilen, Graubereich – so geht die juristische Spökenkiekerei als parajuristische Auftragsarbeit. „Eindeutig und explizit rassistische und menschenfeindliche Aussagen finden sich kaum“, konzediert Thiele generös. Sie finden sich genau genommen überhaupt nicht. Jedenfalls kann er wieder einmal kein Zitat punktgenau angeben. Sein Fazit am Ende der 38 Seiten lautet: „Die Publikation bleibt rechtlich zulässig, die Förderung kann gleichwohl rückgängig gemacht werden.“ Auf tatsächlich nicht ganz unerhebliche juristische Probleme geht der bestellte Gutachter gar nicht erst ein. Beispielsweise darauf, dass in einer Zusammenfassung der Bedingungen für Roths Corona-Verlagshilfen zwar alles Mögliche vorkam, unter anderem ein Abschnitt zur ökologisch nachhaltigen Buchherstellung – aber kein Wort zu irgendwelchen inhaltlichen Vorgaben. Und natürlich reichte der Lau-Verlag zu dem geplanten Buch von Wagener auch die verlangte Projektbeschreibung ein, an der beim Börsenverein niemand Anstoß nahm. Wie auch? Schließlich wusste damals ja noch niemand von der Gefährlichkeit des Hochschullehrers.

Natürlich wissen auch jetzt alle Beteiligten, dass von Martin Wagener nicht die geringste Gefahr für das Gemeinwesen, die Hochschule und die Studenten ausgeht. Bei den verantwortlichen Personen handelt es sich um Auftragserfüller, teils auch um schlichte Geister, aber nicht um Dummköpfe im technischen Sinn. Und selbstverständlich geht es auch nicht um das Fördergeld. Die Kosten für das Gutachten und das kommende Gerichtsverfahren – denn der Lau-Verlag sieht sich im Recht – dürfte den in Rede stehenden Betrag von 7500 Euro locker überschreiten. Es geht darum, ein Exempel zu statuieren. Sollte am Ende ein Gericht bestätigen, dass schon die Verwendung eines ethnisch-kulturellen Volksbegriffs einen Wissenschaftler zum Verfassungsfeind macht, dann wandeln in Zukunft viele Historiker auf allerdünnstem Eis, von Ethnologen gar nicht zu reden. Damit erschöpft sich der chilling effect dieser modernen Inquisition aber noch nicht.

Wageners Verlag nahm nur in der Sonderlage während Corona den Druckkostenzuschuss an, ansonsten kommt er ohne öffentliches Geld aus. Im universitären Bereich geht dagegen nichts ohne staatliche oder institutionelle Fördermittel. Wenn es in Zukunft gar nicht mehr darauf ankommt, dass ein Projekt schon genehmigt wurde, sondern nur darauf, ob ein Wissenschaftler ex post in Verdacht gerät, dann sollte sich besser jeder zur Vermeidung von Geldrückforderungen nur noch in einem höchstens schulterbreiten Meinungskorridor bewegen, dessen genaue Bedingungen außerdem der täglichen Neuaushandlung unterliegen. Im Graubereich und zwischen den Zeilen lässt sich so ziemlich überall alles hineinlesen. Irgendein williger Gutachtenlieferant findet sich dafür immer. Ganz nebenbei: Fürchten die Inquisitoren der Gegenwart gar nicht, dass ihr Instrumentarium irgendwann Leuten einer anderen politischen Richtung in die Hände fallen könnte? Mit der Methode ‘schreibt er/sie zwar gar nicht so, aber der Graubereich liegt schon irgendwie an der Grenze zum Extremismus‘ ließen sich ruckzuck ganze Fakultäten von linken Wissenschaftlern leerräumen.

 

Der ewig Verdächtige

Fall zwei betrifft einen Professor der gleichen Hochschule. Stephan Maninger darf dort lehren, und zwar in dem für die Ausbildung von Bundespolizisten zuständigen Bereich, Standort Lübeck. Darin sehen viele einflussreiche Leute allerdings einen Dauerskandal, den sie lieber heute als morgen beenden wollen. Genauer gesagt: Maninger lehrt seit Januar 2025 wieder dort. Im Jahr 2016 begann der gebürtige Südafrikaner seine Arbeit in Lübeck, 2020 übernahm er die Professur für Sicherheitspolitik. Maninger promovierte (noch in Johannesburg) im Fach Entwicklungswissenschaften, außerdem in Politikwissenschaften. Vielleicht deshalb, weil Maninger erst spät nach Deutschland kam, sagt er im Gespräch einen Satz, den sonst sehr viele vermeiden: Er sei konservativ. Aber eben klar innerhalb des Verfassungsbogens: „Wäre ich so rechts, wie meine Gegner links sind, hätte ich für meine Lage Verständnis.“ Mit diesem Bekenntnis schafft man sich Probleme in einem Berufsumfeld, in dem für viele der Rechtsradikalismus spätestens jenseits von Friedrich Merz beginnt.

Offenbar trugen aufmerksame Beobachter schon seit längerem Material gegen ihn zusammen. Schließlich ergab sich für einen von ihnen auch ein handfestes Motiv: Matthias Lemke, der heute als Dozent an der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin lehrt und früher ebenfalls im Fachbereich Bundespolizei der Hochschule des Bundes lehrte, bewarb sich 2020 für die gleiche Professur wie Maninger, zog aber den Kürzeren. Außerdem flog Lemke ein Jahr später wegen Fehlverhaltens aus dem Dienst. Offenbar wollte er wenigstens publizistisch zurückschlagen. Zusammen mit einem Mitautor, der aus Maningers Fachbereich stammt, verfasste er für das „Jahrbuch Öffentliche Sicherheit“ 2023 einen Text, versehen mit dünner akademischer Tünche, der den Professor zum gefährlichen Neurechten stempelte. Und das mit Argumenten, die noch bizarrer anmuten als in der Kampagne gegen Wagener.

Beispielsweise soll es sich bei Maninger um einen Rassisten handeln. Beleg: Er habe sich früher einmal für die Aufteilung des Landes in einen Staat für die schwarze Bevölkerung und einen für die weiße Minderheit eingesetzt. Eine Diskussion über eine staatliche Teilung gibt es in Südafrika schon seit gut 100 Jahren quer durch das politische Spektrum, zeitweise vertrat sogar die Kommunistische Partei am Kap diese Idee. Er habe damals aber, so Maninger, gar keine Teilung nach Hautfarben befürwortet, sondern einen eigenen Staat für die Buren und andere Minderheiten, und einen für die schwarze Mehrheit. Eine besondere Pointe liegt übrigens darin, dass sich in Südafrika mittlerweile tatsächlich das Konzept der ethnischen Einheitlichkeit durchzusetzen scheint – nur eben ohne neue Grenzziehung.

Bei der Veröffentlichung in dem Jahrbuch für ein kleines Fachpublikum blieb es nicht. Die interessierten Kreise alarmierten Journalisten; taz und BuzzFeed brachten aufgeregte Artikel über die rechte Gefahr an der Polizeiausbildungsstätte, im November 2023 richtete schließlich die Linkspartei-Abgeordnete Martina Renner eine Anfrage an die Bundesregierung, was sie zu dem rechten Treiben im Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums meinte. Mancher erinnert sich vielleicht: Renner machte sich 2019 einen gewissen Namen, als sie mit Antifa-Sticker am Revers ans Rednerpult des Bundestages trat.

Zu dem Zeitpunkt, als Renner fragte, lief schon ein bundespolizeiinternes Verwaltungsverfahren gegen den Professor. Außerdem schaltete sich noch eine Organisation ein, von der man eigentlich den Schutz von Mitarbeitern gegen den Druck des Arbeitgebers erwarten müsste: die Gewerkschaft der Polizei, kurz GdP, konkret ihr für die Bundespolizei zuständiger Organisationsteil. Sie veröffentlichte etwa zeitgleich mit Renners Vorstoß eine Erklärung, in der sie „rechtspopulistische Äußerungen“ des Wissenschaftlers verurteilte, ohne genau zu erklären, welche Äußerungen sie damit meinte. Die Gewerkschaftsspitze machte keinen Hehl aus dem, was sie wünschte: die Entfernung Maningers aus dem Wissenschaftsbetrieb.

Eine besondere Rolle spielte hier offenbar ein Mann mit einer bemerkenswerten, in der späten Bundesrepublik aber nicht karriereschädlichen Vergangenheit: Sven Hüber, Vizevorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, Bezirk Bundespolizei und Vorsitzender des Hauptpersonalrats der Bundespolizei beim Bundesinnenministerium. Er gilt als einer der besonderen Vertrauten von Ministerin Nancy Faeser. Hüber, Jahrgang 1964, diente als Politoffizier der DDR-Grenztruppen, später auch als stellvertretender Kompaniechef und Stabsoffizier im Grenzregiment 33, zuständig für den Abschnitt Berlin-Treptow. Hier starb am 5. Februar 1989 der letzte Mauertote, der 20-jährige Chris Gueffroy. Hübers Aufgabe bestand nicht darin, selbst den Abzug durchzuziehen, sondern es den Grenztruppenangehörigen einzuschärfen. Seine Laufbahn setzte er 1990 nahtlos beim Bundesgrenzschutz fort; dem schloss sich ein steiler Aufstieg an, der ihn bis in Faesers Nähe führte. Und eben auch auf die Schlüsselposition der GdP, Bezirk Bundespolizei.

Den Kampf gegen „Rechte“ scheint Hüber als Lebensaufgabe zu begreifen. Er beteiligte sich auch an der Diffamierungskampagne gegen den Historiker und damaligen Leiter der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen Hubertus Knabe. Den verortete der Politoffizier a.D. in der „deutschnationalen Ecke“. Unter dem Druck dieser Front von Gewerkschaftern der ganz besonderen Sorte, Linkspartei, taz und einem Kollegen mit dringendem Revanchebedürfnis begann eine bundespolizeiinterne Untersuchung gegen den Professor, die in insgesamt 71 Befragungen von Kollegen und Schülern Maningers bestand. Während dieser Zeit wurde er vom Unterricht entbunden. Offenbar erwarteten diejenigen, die ihn aus dem Dienst entfernen wollten, wenigstens ein Minimum an belastenden Aussagen. Doch genau die kamen nicht zustande, obwohl die Untersuchungsführer unter jedem Stein nachschauten. Niemand der 71 bezeugte irgendeine extremistische oder gar rassistische Aussage des Hochschullehrers im Hörsaal. „Es gibt wahrscheinlich niemanden, der in einem Verfahren so gründlich überprüft worden ist, wie das bei mir der Fall war“, meint Maninger. „Selbst die Kollegen, die zu vielen Fragen ganz andere Ansichten vertreten als ich, haben nichts Negatives über mich ausgesagt.“

Außerdem bat die Bundespolizei die beiden renommierten Politikwissenschaftler Thomas Jäger und Joachim Krause, den Text im „Jahrbuch Öffentliche Sicherheit“ zu bewerten, mit dem das Kesseltreiben begonnen hatte. Beide kamen zu einem ziemlich klaren Urteil: Der Text sei „kein wissenschaftlicher Aufsatz, sondern ein wissenschaftlich verbrämtes Pamphlet“, und drückten ihre Verwunderung darüber aus, „dass das Jahrbuch Öffentliche Sicherheit, welches immerhin einen wissenschaftlichen Anspruch erhebt, so ein Papier ungeprüft veröffentlicht. Wäre dieser Aufsatz einer strengen Begutachtung unterworfen worden, hätte er nicht veröffentlicht werden dürfen“. Und zwar schon deshalb, weil die persönlichen Motive von einem der Autoren auf der Hand lägen.

Am 19. November 2021 entlastete ein Abschlussbericht der Bundespolizei Maninger vollumfänglich von allen Anschuldigungen. Der gesamte Vorwurfsberg schrumpelte auf einen einzigen faktischen Punkt zusammen: In einer Diskussion mit Studenten sagte Maninger tatsächlich einmal auf die Frage, was er von der gleichgeschlechtlichen Ehe halte, Normen unterlägen nun einmal einem gesellschaftlichen Wandel und vielleicht könne er eines Tages sein Hausschwein heiraten. Darüber beschwerte sich damals ein Student. Im Gespräch sagt Maninger: „Das war keine kluge Bemerkung. Ich wollte auch niemanden beleidigen.“ Er habe angeboten, der Student könne zu ihm kommen und er werde sich bei ihm entschuldigen. „Der kam allerdings nie.“ Gegen Schwule, so Maninger, hege er keine Vorbehalte. Diese eine von Maninger selbst bedauerte Bemerkung, entschieden die Untersuchungsführer, rechtfertige keine disziplinarischen Maßnahmen. Auch im Bundesinnenministerium herrschte in der Sache kein Elan mehr.

Auf die Frage von Publico, wie Faeser Medienberichte bewerte, dass Lehrkräfte an der Hochschule des Bundes sich angeblich nicht verfassungskonform äußerten, ließ die Ministerin mitteilen: „Dem BMI liegen keine entsprechenden Anhaltspunkte vor.“ Publico fragte auch zur Rolle des Ex-Politoffiziers Hüber in der Kampagne. Hier lautete die knappe Antwort: Bundesinnenministerin Faeser steht mit Herrn Hüber in seiner Funktion als Vorsitzender des „Bundespolizei-Hauptpersonalrats im regelmäßigen Austausch. Zu Inhalten dieser Gespräche äußern wir uns nicht.“
Inquisitionsverfahren zeichnen sich allerdings dadurch aus, dass sie keinen Freispruch kennen. Im Mai 2023 schrieb die taz: „Maninger ist kein Einzelfall.“ Der Zirkelschluss nicht nur bei dem linken Organ lautete: Der Professor belege schon durch seine Anwesenheit an der Hochschule die Existenz eines rechten Netzwerks bei der Polizei. Folglich müssten ihm jetzt nur noch rechte Umtriebe nachgewiesen werden.

Publico fragte bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bezirk Bundespolizei nach, welchen Schluss die Organisation aus dem Ausgang des Untersuchungsverfahrens gegen Maninger zieht. Die Antwort: „Der Bundeskongress der GdP hat alle Gliederungen der GdP beauftragt, sich mit dem politischen Populismus aus dem linken und rechten Spektrum intensiv auseinanderzusetzen. Die GdP lehnt bereits kraft Satzung undemokratische Bestrebungen jeder Art ab. Der Vorstand des Bezirks Bundespolizei lehnt deshalb ganz in diesem Auftrag die Propagierung des rechtspopulistischen Ethnopluralismus, zumal innerhalb der Laufbahnausbildung des gehobenen Polizeivollzugsdienstes, ab und hat dies in seinem Beschluss gegen die aus unserer Sicht diffamierenden Publikationen des Herrn Maninger klar zum Ausdruck gebracht. Gleiches gilt für die Verbreitung von queerfeindlichen, verächtlichmachenden Positionen im Unterricht. Insoweit hat unsere veröffentlichte Positionierung weiterhin Gültigkeit.“ Zusammengefasst: Selbst wenn die Untersuchung den Wissenschaftler vollständig entlastet – weg muss er irgendwie trotzdem.

Da es keine Handhabe gegen ihn gab, darf Maninger seit Januar 2025 wieder lehren. Damit findet die Geschichte, siehe oben, noch längst keinen Abschluss. Im Gegenteil: Die Verdächtigungsmühle läuft wieder ganz von vorn. Wieder verfasste die taz einen Artikel, der den Hochschullehrer beleglos dem „ultrarechten Spektrum“ zuordnete. Die Lübecker Nachrichten empörten sich über den „umstrittenen Professor“. Vor allem aber verfasste der Vorsitzende der GdP Jochen Kopelke am 8. Januar 2025 einen Brief an Faeser mit der Aufforderung, das ganze Verfahren wieder aufzurollen.
Er empfiehlt darin der„sehr geehrte[n] Frau Bundesinnenministerin“ praktischerweise gleich einen Gutachter, nämlich den Rechtsextremismusforscher Fabian Virchow, Universität Düsseldorf, der offenbar jetzt endlich das richtige Papier liefern soll, um Maninger doch noch zu Fall zu bringen. Mit Virchow wählte die GdP einen zuverlässigen Experten aus: Der Professor gehört zu den Vertrauensdozenten der Linkspartei-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Wirklich rechte Netzwerke in der deutschen Wissenschaftslandschaft lassen sich nur mit sehr weiter Begriffsdefinition aufspüren. Linke universitär-politische Vernetzungen dagegen geraten schon wegen ihrer schieren Größe leicht aus dem Blick. Außerdem, so Kopelke, habe es bei der Berufung von Maninger 2019 Formfehler gegeben. Er rege deshalb die Prüfung an, „ob die Berufung in das Professorenverhältnis auf Probe für Herrn Maninger und andere beteiligte Personen überhaupt Bestand haben kann und eine Berufung in ein Professorenverhältnis auf Lebenszeit rechtmäßig wäre“. Diese Berufung stünde nämlich im August dieses Jahres an.

Offenbar besteht das Ziel der Hochschulsäuberer, genau das zu verhindern – mit einer Mixtur aus erledigten, aber wieder aufgebrühten Vorwürfen und Verfahrensfragen. Dass sich eine Berufung nicht sechs Jahre später einfach für ungültig erklären lässt, selbst wenn es seinerzeit Formfehler gab, müsste eigentlich auch ein Polizeigewerkschaftler wissen. Andererseits zeigen gerade Fälle wie die von Martin Wagener und Stephan Maninger, wie wenig früher selbstverständliche Regeln heute im Dauerkampf gegen rechts noch gelten. Ob Maninger am Ende bleiben kann, bleibt genauso wie bei seinem Kollegen Wagener vorerst offen.

 

Der Gefährder

Der dritte Professor, von dem dieser Text handelt, darf bleiben – allerdings mit dem nun offiziellen Stempel ‘Verfassungsfeind‘. Und einer Gehaltskürzung von zehn Prozent über den Zeitraum von 15 Monaten plus Übernahme der Verfahrenskosten. Die finanzielle Einbuße trifft Professor Michael Meyen, der an der Universität München lehrt, weniger als die Markierung durch die Landesdisziplinarkammer. Denn die schließt ihn faktisch von Förderungs- und Drittmitteln aus, ohne dass es explizit irgendwo stünde. Auf Einladungen zu Kongressen und Podiumsgesprächen braucht der Medienwissenschaftler nicht mehr zu warten. Auch bei ihm stand die mediale Kennzeichnung als öffentliche Gefahr am Anfang, auch bei ihm schaltete sich der Verfassungsschutz ein – und zwar auf Anforderung der Universitätsleitung. Eine Besonderheit gibt es in diesem Vorgang: Es handelt sich höchstwahrscheinlich um die erste konkrete Anwendung der „verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“ gegen eine Person des öffentlichen Lebens.

Was machte den Wissenschaftler in den Augen seiner Gegner zu einem Hochrisiko für den Wissenschaftsbetrieb? Michael Meyen, geboren 1967 auf Rügen, aufgewachsen in der DDR, passt eigentlich in kein Raster, auch nicht in die Rahmenkonstruktion ‘rechter Professor‘. Im Gegenteil, mit einigen Positionen stand er in der Vergangenheit sogar deutlich links, was damals seinen Arbeitgeber offenbar noch nicht störte. Seit zwei Jahrzehnten bildet der verbeamtete Professor Journalistennachwuchs aus, von ihm stammen auch einige Fachbücher, darunter die von Kollegen positiv aufgenommene Monografie „Klassiker der Kommunikationswissenschaft“.

Dass Journalisten, leitende Universitätsfunktionäre, Verfassungsschutzmitarbeiter und Bayerns Wissenschaftsministerium den bis dahin angesehenen Forscher zum Gesellschaftsfeind erklärten, geschah in und wegen der Corona-Zeit. Damals fühlte sich der Medienwissenschaftler durch die Art und Weise, wie sich vor allem der öffentlich-rechtliche Rundfunk an die jeweilige Regierungslinie schmiegte, an vieles erinnert, was er aus der DDR kannte. Darüber schrieb er in dem privat betriebenen Blog „Medienrealität“, der schon seit 2017 existiert. Dort erschien 2020 auch ein Text – nicht von ihm, von einem Gastautor –, in dem es um die Nähe von Bill Gates Stiftung zur WHO ging, ein früher sogar in deutschen Medien durchaus kritisch beleuchtetes Thema.

In diesem Beitrag erwähnte der Autor die in der Tat etwas bizarre Medienfigur Ken Jebsen. Das muss allerdings noch nicht heißen, dass dessen Aussagen über Gates und die WHO deshalb automatisch falsch sein müssten. Also: Nicht der Professor schrieb etwas Ungeheuerliches auf dem Blog, sondern jemand anderes. Und das Unerhörte bestand in einem Querverweis. Das genügte allerdings schon, dass Mitarbeiter des Uni-Mittelbaus eine Resolution aufsetzten, in der sie forderten, Meyen die Personalhoheit an seinem Lehrstuhl zu entziehen. Dafür gab es allerdings keine Rechtsgrundlage. Immerhin erreichten die Empörten, dass der Professor seine Funktion als Sprecher des Forschungsverbandes „Zukunft der Demokratie“ verlor.

Seitdem trug der Wissenschaftler eine imaginäre Zielscheibe auf seinem Rücken. Die Süddeutsche verfasste schon ab 2020 flammende Artikel über den skandalösen Hochschullehrer. Einer davon trägt die Überschrift: „Ein Blog, der Unmut auslöst.“ Zeit Campus, ein Ableger der Zeit, warf Meyen im Februar 2022 generell dessen Auseinandersetzung mit der Corona-Berichterstattung deutscher Medien vor. „Doch Meyen tritt nicht nur als Wissenschaftler auf“, hieß es in diesem Text, „immer öfter äußert er sich politisch. Beim Nachlesen kann man das Gefühl bekommen, dass seine Thesen mit jedem Eintrag steiler werden. Er mokiert sich über den ZDF-Journalisten Claus Kleber, vergleicht die Tagesschau mit russischem Staatsfernsehen, schreibt von ‘Regierungs-PR‘.“

Über den Artikel setzte Zeit Campus die Frage: „Warum darf er immer noch lehren?“ Weil, so würde die Antwort in normalen Zeiten lauten, ein ordentlicher Professor dafür keine Extraerlaubnis braucht, ebenso wenig wie die Zeit eine amtliche Bewilligung für den Druck ihrer Texte. Der Witz an der Sache besteht mittlerweile darin, dass selbst Journalisten etablierter Medien an der besonders engen politisch-journalistischen Allianz ein bisschen Kritik übten – allerdings ein bisschen später als Meyen. „Selbst die Kommentare im Öffentlich-Rechtlichen sind oft eher Besinnungsaufsätze“, meinte beispielsweise genau jener Claus Kleber 2021 in einem Zeit-Interview. Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo wiederum fand 2023: „In dem einen oder anderen Fall finde ich, dass Medien um Verzeihung bitten könnten für Fehler, die sie in der Berichterstattung über die Corona-Pandemie gemacht haben“.

Meyen kam also mit seinen Kommentaren, die 2020 begannen, einfach ein bisschen zu früh – und außerdem noch von außen. Dass ein Nicht-Journalist die Medien kritisiert, zumal noch ein Ostdeutscher – da hörte die Toleranz in vielen Redaktionen nun wirklich auf, und der Unmut beginnt. Auf den Druck der Medien und der besonders zu Konformität neigenden Mittelbau-Mitarbeiter reagierte die Universitätsleitung, indem sie nach einer Durchleuchtung des Professors durch den Verfassungsschutz rief. Der fand zwar nichts, was ursprünglich im Zentrum der inszenierten Aufregung stand. Dafür zwei andere Sachverhalte, die dann als Belastungsmaterial dienten: Zum einen, dass Meyen 2019 zusammen mit anderen dem Verein „Rote Hilfe“ einen Spendenscheck überreicht hatte. Diese Organisation gehört zum linksextremen Spektrum, allerdings noch im legalen und sogar mit der Politik eng verflochtenen Bereich. Die Berliner SPD-Politikerin Franziska Drohsel beispielsweise gehörte ihr in früheren Jahren an (Meyen dagegen nie). Einen Antrag der AfD im Parlament von Nordrhein-Westfalen, das Land möge auf ein Verbot des Vereins hinwirken, lehnten 2019 alle anderen Fraktionen ab, auch die von CDU und FDP. 
Zweitens stieß der Inlandsgeheimdienst darauf, dass die Zeitschrift „Demokratischer Widerstand“ den Medienwissenschaftler für eine sehr kurze Zeit als Herausgeber führte, konkret vom 25. März bis 1. April 2023. Die Zeitschrift, so heißt es in der Disziplinarverfügung, die Meyen ein Jahr später erhielt, gehöre nach Ansicht des Landesverfassungsschutzes Berlin zum „Phänomenbereich der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates“. Die Verfügung enthält etliche Zitate aus dem Blatt, das sich vorwiegend mit der Corona-Politik von 2020 bis 2022 befasst, darunter auch einige sehr zugespitzte Formulierungen. Beispielsweise ist von den „Verbrechern des Corona-Regimes“ die Rede.

Der langen Aufzählung folgt eine kurze Bemerkung der Untersuchungsführer: Kein einziges der Zitate stammt von Meyen selbst. Der schrieb zwar auch einige Beiträge für das Nischenblatt – nur fand sich dort offenbar noch nicht einmal ein verfänglicher Halbsatz. Seine Vergehen bestehen also aus der Nähe zu einem extremistischen Verein, die so weit zurückliegt, dass in der Zeit sogar schwere Straftaten verjährt wären – und einer siebentägigen Herausgeberschaft einer winzigen Zeitung, die nach Ansicht von Verfassungsschützern den Staat in seinen Grundfesten bedroht. Als Kurzzeit-Herausgeber, sagt Meyen, habe er weder Einfluss auf die Themensetzung gehabt noch einzelne Beiträge vorab überhaupt gekannt. Dafür spricht einiges; die Blattmacher erklärten auch schon einmal den greisen italienischen Philosophen Giorgio Agamben zu ihrem Herausgeber; auf Nachfrage erklärte Agamben damals, er höre zum ersten Mal von der Existenz der Zeitschrift. Zeugen aus der Redaktion, die Meyen benannte, hörten die Untersuchungsführer gar nicht erst an. Ach ja: Die Landesanwaltschaft Bayern wirft dem Professor außerdem vor, er vertrete die These von der eingeschränkten Meinungsfreiheit in Deutschland.

Natürlich wissen die untersuchungsführenden bayerischen Beamten, dass es nach den gleichen Maßstäben bundesweit Verfahren gegen Professoren geben müsste. Das radikallinke Jacobin Magazin, das unter anderem die DDR und ehemalige SED-Funktionäre verklärt, gibt sich nicht weniger radikal als der „Demokratische Widerstand“; zu seinen Autoren gehören etliche Hochschullehrer, etwa der Philosoph Robin Celikates (Freie Universität Berlin) und der Soziologe Linus Westheuser (Humboldt-Universität), die deshalb natürlich nicht in Schwierigkeiten gerieten. Was auch an der überwiegend wohlwollenden medialen Wahrnehmung des Jacobin Magazins liegt.

Für Martin Wagener führte ein populärwissenschaftliches Buch mit vollständig legalem Inhalt zum faktischen Ende seiner Lehrtätigkeit. Ob Stephan Maninger Professor bleiben kann, muss sich noch zeigen. Michael Meyen trägt zwangsweise eine Warnglocke: Wer sich mit ihm jetzt noch als akademischer Kollege einlässt, gefährdet seine Karriere. Keiner der drei vernachlässigte seinen Lehrauftrag, keiner versuchte seine Studenten zu indoktrinieren. In den Fällen Wagener und Meyen müssen wohl demnächst Gerichte über die Zulässigkeit der Disziplinarmaßnahmen entscheiden.

Nichts von dem, was ihnen bisher widerfuhr, erlebten Wissenschaftler in den USA in der Regierungszeit Trumps auch nur andeutungsweise. Und wenn: Die Geschichte, dass ein Professor nicht mehr in seinen Hörsaal darf, weil sein Buch dem Inlandsgeheimdienst missfällt, wäre jedenfalls ein Dauerbrenner von CNN und New York Times bis Tagesthemen und Spiegel.
Bei den ARD-Tagesthemen muss sich die Redaktion jedenfalls mit anderen Geschichten und Kronzeuginnen begnügen.

Jene Medien, die sich um die Wissenschaftsfreiheit in Amerika so sehr sorgen, wie sie sich an der Jagd auf „rechte“ Professoren und „Verschwörungstheoretiker“ in Deutschland hervortun, bemühen sich nicht im geringsten um irgendeine Begründung, was sie eigentlich daran so schlimm finden, wenn es neben tausenden linken und konformen Hochschullehrern im Land auch noch ein paar andere gibt. Dass die wenigen Konsensabweichler keinen Lehrstuhl verdienen, versteht sich für sie von selbst. Wer nicht zu ihrem Milieu gehört, könnte zu dem Schluss kommen, dass ein Land, in dem eine Nancy Faeser und ein Sven Hüber über weitreichenden Einfluss verfügen, auch einen Wagener, einen Maninger und einen Meyen in Lehrämtern aushalten sollte.

Noch-Wissenschaftsminister Cem Özdemir hofft wie viele andere auf einen zurzeit noch nicht erkennbaren, ihrer Meinung nach aber bald anschwellenden Strom von Wissenschaftlern aus den USA, die in der Bundesrepublik Zuflucht vor Trump suchen. „Wir haben“, so Özdemir, „in Deutschland einen Standortvorteil: Freiheit“.

 

 

 

* Offenlegung: Im gleichen Verlag erschien auch das Buch des Autors: „Verachtung nach unten“.

 

 


Dieser Text erscheint auch auf Tichys Einblick.


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1 Kommentar
  • Heike Egner
    25.04.2025

    Herzlichen Dank, lieber Herr Wendt, für diesen differenzierten Beitrag. In unserem Buch „Wer stört, muss weg! Die Entfernung kritischer Professoren aus Universitäten“ (Egner/Uhlenwinkel, Westend Verlag, Nov. 2024) haben wir noch weitere solche Fälle erfasst, allerdings nicht in der Form einer genauen Analyse des Einzelfalls (wie Sie das hier tun), sondern eher auf der Suche nach Mustern und Gemeinsamkeiten, die sich in den sechzig von uns betrachteten Fällen zeigen. Seit 2018 nimmt diese Art der Behandlung von Professorinnen und Professoren deutlich zu. Aus unserer Sicht eine sehr besorgniserregende Entwicklung, mit äußerst nachhaltigem (im negativen Sinne) für die Wissenschafts, aber auch die Gesellschaft als Ganzem. Wer jetzt mit Empörung in die USA blickt und sich über die dortigen Verhältnisse echauffiert, tut gut daran, den Blick auf Deutschland, direkt vor der Haustür, zu richten.

  • Peter Groepper
    26.04.2025

    Die Täter sind unter uns. Die Täter waren immer unter uns. Die Täter werden immer unter uns sein. Immer!

  • Werner Bläser
    26.04.2025

    Das erste, was mir Anfang der 70iger Jahre des letzten Jahrhunderts im ersten Semester an den linken Studenten auffiel, war ihr ganz spezieller Begriff von Demokratie und Freiheit. Wenn irgendein Professor, der ihnen nicht passte, eine Vorlesung hielt, gab es abgestufte Sanktionen:
    1. Protest und Verleumdung, 2. Sprengung seines Seminars oder seiner Vorlesung durch Dauer-Absingen der „Internationale“, ersatzweise dem Einsatz von Trillerpfeifen, oder
    3., das Verhindern seiner Veranstaltung durch eine Sitzblockade vor dem Seminarraum.
    Da wir uns schon damals nicht gerne Vorschriften von Leuten machen liessen, die wir für Idioten hielten, schafften wir es praktisch immer, die Sitzblockaden mit körperlicher Gewalt zu durchbrechen. Schliesslich waren wir als Erstsemester neugierig, was für schlimme Dinge wir dort drin zu hören bekommen würden.
    Das Ergebnis war immer in diesem Sinn enttäuschend. Es gab keinen schaudererregenden „Nazi-Speak“. Es gab die ganz normalen fachlichen Äusserungen von Professoren, einige konservative CDUler, einige sogar durchaus linksmittig. Ihre Todsünde, so fanden wir schliesslich heraus, war, dass sie schlichtweg nicht links genug waren.
    Diese Erlebnisse haben mein Bild von dieser Art Linken dauerhaft geprägt; ich halte sie für demokratie- und freiheitsfeindlichen Abschaum. Inkompetent in jedweder fachlichen Hinsicht, umso durchglühter von Ideologie und vom Bewusstsein ihrer moralischen Überlegenheit (damals sahen sie sich als „revolutionäre Avantgarde“), keinerlei rechtliche oder anstandsmässige Grenzen für sich akzeptierend, – und in den meisten Fällen infantil und strunzdumm.
    Natürlich ist mir klar, dass nicht alle Linken so sind – auch ich habe zu Zeiten von Helmut Schmidt (der rotiert heute im Grab, wenn er seine Partei sieht) SPD gewählt.
    Aber vernünftige Exemplare von Linken scheinen regelmässig zu scheitern – nicht zuletzt an ihrem eigenen Anhang. So ging es Schmidt, und so ging es Schröder, der sich mit seinen notwendigen Reformen vor allem in der eigenen Partei zu viele Feinde machte. Insbesondere das Beispiel Schröder scheint sich bei vielen als Lektion eingebrannt zu haben: „Vernunft führt ins politische Verderben“. Es wundert mich nicht, dass der Mann, offenbar tief frustriert, sein Heil in Russland suchte.
    Seitdem sucht man die alten „Kanaler“ in der SPD fast vergeblich. Die sind heute beinahe alle bei der AfD, einige bei der CDU, bei Nichtwählern, oder tot. Übrig geblieben ist der Typ „verantwortungsloser Schreihals“, der jetzt den Ton in der SPD endgültig angibt. Bei den Grünen war es, abgesehen von den allerersten Anfängen der Bewegung, noch nie anders.
    – Warum wählen so viele Deutsche immer noch die Parteien der „loony left“ (Sarah Wagenknecht empfand die Linkspartei als dermassen „loony“, dass sie sich abspaltete)?
    Ich sehe als Hauptgrund unter mehreren: Viele haben immer noch eine recht starke Parteiaffiliation (wenn dieser Wahlfaktor auch seit P.F. Lazarsfelds Zeiten stark zurückgegangen ist); sie denken und informieren sich, wenn überhaupt, auf den traditionellen Wegen, z.B. dem ÖR.
    Dafür spricht, dass z.B. die CDU nur noch bei der ältesten Bevölkerungsgruppe eine Mehrheit gg. der AfD hat, bei allen anderen sind die „Blauen“ schon vorn. Dafür spricht auch das anekdotisch feststellbare Informationsdefizit vieler Wähler, wie es hier auch schon in Leserzuschriften beschrieben wurde. Viele meinen immer noch, bei der CDU handele es sich um die Partei Kohls, und bei der SPD um die Partei Schmidts. Solche Vorstellungen ändern sich extrem langsam, oft wird ja das Beispiel der Richtungsänderung von Tankern bemüht.
    Bei den jüngeren Leuten werden die Karten schon neu gemischt: hier haben die neuen alternativen Medien den alten schon den Rang abgelaufen. Und hier hat die AfD bisher einen deutlichen Vorteil. Die Altparteien haben diese Entwicklung schlichtweg verpennt, obwohl die italienische M5S (Grillo), die über das Internet gross geworden ist, als Warnung hätte dienen können. Bisher scheint nur die Linkspartei die entsprechende Expertise zu haben, wie man hier vorgeht (Reichinnek); die Versuche anderer (FDP…) sind eher mitleiderregend.
    Fassen wir zusammen: Im Lauf der Zeit hat sich die Linke (nicht nur, aber vor allem in Deutschland) „loonisiert“. Dazu beigetragen haben mag auch unsere lange Wohlstandserfahrung, die viele wohl zu der Einstellung verführt hat: The Sky Is the Limit, Anything Goes“. Diese Loonisierung blieb bei grossen Teilen der Wähler bislang unbemerkt, zumal der ÖR sein möglichstes dazu tut, dass „verrückt“ als das neue „normal“ erscheint.
    Allerdings scheinen die neuen Medien die Opposition zu bevorteilen. Diese sollte, um diesen Vorteil zu verfestigen, in ihrer Aussendarstellung die Freiheit als Prinzip betonen, da sowohl Wirtschaft (Bürokratie) als auch normale Bürgerschaft (Einschränkung der Meinungsfreiheit) überreichlich unter Verboten zu leiden haben. Verbote sind unbequem – die Opposition sollte sich diese psychologische Grundtatsache zunutze machen. Denn die Bevormunderitis und Verbieteritis sprengt ja langsam alle Grenzen, und es trifft immer weitere Kreise.

    • Manfred Müller
      27.04.2025

      Zu Gerhard Schröder: Mit den Harzt 4 Gesetzen und der Öffnung des Arbeitsmarktes für Arbeiter aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion hat er dem Stand des „deutschen Facharbeiters“ mehr geschadet als irgend jemand sonst. Er hat der Wirtschaft kurzfristig billige Arbeitskräfte und damit höhere Gewinne und höhere Exportquoten verschafft, langfristig hat er dem Standort Deutschland sehr geschadet. Die Reallöhne sinken seit Schröder kontinuierlich nach unten. Aus der SPD, in der früher zumindest einige Facharbeiter aktiv waren, ist eine Partei der weltfremden Spezialpädagogen, Beamten und Lehrer geworden. Das korrektiv, der Austausch dieses niedrig qualifizierten akademischen Mileus mit Arbeitern, die ihr Fach beherrschen, dieses Korrektiv fehlt. In der alten SPD, vor den 68ern, vor Schröder, da mussten sich diese Pseudoakademiker wenigstens noch gelegentlich auf Parteiversammlungen, zumindest auf Orts- und Kreisebene mit Facharbeitern auseinandersetzen, die naturgemäß einen viel realistischeren Blick haben. Facharbeiter meint: Arbeiter mit abgeschlossener Lehre und Berufserfahrung, Spezialisten in ihrem Fach, die auch dem Ingeneur widersprechen, wenn der sich in theoretischen Wunschvorstellungen verrennt. Diese Leute widersprechen auch dem Parteifunktionär und dem Lehrer, wenn sie anderer Meinung sind, die kuschen nicht so einfach. Diese Leute sind das Rückgrat der Wirtschaft. Es werden immer weniger, das Milieu verschwindet. Es lohnt sich kaum noch, wirtschaftlich. Die Löhne für Facharbeiter sind durch Billigkonkurrenz unter Druck. Qualität und Produktivität sinken. Diejenigen, die die deutschen Facharbeiter ersetzen sollen, engagieren sich hier nicht politisch. Die übrig gebliebenen Facharbeiter werden von der SPD nicht mehr vertreten. Die durchschauen das pseudo kapitalismus kritische Geschwätz eines Kühnerts als Schauspielerei. Die Facharbeiter, die ich kenne, die wenden sich der AFD zu.

    • Majestyk
      28.04.2025

      Ihr Gas-Gerd wollte halb Europa von russischem Gas abhängig machen, ebenfalls schon die Kernkraftwerke abschalten und hat das deutsche Staatsbürgerrecht zerstört.

      Und Schmidt pilgerte schon in den 70ern nach China um die Massenmörder Mao und Deng Xiaoping zu hofieren.
      https://www.helmut-schmidt.de/aktuelles/detail/helmut-schmidt-und-china-ein-brueckenbauer

      Darüber hinaus Schmidt aber eh ein Linksautoritärer anderer Herkunft der sich nur als Sozialdemokrat getarnt hat.

      Wenn man schon kritisch hinterfragt, sollte man bei sich, früherem Denken und alten Vorbildern anfangen. Schumacher war noch national und pro Volk, nachdem Schmidt Karl Schiller rausgemobbt hat ging der SPD die Ratio komplett flöten und von der Wegbereitung des Feminismus durch die SPD fange ich gar nicht erst an.

  • Rainer Möller
    26.04.2025

    Wie Werner Bläser tendiere ich dahin, die Anfänge des heutigen Fanatismus und Illiberalismus in der 68er- bzw. „Studenten“-Bewegung zu sehen. Und damit als ein vorwiegend generationales Problem. Die meisten Akademiker, die im damaligen geistigen Klima aufgewachsen sind, lassen sich nicht mehr zurückholen. Bei der jüngeren Generation ist es komplizierter: Sie ist in einem Klima aufgewachsen, in dem Intoleranz nicht erst als revolutionäre Leistung entdeckt wurde, sondern bereits als selbstverständlich und normal, „staatstragend“, hingenommen wird (wie die Kids des Dritten Reiches). Man muss für sie überhaupt erst wieder vorstellbar machen, dass eine Gesellschaft auch ohne Intoleranz (sogar, horribile dictu, ohne „Verfassungsschutz“) bestehen kann und wie so etwas aussehen könnte.

  • Maru
    27.04.2025

    „Standortvorteil: Freiheit“ in Deutschland.
    Hahaha, das ist der Knaller.
    Meint der das womöglich sogar noch ernst?

  • Die Freundschaftsratsvorsitzende
    28.04.2025

    Was bleibt ihm denn anderes übrig?

  • Majestyk
    28.04.2025

    Wenn ich mir ansehe, was man so studieren kann und wie dummstudiert die meisten Akademiker sind die ich kenne ,würde ich sagen rund 80 Prozent der Studiengänge können ersatzlos gestrichen werden. Dann hat man auch genug Leute die auf dem Bau arbeiten können oder wenn es dafür nicht reicht Pakete ausfahren.

    Im Übrigen beschränkt Trump keine wissenschaftliche Freiheit, er schafft Grundlagen, damit Universitäten nicht mehr länger Produktionsanstalten für Marxisten und Rekrutierungsstellen der Antifa sind.

  • A. Iehsenhain
    04.05.2025

    Während „Kartoffeln“ und „Biodeutsche“ offene Assoziationen mit Fressalien, die man anderen in den Rachen wirft, sind, handelt es sich bei „gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ in entsprechendem Wunschkontext um lupenreines Doppeldeut, im Prinzip die Drohung, dass wer im normalen Ideologieknast nicht spuren will, langfristig auf die Teufelsinsel verbannt wird (vielleicht wäre heutzutage die Formulierung ‚gegen die freiheitliche demokratische Unordnung‘ angebrachter). Mittlerweile kristallisiert sich auch irgendwie ein System heraus, teilweise alberne Figuren zur Präsentation der „Transformation“ agieren zu lassen, die bei anderen bewusst Witze darüber provozieren, um danach die jeweiligen Aggregatszustände des Strafbarkeitsschwellkörpers dem Klimawandel anpassen zu können. Wenn alles so weitergeht, ein ziemlich perfekter Kreislauf.
    (P. S. : Das Zitat von Prof. Maninger „Wäre ich so rechts, wie meine Gegner links sind, hätte ich für meine Lage Verständnis“ könnte auch bei „Alte & Weise“ stehen…)
    (P. P. S.: Juni 1975 erschien in dem 4-Seiter einer Reihe mit Namen „Probleme der Zeit“ ein Auszug aus dem Vortrag „Die Herausforderung des Neomarxismus“, Prof. G. Rohrmoser, Uni Münster, wo ein „Wissenschaftler der Freien Universität Berlin“ zitiert wird: „…daß man davon ausgehen müsse, daß in diesem und im nächsten Jahr die Freie Universität rund 4000 voll-akademisch ausgebildete Marxisten verlassen werden. Bei diesen 4000 handele es sich bei 2000 um angehende Lehrer, bei 250 um angehende Erziehungswissenschaftler und beim Rest um die übrigen Sozialwissenschaften.“)